Schalck-Golodkowski hortete zwölf Tonnen Gold – DDR-Chemieindustrie zu 97 Prozent in westdeutscher Hand

Erkner, 20. November 2019 (ADN). Die ostdeutsche Chemieindustrie verzeichnete in der Wendezeit vor drei Jahrzehnten durch die wirtschaftliche Transformation einen Verlust von 250.000 Arbeitsplätzen. Das stellte der ehemalige Vize-DDR-Minister für Chemie Dieter Knoch am Mittwochabend in Erkner während einer Veranstaltung des ChemieFreunde Erkner e.V. fest. Zudem habe die Privatisierungstätigkeit der Treuhandanstalt dafür gesorgt, dass 97 Prozent der Produktionskapazitäten dieses Indusatriezweigs an westdeutsche Firmen verkauft worden sind.

Knoch hält die Behauptung, die DDR sei pleite, für ein Märchen. Das im Herbst 1989 bekannt gewordene sogenannte Schürer-Papier habe lediglich einen Teil der wirtschaftlichen Lage der DDR berücksichtigt. Das von Alexander Schalck-Golodkowski separat geleitete Außenhandelsressort Kommerzielle Koordinierung (KoKo) sei dabei überhaupt nicht einbezogen worden. Über die dort verwalteten Guthaben, Vermögen und anderen Werte gebe es bis heute Unklarheit. Immerhin seien in den KoKo-Tresoren zwölf Tonnen Gold gefunden worden. In den Kellern der DDR-Staatsbank waren es nur neun Tonnen dieses Edelmetalls. ++ (dd/mgn/20.11.19 – 324)

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Reue ohne Treue – Experiment mit einem Volk

Hannover, 22. Juli 2019 (ADN). Nach 30 Jahren verjähren nach bürgerlichem Recht zahlreiche Ansprüche. Gewiss auch der auf Wiedergutmachung der ehemaligen DDR-Bevölkerung. Das könnte ein Grund sein, warum sich die ehemalige Chefin der Treuhandanstalt, Birgit Breuel, nach jahrzehntelangem Schweigen an die Öffentlichkeit wagt. Das Echo zu Wochenbeginn auf ihr Interview für die „Frankfurter Allgemeine Wochenzeitung“ (FAS) ist überwältigend, eindeutig und vernichtend kritisch. Sie räumt Fehler ein. „Wir haben den Menschen sehr viel zugemutet. Das war sehr bitter.“ Es habe nicht die Zeit zur Verfügung gestanden, um sich mit den Biographien der Ostdeutschen ausreichend zu beschäftigen. Sie hätten sicherlich teilweise sehr gelitten. „Ich war die Hassfigur im ganzen Land“, gibt sie zu. „In Westdeutschland wäre es nicht möglich gewesen, den Leuten eine Veränderung dieses Ausmaßes zuzumuten.“ Ob die Reue ohne Treue zu spät kommt, ist noch nicht entschieden. Mit Menschen, ein Land und einem Volk so  experimentiert zu haben und es immer noch zu tun, sprengt die Vorstellungskraft. Das realistisch einzuordnen und darüber zu richten, steht an. Das gelingt keinem, aus diversen Parteien zusammengesetzten Treuhandausschuss. Darüber muss wohl ein unabhängiges internationales Gremium befinden. Das ahnt sogar Birgit Breuel, wenn sie sagt: „Wir müssten uns die ganze Transformation vornehmen, nicht nur die Geschichte der Treuhandanstalt. Die Treuhand war nur ein Baustein des harten Systemwechsels von der Plan- zur Marktwirtschaft, wenn auch ein gewichtiger. Wir brauchen in Deutschland eine breite gesellschaftliche Debatte über die Mühen der Einheit. Und wir brauchen ein geeignetes Verfahren dafür.“++ (tr/mgn/22.07.19 – 205)

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Treuhand-Untersuchungsausschuss gefordert

