Alfred de Zayas: Staatsterror gegen freien Journalisten

Genf, 25. Mai 2019 (ADN). „Wenn mutige Menschen wie Assange und Snowden verfolgt und hinter Gitter gebracht werden, verlieren wir unser Recht auf Information und nähern uns einer Orwellschen Dystopie“. Das sagte der renommierte Völkerrechtler und in zahlreichen UNO-Missionen tätige, amerikanische Jurist Alfred de Zayas gegenüber der Schweizer Wochenzeitung „Zeitfragen“ in einem Interview , das in der jüngsten Ausgabe des Mediums veröffentlicht ist. Es gehe um eine Hetzjagd gegen einen Menschenrechtsaktivisten und Journalisten. Es sei Staatsterror gegen freie Journalisten.

„Die Opfer sind wir alle, denn Artikel 19 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte stipuliert das Recht auf Information, die uns jetzt vorenthalten wird.“,  stellt de Zayas fest. Das Kapitel Schweden sei besonders peinlich, denn der Rechtsstaat muss für die Unabhängigkeit seiner Gerichte sorgen. Als die „Fälle“ gegen Assange von der zuständigen Staatsanwältin Eva Finne im Jahr 2010 geschlosen wurden, sei aus Washington enormer Druck ausgeübt worden.  Eine neue Staatsanwältin namens Marianne Ny habe die „Untersuchung „erneut eröffnet, obwohl es dafür keine faktische Veranlassung gab – nur politische Einmischung. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass die UNO-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen im Dezember 2015 die anormale Situation Assanges in der ecuadorianischen Botschaft in London als unvereinbar mit dem UNO-Pakt über bürgerliche und politische Rechte bezeichnet hat. ++ (me/mgn/25.05.19 – 143)

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Kataloniens zweite Hälfte demonstriert an Spaniens Nationalfeiertag

Barcelona/Berlin, 12. Oktober 2018 (ADN). Kataloniens zweite, dem spanischen Zentralstaat zugeneigte Hälfte der Bevölkerung begeht am Freitag in Barcelona den spanischen Nationalfeiertag mit einer öffentlichen Kundgebung. Es geht viel weniger leidenschaftlich zu im Vergleich zu Aufzügen der sogenannten katalanischen Separatisten. Das spiegeln auch die viel geringeren Teilnehmerzahlen wider. Für die Veranstalter der Madrid-Sympathisanten sind nach deren Angaben 300.000 Demonstranten gekommen. Die Schätzung der Polizei liegt mit 65.000 wesentlich niedriger. Und das obwohl 150 Organisationen und Bürgerinitiativen zu dem Aufzug aufgerufen haben sollen.

Ebenfalls am Freitag veröffentlicht die ostdeutsche Tageszeitung „junge Welt“ (jW) ein Interview mit der Vertreterin der katalanischen Regierung in Deutschland, Marie Kapretz. Sie musste im November vorigen Jahres ihre Tätigkeit aufgrund der brisanten Ereignisse in ihrer Heimat einstellen und ist erst seit kurzem wieder in dieser Funktion in Berlin aktiv. Nach den Worten von Kapretz sollten diejenigen, die eine rasche Einigung in dem Konflikt wünschen, vermittelnd eingreifen. Die Hoffnung, dass die Bürgerbewegung ermüdet oder von ihren Forderungen Abstand nimmt, sei unbegründet. Etwa zwei Millionen Wähler gebe es, die innerlich mit dem Staat abgeschlossen haben. Sie sind der Meinung, schon so oft abgestimmt zu haben und fordern deshalb von ihrer Regierung in Barcelona, Katalonien nun endlich zu einem unabhängigen Staat zu machen. Die katalanische Regierung sei derweil bemüht, das Ganze nicht eskalieren zu lassen. Von Seiten der spanischen Regierung habe es in den vergangenen 15 Jahren mehrere Wortbrüche gegeben. Deshalb sei Kataloniens politische Führungspitze jetzt erst einmal vorsichtig und erwarte konkrete Vorschläge. Derzeit säßen sieben katalanische Politiker und zwei führende Aktivisten in Untersuchungshaft, einige von ihnen seit einem Jahr. „Was genau ihnen vorgeworfen wird, weiß noch immer keiner – die Staatsanwaltschaft lässt sich Zeit, was an und für sich schon ein Skandal ist“, so die katalanische Repräsentantin. Alles deute auf eine Anklage wegen Rebellion hin. ++ (kt/mgn/12.10.18 – 265)

