140 Oberlausitzer Dörfer fielen der Braunkohle zum Opfer – Kolumbien exportiert 95 Prozent seiner Kohle

Leipzig, 28. Juli 2018 (ADN). Mit einer Kundgebung eröffneten Umwelt- und Klimaschützer aus vielen Teilen der Bundesrepublik im Stadtzentrum von Leipzig das erste sogenannte Klimacamp in der Region des Mitteldeutschen Braunkohlebergbaus. Erster Redner war der Sprecher der Initiative „Pro Pödelwitz“, Jens Hausner. Die Bewohner des kleinen Ortes Pödelwitz sollen zwangsenteignet, ihre Häuser abgerissen und der gesamte Ort abgebaggert werden, um die Braunkohle im nahegelegenen Kraftwerk Lippendorf zur Energiegewinnung zu verbrennen. Und das, obwohl die unter Pödelwitz liegende Kohle eigentlich gar nicht benötigt wird. Deshalb, so Hausner, dürfe die sächsische Landesregierung keine Genehmigung für die bis zum Jahr 2040 reichenden Förderpläne der MIBRAG erteilen. Er forderte die Stadtwerke Leipzig auf, von dem Energieabnahmevertrag mit der MIBRAG zurückzutreten.

Aus dem Nachbarland Tschechien solidarisierte sich ein Vertreter der dortigen Klimaschützer und Kohlegegner mit der Initiative der Pödelwitzer Einwohner. Edith Penk aus der sorbischen Oberlausitz beklagte, dass in den vergangenen 100 Jahren fast 140 Dörfer der Braunkohle zum Opfer gefallen sind. Dadurch sei die seit 1.500 Jahre in dieser Region siedelnde sorbische Bevölkerung erheblich dezimiert worden. Es dürfe nun keines ihrer Heimatdörfer mehr abgebaggert werden. Die Landschaft müsse den nachfolgenden Generationen ohne weitere Schädigung übergeben werden,  so die elffache Großmutter und zehnfache Urgroßmutter. Auch die derzeitigen Hitzewellen seien ein Ergebnis des radikalen Raubbaus.

Eine besonders leidenschaftliche Ansprache hielt Narlis Guzman Angulo aus Kolumbien. Sie kommt aus einem riesigen Kohlefördergebiet ihres Landes. Bevor die große Abbau-Maschinerie der Rohstoffkonzerne in den 90er Jahren anrollte, wurde in den 80er Jahren die Kohle noch per Hand gewonnen. In den Jahren 1996 bis 2006 hätten 55.000 Menschen ihre Häuser verlassen müssen. Der Raubbau kostete 3.000 Menschenleben. 500 Menschen verschwanden spurlos. Dabei komme die Kohleförderung gar nicht der einheimischen Bevölkerung zugute. 95 Prozent der in Kolumbien abgebauten Kohle werde ins Ausland verkauft.

Nach der Eröffnungsveranstaltung zogen die Teilnehmer vom Klimabündnissen und Umweltschutzorganisationen aus Sachsen, Berlin, Brandenburg, Hessen, Bayern, Thüringen und Niedersachsen durch die Stadt Leipzig, um letztlich im Dorf Pödelitz etwa 20 Kilometer südlich von Leipzig direkt vor dem Toren der Vereinigten Tagebaue Schleenhain Quartier zu beziehen, über Klimagerechtigkeit zu diskutieren und gegen den Raubbau an der Natur zu protestieren. ++ (kl/mgn/28.07.18 – 189)

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Initiative für Bildung eines eigenen sorbischen Parlaments

Bautzen, 29. Oktober 2017 (ADN). Die in den Bundesländern Sachsen und Brandenburg ansässige Minderheit der Sorben hat eine Initiative für ein eigenes Parlament ergriffen. Unter dem Namen „Serbski Sejm“ (Sorbisches Parlament) will die Initiative der ethnischen Minderheit darauf hinwirken, noch im Jahr 2018 eine demokratisch legitimierte Volksversammlung zu bilden. Es soll eine Verfassung zur kulturellen Selbstbestimmung des sorbischen/wendischen Volkes erarbeiten. Nach den Worten des Sprechers der Initiative, Martin Walde, gehe es nicht um eine territoriale Autonomie, sondern um eine kulturelle. Mit den Ideen der Katalanen habe das nichts zu tun.

In einem Sieben-Punkte-Plan isz vorgesehen, dass sorbische Vereine, Organisationen, Kommunen und Kirchgemeinden Kandidaten für die Volksvertretung vorschlagen. Die Abstimmung soll per Briefwahl erfolgen. Wahlberechtigt sind alle volljährigen Bürger der Bundesrepublik Deutschland , die sich als Sorben bekennen. Der Regelung liegt zugrunde, dass im bundesdeutschen Recht die Nationalität nicht erfasst ist. Deshalb gibt es auch keine genauen Zahlen über die sorbische Bevölkerung. Laut Schätzungen gibt es in der sächsischen Oberlausitz etwa 40.000 Sorben und in der zu Brandenburg gehörenden Niederlausitz 20.000 Sorben. Mehrheitsbevölkerungen gibt es nur in wenigen Dörfern im Dreieck Kamenz-Bautzen-Hoyerswerda.