Berlin, 27. Juni 2019 (ADN). Die Parteien Die Linke und Alternative für Deutschland (AfD) forderten am Donnerstag im Deutschen Bundestag die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zur Tätigkeit der Treuhandanstalt nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik. Alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien argumentierten vehement gegen diese Anträge. Sie entsandten ihre ostdeutschen Vertreter ans Rednerpult. Dabei kam es zu heftigen Disputen mit dem Plenum. Laute Zwischenrufe hallten durch den Saal. Besonders weichgespülte Gründe gegen einen solchen Ausschuss benannten die SPD-Bundestagsabgeordneten Daniela Kolbe und Sonja Amelie Steffen. ++ (wi/mgn/27.06.19 – 181)

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Mythos Treuhandanstalt

Berlin, 9. Mai 2019 (ADN). In einem Essay zum „Mythos Treuhandanstalt“ versucht der ehemalige sozialdemokratische DDR-Wendepolitiker Richard Schröder in der Zeitung „Die Welt“ am Donnerstag ein kaum bekanntes Bild von der Institution zu zeichnen, die die DDR-Volkswirtschaft aufgelöst und abgewickelt hat. Zu spüren ist, dass der Theologieprofessor und Philosoph seinerzeit nur wenige Berührungspunkte mit der in der ostdeutschen Bevölkerung regelrecht verhassten Treuhandanstalt hatte. ++ (th/mgn/09.05.19- 127)

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„Verzwergt und verhunzt“ – westdeutsche Betrachtungen über Ostdeutsche

Hamburg/Berlin, 6. Mai 2019 (ADN). Der unlängst verstorbene Politikwissenschaftler von der Freien Universität (FU) Berlin Arnulf Baring hatte die ostdeutschen Bürger einmal als „verzwergt“ und „verhunzt“ charakterisiert. Darauf weist der Autor der Zeitung „junge Welt“ (jW) Otto Köhler am Montag in einem Beitrag über 70 Jahre Grundgesetz hin. Baring, der zahlreiche westdeutsche Politiker beraten hatte, habe die 1990 neu in die Bundesrepublik Deutschland Eingegliederten als minderwertiges ostdeutsches Menschenmaterial betrachtet. „Ob sich heute einer dort Jurist nennt oder Ökonom, Pädagoge, Psychologe, Soziologe, selbst Arzt oder Ingenieur, das ist völlig egal: Sein Wissen ist auf weite Strecken unbrauchbar“. Nach Meinung von Baring war es „Schönfärberei“, wenn man den Ostdeutschen verschweige, dass sie nichts taugten.

Gnadenlos rechnet Köhler auch mit der Tätigkeit der Treuhandanstalt ab. „Sie hatte ganze Betriebe zum Teil für eine Westmark an Konzerne, Gauner und Ganoven verschenkt. „Ein Volksvermögen von einer Billion – DDR-Ministerpräsident Hans Modrow nannte 1,4 Billionen – war veruntreut. Die Treuhandchefin Birgit Breuel habe als Zeichen der Haftungsfreistellung von Bundesfinanzminister Theo Waigel einen Jagdschein für die „Außerachtlassung einfachster und nächstliegender Überlegungen“ bei der Auflösung des DDR-Volksvermögens bekommen. ++ (06.05.19 – 124)

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Treuhand-Untersuchungsuntersuchungsausschuss in Sicht

Berlin. 20. April 2019 (ADN). Die Linke-Fraktion im Deutschen Bundestag will einen Untersuchungsausschuss zur Tätigkeit der Treuhandanstalt beantragen. Sie hatte nach dem Mauerfall das Volksvermögen der der DDR verwaltet. Nach Auffassung von Fraktionschef Dietmar Bartsch ist „das Treuhand-Drama nicht überwunden.“ Es müssten die verheerenden praktischen Fehler der Nachwendezeit ans Tageslicht und aufgearbeitet werden.

