Berichte über Armut in Deutschland sind rar -„Geringe journalistische Klärungsenergie“

Baden-Baden/Köln, 17. September 2016 (ADN). Über Armut wird in Deutschland kaum berichtet. Gründe für das mediale, strukturelle und gesellschaftspolitische Manko erläutert der Publizist Thomas Leif am Sonnabend in einem Interview im Deutschlandfunk. Er nannte drei Schwerpunkte. Zunächst sei Armut ein Kampfbegriff. Ein Fünftel der Gesellschaft sei abgehängt. Eine zweite Ursache für die dünne Berichterstattung über das Prekariat liege im Handwerklichen medialer Tätigkeit. Es gebe zu wenig journalistische Klärungsenergie. Es fehlten der Durchblick und die Transparenz durch falsifizierte oder gar nicht geführte Armuts- und Arbeitsmarktstatistiken. Drittens seien die Betroffenen selbst gegenüber Medienvertretern äußerst skeptisch und zögen sich sehr schnell zurück. 

Generell gibt es in Deutschland nach Meinung von Leif zu wenige Advokaten der Armut. In der Politik gehörten die Sozialpolitiker der Parteien zu den Verlierern. Es mangele dort auf diesem Sektor an Prominenz, Resistenz und Renitenz. Zu früheren Zeiten sei Norbert Blüm ein Vertreter dieser Spezies gewesen. In der Gegenwart gehöre Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband zu solchen seltenen Exemplaren.

Inzwischen verschärfen sich die Konflikte zwischen den verschiedenen Armutsgruppen. So mehren sich die Auseinandersetzungen zwischen Hartz-IV-Empfängern und Flüchtlingen. Diese Tendenz nimmt zu, weil immer mehr Asylsuchende in den Status als Hartz-IV-Empfänger wechseln. Entlarvend ist nach den Worten des Publizisten eine Aussage einer „frischen“ Studie des Allensbach-Instituts. Daraus geht hervor, dass 82 Prozent der Befragten überzeugt sind, dass die Reichen immer reicher werden.

Mitte Oktober dieses Jahres wird im Südwestrundfunk (SWR) eine Dokumentation von Thomas Leif über arme Rentner in Deutschland gesendet. ++ (so/mgn/17.09.16 – 253)

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