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Schwedens Königin Silvia eröffnet erstes Childhood-Haus in Deutschland

Leipzig, 28. September 2018 (ADN). Ein bis zwei Schüler pro Schulklasse werden sexuell missbraucht. Nur wenige Fälle werden bekannt, verfolgt und  aufgearbeitet. Die Dunkelziffer ist hoch. Die Gefahr der Retraumatisierung bei der juristischen Aufklärung ist groß. Das beklagte Königin Silvia von Schweden am Freitag in Leipzig auf der Schlussveranstaltung des 72. Deutschen Juristentages. Aus diesem Grunde sei das Justizsystem für diesen Bereich grundlegend zu reformieren. Eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür sei, das Schweigen der Erwachsenen über solche schwerwiegenden Miss-Stände zu brechen. Die Monarchin wies in diesem Zusammenhang auf die Verpflichtungen der Staaten hin, die sich aus der UN-Konvention für Kinderrechte und der EU-Charta für Grundrechte ergeben.

Die schwedische Königin hatte am Vortag in Leipzig in Deutschland das erste Haus ihrer 1999 gegründeten Stiftung auf dem Gelände des städtischen Universitätsklinikums eröffnet, in dem Mediziner, Psychologen und Juristen körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt ausgesetzte Kinder behutsam anhören, um solche Straftaten umfassend aufzuklären und den betroffenen Jugendlichen dennoch die Peinlichkeiten und seelischen Schädigungen beinharter juristischer Verhandlungsaktivitäten zu ersparen. In dem neuen Childhood-Haus soll unter einem Dach durch Angehörige unterschiedlichert Berufsgruppen eine interdisziplinäre medizinische, psychologische oder psychotherapeutische Versorgung von misshandelten Kindern ermöglicht werden. Frühzeitig eingebunden werden dort auch Vertreter der Jugendämter, der Polizei, der Staatsanwaltschaft sowie der Richter- und Anwaltschaft.  Für gerichtliche Vernehmungen steht ein mit moderner Technik ausgestatteter, kindgerechter Vernehmungsraum zur Verfügung, in dem das Gericht das Kind befragen kann. ++ (ju/mgn/28.09.18 – 251)

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Sittengemälde über Korruption in Berlins Behörden

Berlin, 19. August 2018 (ADN). Ein eindrucksvolles Sittengemälde über Korruption in den Behörden des Landes Berlin liefert die „Berliner Zeitung“ ihren Lesern am Wochenende. Der Statistik nach gab es im vergangenen Jahr 114 Ermittlungsfälle wegen Korruption in der Adminstration der Bundeshauptstadt. In nur zwölf Fällen reichten die Beweise, um Anklage zu erheben. 14 Beschuldigte wurden verurteilt. Sechs davon zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung.

Das sagt nicht viel über die tatsächliche Lage. Nach Angaben des Leitenden Oberstaatsanwalts Rüdiger Reiff ist Korruption ein Kontrolldelikt. Sie kann also nur bei Kontrollen aufgedeckt werden. Aber die sind äußerst lückenhaft oder fehlen ganz. Insofern gibt es keine wirksame und systematische Korruptionsbekämpfung. Whistleblower oder Kamerad Zufall sind die wenigen Quellen, um Transparenz zu schaffen. Neuerdings gibt es in der Senatsjustizverwaltung einen Vertrauensanwalt, an den sich Behördenmitarbeiter bei verdächtigen Vorgängen wenden und dabei anonym bleiben können. ++ (ad/mgn/19.08.18 – 211)

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77 Häuser von arabischer Großfamilie konfisziert

Berlin, 19. Juli 2018 (ADN). In einer spektakulären Aktion gegen eine mutmaßlich mafiös agierende arabische Großfamilie hat die Berliner Polizei 77 Häuser in der Hauptstadt beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft Berlin teilte am Donnerstag Einzelheiten über die Aktion und die Ermittlungen mit, die sich gegen 16 Beschuldigte richten. Der Einsatz erfolgte an 13 Orten in Berlin und Brandenburg. Durchsucht wurden Wohnungen, Firmenräume und ein Notariat. Der Wert der umstrittenen Immobilien belaufe sich  auf rund neun Millionen Euro. Sie sind von den Tätern wohl mit aus Straftaten stammendem Geld erworben worden. Zum Beispiel sei ein 19jähriger aus dem Clan bei einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft aufgetaucht und habe mit angeblich selbst erwirtschafteten 200.000 Euro  Immobilien im Süden von Berlin-Neukölln erworben.

