Frankfurt am Main, 29. Dezember 2018 (ADN). Kaum besser als an den „kruden Thesen“ von Thilo Sarrazin lässt sich zeigen, wie wenig eigenständiges Denken in Redaktionen gefordert ist. Davon zeigt sich der Historiker und freie Journalist Lukas Mihr am Sonnabend in einem Beitrag des Portals tichyseinblick.de überzeugt. Die Debatte um das Werk „Deutschland schafft sich ab“ des früheren Bundesbankvorstandes sei ein Beispiel dafür, wie Dämme brechen und Fake News sich dermaßen verselbstständigen. Flächendeckend sei die Trennung zwischen Information und Meinung aufgeweicht worden. Auch in eigentlich neutral zu formulierenden Artikeln hätten sich wertende Bezeichnungen eingeschlichen, die nur in Kommentaren Berechtigung haben. Das gelte auch für den Kampfbegriff „krude Thesen“, mit dem Leser verängstigt werden. Fast jedes Medium übernehme seither diesen Ausdruck. Manche, die meist als „Verschwörungstheoretiker“ bezeichnet werden, vermuteten das Agieren einer „Reichspressekammer“ im Hintergrund.
Die Erklärung ist weit simpler, so Mihr. Die Medienlandschaft sei über Jahre hinweg kaputtgespart worden. Weniger Mitarbeiter müssten mehr Arbeit leisten. So würden Agenturmeldungen unverändert übernommen. Die Formulierung von den „kruden Thesen“ sei hundertfach abgeschrieben worden, nachdem sie einmal in der Welt war. Unisono hatten die Medien berichtet, Sarrazin habe über genetisch dümmere Ausländer sinniert. Seltsamerweise ließ sich diese Behauptung weder durch ein Zitat noch eine Seitenangabe untermauern. Eine solche Passage ist schlicht nicht in dem Werk auffindbar – im Gegenteil. Diese Deutung hatte eine Agenturmeldung vorgegeben. Sie war entstanden, als Sarrazin im Juni 2010 in Darmstadt bei Unternehmerverband Südhessen gastiert und sein kurz darauf erscheinendes Buch skizziert hatte. ++ (me/mgn/29.12.18 – 342)
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