Nach Auffassung des Ostbeauftragten der Links-Partei, Matthias Höhn, ist eine wirkliche Deutsche Einheit nicht möglich ohne schonungslose Aufarbeitung des „Treuhand-Desasters..

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, lehnt einen solchen Ausschuss ab. Die Ursachen für den Rückstand der ostdeutschen Wirtschaft und Gesellschaft lägen in der Zeit vor 1989, nicht danach.

Die Bürgerrechtler des Runden Tisches hatten 1989/90 mit der DDR-Regierung beschlossen, das DDR-Vermögen an seine Bürger gerecht zu verteilen. Dazu wurde am 1. März 1990 vom DDR-Ministerrat die „Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums“ gegründet. Dieser Auftrag ist bis heute nicht erledigt. Kritiker sagen, er sei in sein Gegenteil verkehrt worden. Es habe eine Kolonisierung Ostdeutschlands durch westdeutsche Eliten stattgefunden.  Bereits die am 18. März 1990 gewählte letzte DDR-Regierung unter Lothar de Maiziere hat die unter dem Vorsitzenden des Volkskammer-Wirtschaftsausschuss Wolfgang Ullmann weitgehend vorbereitete und vorangetriebene Verteilung des DDR-Vermögens an die DDR-Bürger nicht weiter bearbeitet, sogar ignoriert und sabotiert. Hunderte schriftlicher Anträge von Ostdeutschen auf Auskehr ihres ihnen zustehenden DDR-Vermögensanteils blieben unbeachtet und harren bis heute ihrer Bearbeitung durch die bundesdeutschen Regierungs- und Verwaltungsapparate.  ++ (tr/mgn/20.04.19 – 108)

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Die Legende von der DDR-Pleite zerbröselt

Berlin, 5. März 2019 (ADN). Die Legende von der angeblichen Pleite der DDR-Wirtschaft beginnt nun auch in der Öffentlichkeit zu zerbröseln. Es mehren sich die untrüglichen Signale dafür, dass sich dieses seit drei Jahrzehnten verbreitete Polit-Märchen in Wohlgefallen auflöst. Über eines dieser Anzeichen berichtet die „Berliner Zeitung“ am Montag. Im Mittelpunkt des Beitrags steht eine Diskussionsrunde, an der maßgebliche Protagonisten der damaligen Ereignisse teilgenommen haben. Dazu zählen der vorletzte DDR-Ministerpräsident Hans Modrow,, DDR-Wirtschaftsministerin Christa Luft und  DDR-Finanzminister Walter Siegert. Im Mittelpunkt der Debatte steht die sagenumwobende Treuhandanstalt, die rund 8.500 Betriebe der DDR in nur vier Jahren stillgelegt oder verschleudert hatte. Unter der Bezeichnung „Privatisierung“ wurde das wirtschaftliche Rückgrat des nach UNO-Analysen zehntwichtigsten Industriestaates der Welt zerbrochen. Nach den Worten von Modrow haben sich westdeutsche Unternehmer große Teile des Volksvermögens angeeignet. Betriebe hätten für eine Mark den Besitzer gewechselt, auch wenn auf ihren Konten Guthaben von 30 Millionen Mark verwahrt worden sind. „Die Haie haben gefressen“, so Modrow. Dieser Teil der deutschen Geschichte dürfe so nicht weiter geschrieben werden.

Um den Gordischen Knoten zu zerschlagen und die historischen Wahrheiten auf den Tisch zu legen – wenigstens dreißig Jahre nach den mysteriösen Ereignissen im Zusammenhang mit dem Beitritt der DDR zur BRD – ist die Öffnung der Treuhandakten unumgänglich und dringender denn je. Aber sie liegen unter Verschluss. Die Geheimniskrämerei darum lässt ahnen, welche Sprengkraft diese Unterlagen bewirken dürften. Die dafür verantwortlichen Politiker befürchten zu Recht ein kaum berechenbares gesellschaftliches Erdbeben. Dennoch wird die schonungslose Aufklärung nicht aufzuhalten sein. ++ (tr/mgn/05.03.19 – 064)