Die Beamten haben die Einträge in den Grundbüchern ändern lassen, damit die bisherigen Eigentümer nicht mehr über die Immobilien verfügen können. Dutzende Männer des Clans sind polizeibekannt und leben überwiegend in Berlin-Neukölln. Zu den verfolgten Straftaten gehören ein Münzdiebstahl und ein Mord. Im Oktober erbeuteten die Täter fast zehn Millionen Euro bei einem Banküberfall in Berlin-Mariendorf. Dabei wurde ein Sparkassengebäude durch eine Explosion zerstört. 

Der ungewöhnliche Einsatz beruht auf einem neuen, vor einem Jahr in Kraft getretenen Gesetz zur Abschöpfung von Gewinnen aus Straftaten. Muster der Regelung ist eine Vorschrift in Italien. Dort müssen mutmaßliche Mafiosi nachweisen, woher sie ihr Vermögen haben. Nicht die Polizei muss belegen, ob Geld aus kriminellen Geschäften stammt. ++ (ju/mgn/19.07.18 – 181

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Deutschlandweit 175.000 offene Haftbefehle

Berlin, 29. Juni 2018 (ADN). Deutschlandweit gibt es mehr als 175.000 offene Haftbefehle. Wie die „Berliner Morgenpost“ am Freitag weiter unter Berufung auf eine Auskunft der Bundesregierung auf eine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion mitteilte, liegen Berlin und Bayern in dieser Polizeistatistik auf den beiden letzten Plätzen. In Berlin werden mehr als 8.500 Menschen von den Sicherheitsbehörden gesucht. In Bayern sind es 29.113. Diese Hochrechnung bezieht sich auf 100.000 Einwohner. In absoluten Zahlen führt das Bundesland Nordrhein-Westfalen die Rangliste mit 21.407 offenen Haftbefehlen an.

Nach Angaben der Zeitung ist das Datenmaterial besonders interessant. Noch im August vergangenen Jahres habe nämlich die Berliner Justizverwaltung auf eine kleine Anfrage der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus mitgeteilt, dass es keine Statistiken über offene Haftbefehle gebe.

In der Statistik werden alle Arten von Kriminalität erfasst. In das Zahlenwerk fließen auch die immer umstritteneren Ersatzfreiheitsstrafen ein. Sie machen einen Großteil der offenen Haftbefehle aus. Darüber liegen jedoch keine genauen Angaben vor. Ersatzfreiheitsstrafen werden verhängt, wenn Geldstrafen nicht bezahlt werden. Mit dieser Regelung wird in zahlreichen Fällen gegen die Eurpoäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verstoßen, weil viele der Betroffenen gar nicht in der Lage sind, die Geldtstrefen zu bezahlen. Im Land Berlin gibt es Überlegungen, um die „Schwarzfahrer“ zu entkriminalisieren. Sie sind sehr stark von Haftbefehlen und Ersatzfreiheitsstrafen betroffen. Mit der Herabstufung solcher Bagatelldelikte, die derzeit als Straftaten eingestuft werden, auf Ordnungsgeldniveau sollen Polizei und Staatsanwaltschaften entlastet werden.

In der Statistik offener Haftbefehle sind auch politisch motivierte Tathintergründe enthalten. Das trifft auf 4.411 Fälle zu. Davon sind 144 dem linken und 594 dem rechten Spektrum zuzuordnen. 3.151 haben einen religiös eingefärbten Touch. ++ (me/mgn/29.06.18 –  161)

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Wirrnis um Ermittlungen zu Feuertod in Dessauer Polizeirevier immer grotesker

