Widerstreitendes Echo auf Wander-Ausstellung „Begrüßungsgeld für DDR-Bürger“

Erfurt, 12. Juni 2016 (ADN). Eine Container-Ausstellung unter dem Titel „Begrüßungsgeld für DDR-Bürger“ schloss am Donnerstag in Erfurt nach drei Tagen ihre Pforten. Erste Haltepunkte waren Saalfeld und Rudolstadt. Nächste Station der seit dem vergangenen Jahr auf Wanderschaft befindlichen Exposition ist im September das mittelthüringische Sömmerda. Die aus einem nach beiden Seiten offenen Container bestehende Schau zeigt auf den jeweils gegenüber liegenden Wandflächen einerseits Fotos von den ersten Wochen nach dem Fall der Mauer vor mehr als 25 Jahren und andererseits Bilder von gegenwärtig in Deutschland ankommenden Flüchtlingen aus Kriegsgebieten des Nahen und Fernen Ostens sowie Afrikas.

Der Initiator und Organisator der Ausstellung, der Kulturjournalist Hans Ferenz aus Berlin-Schöneberg, will die Besucher zum Nachdenken und Vergleichen der konkreten Situationen anregen, zwischen denen der Zeitraum eines Vierteljahrhunderts liegt. Auf einem gelben Merkzettel – Imitat eines Auszahlungsscheins der Deutschen Bundespost über 100 Deutsche Mark – ist beispielsweise zu lesen: „Vor Banken, vor Postschaltern und vor eilig aufgestellten Ausgabecontainern bildeten sich Menschenschlangen. An alle Bürgerinnen und Bürger der DDR wurde Begrüßungsgeld ausgezahlt: pro Person hundert D-Mark und in Bayern gab’s noch vierzig oben drauf. Das westdeutsche Zonenrandgebiet wurde zum Einkaufsparadies: Bananen gab es kiloweise. Markenturnschuhe für 99 D-Mark. Probesitzen im gebrauchten Daimler war umsonst. In der gemeinsamen neuen Heimat schien alles möglich. Man träumte von blühenden Landschaften. So mancher Traum ist geplatzt, viele gingen in Erfüllung.“

Das Echo ist nach den Worten von Ferenz äußerst gemischt. Während einige Städte und Institutionen das von staatlichen, kommunalen, parteiliche und medialen Partnern geförderte Projekt emsig unterstützt hätten, sei es andernorts auf vehemente Ablehnung gestoßen. Auch in Erfurt habe er diesen scharfen Kontrast erlebt. Während das städtische Ordnungsamt zunächst das Aufstellen des Containers auf dem Vorplatz des Erfurter Hauptbahnhofs verwehrte, weil das zu unzulässigen Menschenansammlungen führen könne und den Passantenverkehr erheblich störe, wurde es von der Bürgermeisterin Tamara Thierbach befürwortet. Auch die Meinung der Besucher ist gespalten. Ein interessierter ehemaliger DDR-Bürger ließ wissen, dass er sein Begrüßungsgeld im Jahr 2005 symbolisch aus Protest zurückgezahlt habe, weil er durch die darauf folgenden Ereignisse in der Bundesrepublik Deutschland seiner Arbeit, seines Grundbesitzes und seines Restvermögens beraubt worden ist, lächelte Ferenz milde und vielwissend. Der ergänzenden Bemerkung, dass mit Speck Mäuse gefangen werden, stimmte er sanft zu. ++ (pä/mgn/12.06.16 – 157)

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