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Christa Luft: DDR war nicht pleite

Saarbrücken/Berlin, 5. Dezember 2018 (ADN). Die DDR-Wirtschaftsministerin in der DDR-Regierung von Hans Modrow, Prof. Christa Luft, bestreitet den Bankrott der DDR im Jahr 1989.  Darüber informierte am Mittwoch die „Saarbrücker Zeitung“. Der ostdeutsche Staat hat nach Meinung von Luft alle Kredite bedienen können und hätte auch neue Darlehen bekommen. Luft bezifferte die damaligen Auslandsschulden des Landes auf zehn Milliarden Dollar.

Die Ursache des DDR-Zusammenbruchs ist nach Auffassung der ehemaligen Ministerin die überstürzte Währungsunion und die Politik der Treuhandanstalt gewesen. Sie habe „die größte Vernichtung von Produktiveigentum zu Friedenszeiten“ zu verantworten gehabt. Die Alternative sei eine teilweise Privatisierung der Kombinate gewesen. Außerdem hätten Grund und Boden in staatlicher Hand belassen werden müssen. ++ (dd/mgn/05.12.18 – 319)

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Initiative „Aufbruch Ost“ fordert Treuhand-Aufklärung – Ost-Tour geplant

Leipzig, 1. Dezember 2018 (ADN). „1989 gab es eine kraftvolle Aufbruchstimmung in Ostdeutschland. Verschiedenste Strömungen der Protestbewegung beschäftigten sich mit Themen wie Ökologie, Menschenrechten oder Frauenemanzipation.“ Das sagen Jette Helberg und Philipp Rubach in einem Interview mit der Zeitung „neues deutschland“ (nd), das in deren Wochenendausgabe veröffentlicht ist. Die beiden gehören zu der im September dieses Jahres gegründeten studentischen Initiative „Aufbruch Ost“, die für Ostdeutschland emanzipatorische Impulse auslösen will jenseits von Pegida, AfD und anderen Strömungen. Sie sehen sich der damaligen linken DDR-Opposition nahe, plädieren für eine Ost-Quote in Leitungsgremien und wollen beispielsweise die undurchsichtige Tätigkeit der Treuhandanstalt durch eine unabhängige Untersuchungskommission aufklären helfen. Dazu äußert Helberg: „Die Treuhandanstalt sollte DDR-Betriebe privatisieren, mehr als ein Drittel der Beschäftigten hat dabei seinen Arbeitsplatz verloren.“ Das habe zu unheimlich vielen biographischen Brüchen geführt. Nicht nur die Treuhand-Politik an sich sei zu kritisieren, sondern auch die zahlreichen durch sie verursachten Skandale. „Der ganze Vorgang wurde bis heute nicht aufgearbeitet“.  Dazu seien zahlreiche Ungleichheiten und Benachteiligungen zuungunsten der Ostdeutschen in Betracht zu ziehen. Nicht nur niedrigere Löhne und Renten trügen dazu bei, dass sich die ehemaligen DDR-Bürger als Menschen zweiter Klasse fühlen. In Konsequenz dessen müsse Zuversicht statt Resignation Einkehr halten. „In Ostdeutschland braucht es einen Aufbruch von unten, um die sozialen Ungerechtigkeiten anzugreifen“, schlussfolgert die junge Frau und erläutert mit welchen konkreten Aktionen dazu beigetragen werden soll. „Wir wollen mit Menschen aller Altersklassen über die Probleme der Nachwendejahre sprechen. Dazu führen wir beispielsweise Straßengespräche. Zu Weihnachten wird es eine Aktion in sozialen Netzwerken geben, in der wir gerade jüngere Menschen motivieren wollen, über die Feiertage mit ihren Familien über die Nachwendezeit zu sprechen und uns ihre Geschichten mitzuteilen. Drittens wollen wir im kommenden Jahr eine Veranstaltungstour durch Ostdeutschland machen, um unsere Initiative bekannt zu machen und zu regionalisieren.“ ++ (dd/mgn/01.12.18 – 315)

