Berlin, 8. Oktober 2018 (ADN). In der laufenden Legislaturperiode stehen mehr als fünf Milliarden Euro Bundesmittel für die soziale Wohnbauförderung zur Verfügung. Allerdings wird diese Summe in Deutschland nicht effizient und bedarfsgerecht verteilt. Hauptursache ist eine fehlende oder lückenhafte Daten- und Bedarfserhebung. Zu diesem Besorgnis erregenden Ergebnis kommt das in Berlin ansässige Moses Mendelsohn Institut (MMI), das am Montag in einer Pressemitteilung über Einzelheiten seiner Untersuchungen berichtet. Grundlage der Analyse waren die Antworten auf einen Fragenkatalog, der 696 deutschen Städten und Gemeinden mit jeweils mindestens 20.000 Einwohnern zugesandt worden war. Die Fragen bezogen sich u. a. auf den aktuellen Wohnungsbestand, die Planung und den Bau neuer Wohnungen sowie auf den künftigen Bedarf – verteilt auf die verschiedenen Wohnungsgrößen. Ermittelt wurde desweiteren, wie viele Wohnungen bis zum Jahr 2020 aus der Preis- und Belegungsbindung fallen.
Ausgewertet werden konnten die Angaben von 387 Kommunen. Zum Resultat äußerte sich der Direktor des Moses Mendelssohn Instituts, Dr. Stefan Brauckmann, mit sehr bedenkenswerten Worten: „Die Antworten zeigten, dass in Deutschland die Gelder für gefördertes Wohnen eher nach dem Zufallsprinzip verteilt werden. Es gibt keine einheitlichen Kriterien für die Förderung, noch nicht mal eine einheitliche Zählweise. Viele Städte und Gemeinden haben sogar Probleme ihren Bedarf plausibel darzustellen und die in ihrer Kommune benötigten Wohnungsgrößen zu nennen.“ Aus diesem Grund sei ein effizienter Einsatz der Milliarden-Förderung gar nicht möglich. Das werde sich kurzfristig auch nicht durch weiter steigende Zuwendungen seitens der Bundesländer und Kommunen ändern, die geplant oder aufgrund der politischen Diskussionen zu erwarten sind. Der effiziente Einsatz der finanziellen Mittel müsse aber ein zentrales Kriterium sein. Denn trotz der deutlich gewachsenen Zuwendungen seien die für diesen Zweck bereitgestellten Beträge in Relation zum vielerorts riesigen Bedarf an preisgünstigen und passenden Wohnungen begrenzt. Beispielsweise habe gegenwärtig in den Großstädten bis zur Hälfte der Haushalte Anspruch auf staatliche Unterstützung, während der Bestand der geförderten Wohnungen in den vergangenen Jahren beträchtlich gesunken ist – bundesweit um mindestens eine Million Wohnungen seit 2003.
Das Institut weist in diesem Zusammenhang auf die „Wohnraumoffensive“ hin, die von der Bundesregierung in der Koalitionsvereinbarung angekündigt worden war. Danach sollen in dieser Legislaturperiode 1,5 Millionen neue Mietwohnungen und Eigenheime entstehen. Damit dieses ehrgeizige Vorhaben nicht zur „Luftnummer“ wird, bedarf es in den Städten und Gemeinden – vor allem wegen des Respekts vor ihrer kommunalen Selbstverwaltung – einer derzeit kaum vorstellbaren administrativen Ertüchtigung. Als Gründe dafür nannte Brauckmann unterschiedliche Definitionen, unklare Zuständigkeitsregelungen und den viel zu geringen Personalbestand. „In diesem System werden die Kommunen quasi alleine gelassen“, schlussfolgert der Direktor des Moses Mendelssohn Instituts. Um die Situation zum Besseren zu wenden, seien in erster Linie konkrete Erfassungs- und Auswertungs-Vorgaben für eine einheitliche Datenbasis, mehr Personal und dessen laufende Fortbildung erforderlich. ++ (ba/mgn/09.10.18 – 261)
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