Dessau, 16. November 2017 (ADN). Die seltsamen Umstände um die staatsanwaltlichen Ermittlungen um den Tod des in einer Dessauer Polizeizelle vor 13 Jahren verbrannten Afrikaners Oury Jalloh werden immer grotesker. Wie der Deutschlandfunk am Donnerstag berichtet, legt die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau erstmals öffentlich nahe, dass es sich um ein Tötungsdelikt handeln könnte. Die inzwischen zuständige Staatsanwaltschaft Halle kündigte dennoch an, die Ermittlungen einzustellen. Der Dessauer Oberstaatsanwalt Folker Bittmann nennt sogar konkrete Verdächtige aus den Reihen der Dessauer Polizeibeamten. Unter Bezugnahme auf die Tageszeitung „Junge Welt“ und des Fersehmagazins „Monitor“ hat das Sachsen-Anhalts Generalstaatsanwalt im Rechtsausschuss des Magdeburger Landtags eingeräumt.

Grundlage für die Wende im Fall Jalloh seien neue Gutachten von Sachverständigen aus den Bereichen Brandschutz, Medizin und Chemie. Sie haben sich mit dem Ausbruch des Feuers in der Arrestzelle beschäftigt und schlussfolgern, dass ein Tod durch Fremdeinwirkung wahrscheinlicher ist als die bisher hartnäckig verbreitete These einer Selbstverbrennung. ++ (ju/mgn/16.11.17 – 321)

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Generalmangel der Justiz: Nicht präzise dokumentierte Verhandlungsverläufe

München, 20. Juli 2017 (ADN). In der Schussphase des gigantischen NSU-Prozesses tritt plötzlich ein bisher in juristischen Auseinandersetzungen kaum wahrgenommenes Phänomen ins Licht der Öffentlichkeit. Es handelt sich um einen generellen und eigentlich blamablen Makel, den Anette Ramelsberger in der Donnerstagausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ ausführlich erläutert. „Anders als in vielen anderen europäischen Ländern werden in Deutschland Verhandlungen nicht aufgezeichnet oder protokolliert. Jeder Prozessbeteiligte schreibt für sich mit, was ihn interessiert – und überhört dabei notgedrungen immer wiewder wichtige Passagen. Es ist ein altes Problem“. Es zu lösen, hat bislang offenbar noch nie Anstalten gemacht, das nunmehr die Verteidiger im NSU-Prozess als Streitwaffe zücken und die akustische Aufzeichnung der auf 22 Stunden Länge geschätzten Plädoyers der Bundesanwälte beantragen. Das Gericht lehnte das ab, weil dadurch die Persönlichkeitsrechte der Bundesanwälte verletzt würden. Die Verteidiger beharrten auf ihren Anträgen mit der Begründung, dass die Staatsanwälte als Vertreter des Staates auftreten und demzufolge bei ihren Plädoyers die Persönlichkeitsrechte zurücktreten. Außerdem gebe es eine Fürsorgepflicht des Gerichts gegenüber den Angeklagten. Sie müssten die Plädoyers vollständig selbst wahrnehmen und ganz verstehen. Wenn schon nicht aufgezeichnet werde, dann sollten die Staatsanwälte ihre schriftlichen Unterlagen  herausgeben oder das Gericht einen Stenographen bezahlen. Die Staatsanwälte reagierten empört. Sie seien keine „rechtlosen Gesellen“ ohne Persönlichkeitsrechte. Sie fühlten sich auch nicht verpflichtet, ihre Ausführungen an „jeglichen Verständnishorizont anzupassen“. Bundesanwalt Herbert Diemer erklärte weiter: „Wir machen hier keinen Stuhlkreis, sondern das ist ein Prozess. Und die Strafprozessordnung sieht es nicht vor.“ Doch sie verbietet es auch nicht. ++ (jz/mgn/20.07.17 – 202)

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Juristisches Ränkespiel um Assange geht weiter

London/Stockholm, 19. Mai 2017 (ADN). Obwohl die schwedische Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den Wikileaks-Aktivisten Julian Assange eingestellt hat, geht das juristische Ränkespiel um den australischen Enthüller weiter. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) berichtet am Freitag aus London über eine Lagebeurteilung von Seiten Assanges Anwalt. Der „Sieg“ ändere wenig an der Situation.