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Markus Meckel: „Demokraten aller Länder vereinigt euch !“ – Initiative „Aufbruch Ost“ fordert Treuhand-Aufarbeitung

Leipzig, 9. Oktober 2018 (ADN) Desaströs nennt der Vorstand der Stiftung Friedliche Revolution, Michael Kölsch, am Dienstag in Leipzig während des „Internationalen Runden Tisches 2018“ die jüngsten Ereignisse im Medienbereich der mittel- und osteuropäischen Länder (MOE). An der zum zweiten Mal anlässlich des 9. Oktober 1989 ausgerichteten Veranstaltung nahmen Vertreter aus 15 europäischen Ländern teil.

Nach Meinung des ehemaligen DDR-Außenministers Markus Meckel muss die Forderung jetzt „Demokraten aller Länder vereinigt euch !“ heißen. Ohne breites bürgerschaftliches und zivilgesellschaftliches Engagement gerate nicht nur der Osten des Kontinents, sondern ganz Europa und auch Deutschland immer mehr unter Druck. Pfarrer Meckel hielt am frühen Abend in der Leipziger Nikolaikirche die Predigt während des Friedensgebetes. Anschließend sprach die ehemalige Bundesjustizministerin, Herta Däubler-Gmelin, die „Rede zur Demokratie“ als erste Frau. Sie wies dabei auf erhebliche Defizite hin, die im Vereinigungsprozess beider deutscher Staaten eingetreten sind. Sie habe damals zu der Minderheit gehört, die anmahnte, dem Respekt vor der Lebensleistung der Menschen in der DDR mehr Ausdruck im Einigungsvertrag und in einer Verfassung für das gemeinsame Deutschland zu verleihen.

Beim traditionellen abendlichen Lichtfest mit rund 15.000 Teilnehmern fordert die gerade ins Leben gerufene Initiative „Aufbruch Ost“ auf dem einzigen Transparent der gesamten Veranstaltung, die Tätigkeit der Treuhandanstalt aufzuarbeiten. In dem Aufruf heißt es: „Der Aufbruchstimmung von 1989/90 folgten Verzweiflung und Zukunftsängste. Als die Planwirtschaft der DDR in einem Hauruckverfahren durch die Bundesregierung und die Treuhandanstalt in die Marktwirtschaft überführt wurde, blieb die ostdeutsche Bevölkerung auf der Strecke. Nach kurzer Zeit waren drei Millionen Menschen arbeitslos: Bei einer damaligen ostdeutschen Bevölkerung von 17 Millionen Menschen kam dies einem gesellschaftlichen Erdbeben gleich. Die Menschen wehrten sich mit massenhaften Protesten wie Arbeitsniederlegungen, Hungerstreiks und Autobahnblockaden gegen die Betriebsschließungen und Entlassungen. Von westdeutscher Seite wurde dem Widerstand allerdings kaum Beachtung geschenkt. Die Ostdeutschen bekamen im vereinigten Deutschland das Gefühl vermittelt, BürgerInnen zweiter Klasse zu sein.“ Die Initiatoren, zu denen Krankenpfleger, Studenten und andere junge Leute der zweiten Nachwendegeneration gehören, meinen es sehr ernst mit ihrem Vorstoß. So berichtete der Ökonomie-Student Paul Pleßow, dass einige Mitglieder der Gruppe bereits nach Bischofferode in Nordthüringen gefahren sind, um mit dem Betriebsratsvorsitzenden der ehemaligen DDR-Kaligrube, Gerhard Jüttemann, zu sprechen. Der Gewerkschafter war seinerzeit mit seinen Kollegen in den Hungerstreik getreten, um so gegen die Stillegung des Betriebes durch die Treuhand zu protestieren. ++ (fr/mgn/09.10.18 – 262)

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