Berlin, 16. Oktober 2018 (ADN). Das von dem „Hamburger Abendblatt“ und dem investigativen Journalisten-Team Correctiv in der Hansestadt äußerst erfolgreich verlaufene Projekt unter dem Titel „Wem gehört Hamburg ?“ wird auf Berlin übertragen. Die Auftaktveranstaltung hat zu Wochenbeginn in der Hauptstadt stattgefunden. Partner von Correctiv in Berlin ist die renommierte Tageszeitung „Der Tagesspiegel“. Ende Oktober wird das Vorhaben im Bezirk Neukölln präsentiert und Anfang November im Bezirk Mitte.
Vor dem Hintergrund der immer prekärer werdenden Wohnsituation insbesondere in großen Städten und der verheerenden Gentrifizierungsfolgen findet das Vorhaben bei Mietern ungewöhnlich großen Anklang. Bei der Großrecherche „Wem gehört Berlin ?“ können sich die Wohnungsinhaber an die Initiatoren wenden, um den tatsächlichen Eigentümer der von ihnen bewohnten und gemieteten Immobilie oder Wohnung zu ermitteln. Auf diese Weise kann eine bisher nicht gekannte und nie dagewesene Transparenz über die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse vor Ort hergestellt werden. Außerdem ist es möglich, spekulativen oder gar illegalen Immobilienoperationen auf den Grund zu gehen und Mietwucher wirksam entgegen zu treten. Verdrängung der wenig begüterten Bevölkerungsteile aus den Innenstädten, Leerstand und Wohnungsnot prägen gegenwärtig die Situation.
Nach welcher Systematik die sogenannten Investoren und Spekulanten vorgehen, schildert „Der Tagesspiegel“ am Wochenende an einem Beispiel eindrucksvoll: „Als das Haus von Sven Fischer in der Kopenhagener Straße 46 verkauft wurde, begann für ihn ein Spießrutenlauf. Neuer Eigentümer war die Christmann-Gruppe. Laut zahlreichen Berichten bekannt dafür, Häuser aufzukaufen, teuer zu sanieren und in Eigentumswohnungen gewandelt zu verkaufen. Sie schickten Fischer Mieterhöhungsankündigungen aufgrund energetischer Modernisierungen und ‚Wohnwertverbesserung‘. Eine Bauplane wurde um das Haus gewickelt, erzählt er. Monatelanger Baulärm. Überall Staub und Schutt. Dann der Gipfel: Der Schornstein des Hauses war abgerissen worden und zusätzlich mit Brettern abgedeckt. ‚Es war reines Glück, dass niemand zu Schaden kam‘, sagte er. Heizen konnte er die nächsten Wochen nicht mehr. Fischer kann die Gerichtsunterlagen zeigen, die belegen, dass der Bauleiter später wegen Baugefährdung dafür verurteilt wurde. ‚Entmietungsstrategie‘ nennt Fischer das. Heute sind er und seine Familie die letzten Mieter im Haus. Er zahlt zweieinhalbmal so viel Miete wie vor dem Verkauf. Ein aktuelles Gerichtsurteil hat gerade die Unrechtmäßigkeit dieser Erhöhung bestätigt. Zahlen musste er so lange trotzdem. Die anderen 30 Parteien gaben auf, erzählt er. Fischer wehrte sich, bestritt dutzende Gerichtsverfahren, erhielt mehrfach fristlose Kündigungen und Räumungsklagen. Als er mit der Presse spricht, erhält er eine Strafanzeige wegen Verleumdung. Sie wird später eingestellt. Die Christmann-Unternehmensgruppe ist für eine Stellungnahme zu dem Fall nicht erreichbar.“
So oder so ähnlich wie Sven Fischer geht es Tausenden und Abertausend Mietern in Deutschland. Dem tritt die Initiative „Wem gehört Berlin ?“ wirksam entgegen, indem sie im ersten Schritt erst einmal den Eigentümer des jeweiligen Hauses ermittelt. Entscheidend ist die Mitwirkung der Mieter selbst, deren Kooperationsbereitschaft Voraussetzung ist. ++ (wo/mgn/16.10.18 – 269)
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