Laut FAZ deutet alles darauf hin, dass der Gründer der Enthüllungsplattform auch das fünfte Jahr seines selbstgewählten Zwangsaufenthalts komplett in der Botschaft Ecuadors in Großbritannien zubringen muss. Das ergibt sich aus einer Mitteilung der britischen Polizei, die trotz der Neuigkeit aus der schwedischen Hauptstadt an ihrem Haftbefehl gegen Assange festhält.

Die FAZ gibt Aussagen der Staatsanwältin Marianne Ny auf einer Pressekonferenz am selben Tag in Stockholm wieder. Die Juristin sagte: „Um den Fall fortzuführen, müsste Julian Assange formell über die Vorwürfe gegen ihn unterrichtet werden. Wir können nicht erwarten, von Ecuador in dieser Sache unterstützt zu werden. deswegen ist die Ermittlung eingestellt worden. das Verfahren könne allerding später wieder aufgenommen werden.

Nach einer Einschätzung von UNO-Gremien handelt es sich bei dem bizarren Freiheitsentzug gegen Assange um „willkürliche Haft“. ++ (tr/mgn/19.05.17 – 140)

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Deutschlands mediale Unabhängigkeit und Freiheit fällt in Tristesse

Berlin/Leipzig, 26. April 2017 (ADN). Die in der Bundesrepublik Deutschland so hoch gepriesene Unabhängigkeit und Freiheit der Presse trübt sich spürbar ein und fällt in Tristesse. Der am Mittwoch in Berlin veröffentlichte Jahresbericht der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ beschreibt in einer „Nahaufnahme Deutschland“ den Niedergang teilweise sehr deutlich und benennt einige Beispiele aus dem Untersuchungszeitraum von Januar 2016 bis März 2017. Zu registrieren sei erneut eine erschreckend hohe Zahl von tätlichen, Angriffen, Drohungen und Einschüchterungsversuchen gegen Journalisten. In München wurde ein Chemnitzer Reporter, der über den NSU-Prozess berichtete, mit der Mitteilung bedroht, man kenne seine Privatadresse. Immer wieder geraten Journalisten ins Visier von Strafverfolgungsbehörden. Damit wird insbesondere die Tätigkeit investigativ arbeitender Journalisten erschwert. So initiierte im April 2016 die Staatsanwaltschaft Stuttgart Ermittlungen wegen des Verdachts auf Veröffentlichung von Gerichtsakten gegen den Filmemacher Daniel Harrich  und mehrere Mitwirkende an einer ARD-Dokumentation. Die Journalisten hatten ungenehmigte Waffenexporte des deutschen Waffenfirma Heckler & Koch nach Mexiko aufgedeckt. Von Justiz und Nachrichtendiensten werden ohne gesetzliche Grundlage Standortdaten erfasst. So können auf Knopfdruck verdächtige Metadaten mit Gesprächsmitschnitten verknüpft werden.

Zur Misere gehören zunehmende Schleichwerbung und abnehmende Vielfalt. Der Strukturwandel führt nicht nur zu Verlagskonzentrationen und -fusionen, sondern sogar zum Verschmelzen von Redaktionen. Der Prozess reicht bis tief in die Regional- und Lokalberichterstattung. Eines der signifikantesten Beispiele ist die 2015 gegründete Berliner Zentralredaktion der Funke-Mediengruppe, die zwölf Zeitungen mit einer Gesamtauflage von 1,4 Millionen verkauften Exemplaren und einer starken Präsenz im Ruhrgebiet, in Thüringen, Hamburg und Berlin versorgt. Exemplarisch für den Verzicht auf Facettenreichtum hin zu Einheitsberichterstattung ist weiterhin das Redaktionsnetzwerk Deutschland, das 30 Tageszeitungen mit überregionalen Inhalten beliefert.

Markant sind auch die Versuche politischer Einflussnahme und der Ausschluss unliebsamer Journalisten. Die Krise des Journalismus hat sogar die Ausbildungssphäre erfasst. Gerade informierte die Universität Leipzig, dass der traditionsreiche Studiengang Journalistik seine Attraktivität einbüßt. Die Bewerberzahlen seien drastisch gesunken. Der Lagebericht der zuständigen Fakultät dokumentiere Unzufriedenheit in Lehre und Studium. Um den Studiengang zu reformieren, soll die Einschreibung für ein Jahr ausgesetzt werden. Ab 2018 gebe es ein Angebot in neuer Form. ++ (me/mgn/26.04.17 – 116)

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