Der bisher für die Interessen der sorbischen Vereine und Organisationen zuständige Dachverband mit dem Namen Domowina lehnt die Pläüne ab. Der Noch-Ministerpräsident Sachsen, Stanislaw Tillich, der selbst Sorbe ist,  zeigte sich skeptisch. Aus seiner Sicht sind Domowina und die Stiftung für das sorbische Volk als Interessenvertreter der Sorben legitimiert. Im Gegensatz dazu sieht der Görlitzer Kulturwissenschaftler Matthias Theodor Vogt Handlungsbedarf. In einer Studie bezweichnet er das bisherige sorbische Institutionenbündel als „dysfunktional“. Es fehlten Strategien und Anreize, sich zum Sorbentum zu bekennen.

Am 30. November diskutiert der Rat der Stiftung für das sorbische Volk, der Herr über alle Bundes- und Landesmittel für die Sorben ist, einen Antrag zu der Parlamentsinitiative. Nach den Worten von Martin Walde wird unabhängig davon in jedem Fall gewählt. Inzwischen gibt es seit dem Frühjahr einen sorbisch-wendischen Älestenrat, dem  etwa ein Dutzend Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens angehören. Er soll den Plan zur Bildung eines Parlaments unterstützen. An einer Unterschriftenaktion haben busher knapp 1.000 Personen beteiligt. ++ (sv/mgn/29.10.17 – 302)

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Die Hälfte der weltweit gesprochenen 6.000 Sprachen vom Aussterben bedroht

Cottbus/Berlin, 3. Juni 2017 (ADN). Die Initiative zu Rettung und Erhalt der sorbischen Sprache verzeichnet erste Erfolge. Wie eine ihrer Protagonistinnen, Kathleen Komokla, am Sonnabend mitteilt, hat der Deutschen Bundestag tags zuvor einen einstimmigen Beschluss zum Schutz von Minderheitensprachen in der Bundesrepublik Deutschland gefasst. Das betrifft in erster Linie Dänisch, Nord- und Saterfriesisch, Nieder- und Obersorbisch sowie Romanes und die Regionalsprache Niederdeutsch. 

Die Initiative hatte bereits eine entsprechende Petition in den Deutschen Bundestag eingebracht und dafür inzwischen bereits 20.282 Unterstützerunterschriften gesammelt. Außerdem sind zahlreiche Appelle an die Landesregierung Brandenburg gegangen und es wurden diverse Gespräche mit bildungspolitisch Verantwortlichen geführt. Komolka bezieht sich in ihrer Stellungnahme auf Angaben der UNESCO. Danach ist bis zum Ende dieses Jahrhunderts rund die Hälfte der weltweit gesprochenen 6.000 Sprachen vom Aussterben bedroht. „Definitiv gefährdet“ seien Nieder- und Obersorbisch. Sie bräuchten Aktionen fördernder, schützender und flankierender Schritte. ++ (li/mgn/03.06.17 – 155)

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Petition zu Erhalt und Pflege der sorbischen Sprache

Cottbus, 30.April 2017 (ADN). Während Bundesinnenminister Thomas de Maiziere in Deutschlands größter sonntäglicher Boulevardzeitung einen seltsam wirkenden Appell zu Erhalt und Pflege deutscher Leitkultur predigt und dazu zehn Thesen aufstellt, bricht im Bundesland Brandenburg gerade eine solche Säule ein. Die Minderheit der Sorben und ihre Sprache werden nämlich derart geschröpft und malträttiert, dass eine Initiative zur Unterschriftensammlung zum Weiterbestand der sorbischen Sprache unvermeidlich erschien und entstanden ist. Während de Maiziere noch den Griffel schwang, um seine kruden Thesen zu Papier zu bringen, waren 20.014 Unterschriften bereits unterwegs zum Brandenburger Landtag. Die Petition wird zusätzlich unterstützt durch eine weitere Sammlung von 2.249 Autogrammen aus der Domowina – dem Dachverband der Sorben – und dem WITAJ-Sprachzentrum. Damit soll das Landesparlament gedrängt werden, mehr für den Erhalt der sorbischen Sprache und deren Vermittlung im Schulunterricht zu tun.

Viktor Zakar, Leiter der Cottbuser WITAJ-Abteilung, wurde bevollmächtigt, die Domowina und die Petenten vor dem Petitionsausschuss des Brandenburger Landtags zu vertreten. Ein Ziel der Aktion ist es, die Menschen der Region die sorbische Sprache als verfasssungsmäßig geschütztes und verbrieftes Recht erleben, erlernen und fördern zu lassen. ++ (lt/mgn/30.04.17 – 121)

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