DDR-Wohnungsbauverfahren wieder in Mode

Berlin, 29. April 2018 (ADN). Der Wohnungsbau nach DDR-Standards kommt in Berlin wieder in Mode und macht nach fast dreißig Jahren erneut Schule im preiswertem Bauen. Wie groß muss die Not sein bei der seinerzeitigen Westberliner Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land sein, dass sie nun – ausgerechnet in Marzahn-Hellersdorf – standardisierte Wohnungen errichtet, die von westlichen Medien während des Kalten Krieges als „Arbeiterschließfächer“ verhöhnt worden waren. In der jüngsten Ausgabe der Berliner Wochenzeitung „Berliner Abendblatt“ heißt es dazu: „Die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land geht im Wohnungsbau einen neuen Weg:

Im Bezirk Marzahn-Hellersdorf entsteht das erste Typenhaus aus standardisierten Wohnmodulen, die als Baukastensystem zusammengesetzt werden. Für das neue Wohnensemble an der Schkeuditzer Straße wurde kürzlich der Grundstein gelegt. Bis zum Frühjahr 2020 werden hier insgesamt 165 Mietwohnungen errichtet, von denen die Hälfte durch das Land gefördert werden. Eingebaut werden vorgefertigte Bäder und Treppenhäuser.“ Mit dem Typenhaus werde der Wohnungsbau standardisiert. Zugleich sei es dadurch möglich, die Kosten  beim Neubau zu senken und Wohnraum in großer Zahl in zeitsparenden Verfahren zu errichten. 

Kapitalistisch wirtschaftende Immobilienunternehmen entdecken nun also mit rund 50jähriger Verspätung die hohe Effizienz des industriellen Wohnungsbaus, den die DDR ihrem Wohnungsbauprogramm 1976 bis 1990 zugrunde gelegt hatte. ++ (bw/mgn/29.04.18 – 119)

http://www.adn46.wordpress.com, http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46 

Neue Architektengeneration befürchtet Mauerbau an Europas Außenrändern

Ljubljana, 14. März 2018 (ADN). Mit Mauerbauten an allen Rändern Europas rechnen junge Architekten, die sich in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana alljährlich treffen und über die Zukunft des Bauens auf dem Kontinent austauschen. Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) am Mittwoch weiter berichtet, stehen die Diskussionen unter den Stichworten Verdichtung, Verstädterung, demographischer Wandel, industrieller Niedergang und Klimawandel. Die Herausforderungen, mit denen sich die jungen Architekten konfrontiert sehen, seien enorm und meist sehr konkret. „An der Adria häufen sich verlassene Touristensiedlungen, in Deutschland greift die Landflucht um sich, die Plattenbauten verfallen. In Kosovo und in der Schweiz wuchert die Agglomeration, Rechtspopulisten ziehen Mauern um ihre Häuser.“ Die Antworten und Ideen des Architekturnachwuchses bewege sich in bescheidenen Ausmaßen: Blockchainbasierte Eigentumsverhältnisse als Mittel gegen die Gentrifizierung, Belebung von Industriebrachen mit Happenings und lokale Selbstversorgung mit Strom per App. Es wird auf das Amateurhandwerken gesetzt. „Von einer europäischen Avantgarde würde man sich mehr erhoffen wollen“, folgert die NZZ düster.  ++ (ar/mgn/14.03.18 – 073)

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Trotz Wohnungsnot Massenabriss von DDR-Plattenbauten – Hamburg beim Einquartieren von Flüchtlingen besonders fix

Leipzig/Hamburg, 13. November 2015 (ADN). Der Stadtstaat Hamburg gehört zu den Bundesländern, die beim Unterbringen der Flüchtlingsströme am kreativsten sind und am schnellsten reagieren. Diese Einschätzung trifft der Bauexperte Roland Müssig am Freitag in Leipzig bei einer von dem Generalprojektierungsunternehmen Drees & Sommer organisierten Veranstaltung über aktuelle Brennpunkte in Städtebau und Bauplanung. Müssig betreut als Projektpartner des bundesweit und international tätigen Planungsbüro in der Hansestadt 15 Standorte für das kurzfristige Einquartieren von jeweils rund 200 Flüchtlingen. Er ist zuversichtlich, dass bis 2016 die Quartiere für bis zu 40.000 nach dem Königsberger Schlüssel auf die Stadt entfallenden Flüchtlinge fertiggestellt werden.  Bis Ende dieses Jahres würden bereits bis zu 30.000 Menschen in Hamburg ein sicheres und warmes Obdach gefunden haben. Dennoch handle es sich um spartanische Wohn- und Lebensverhältnisse. Die Mindestausstattung bestehe pro Person aus einem Bett, einem Schrank und einem Stuhl. Waschmaschinen und Wäschetrockner seien für eine gesamte Hausgemeinschaft nutzbar. Die Hafenstadt Hamburg beschaffe nach dem Prinzip „Vorausschauend Denken und gleichzeitig Handeln“ sehr zügig angemessenen Wohnraum für die Schutzsuchenden und das ausschließlich auf innerstädtischen Bauplätzen, nicht an der städtischen Peripherie. Je nach Ortslage gehe es dabei um massiven Wohnungsbau zum Beispiel binnen zehn Monaten, um die kurzfristige Errichtung von Containersiedlungen oder um die sofortige Umgestaltung von Bestandsgebäuden. So sei in der Hamburger Weddestraße eine alte leerstehende Schule umgebaut worden. Aus ehemaligen Klassenzimmern entstanden Räume für jeweils acht Personen, in die Küchen integriert worden sind. Beim Aufstellen von  Containerunterkünften werde darauf geachtet, dass kleinteilige soziale durch Hecken und Sträucher aufgelockerte Siedlungsstrukturen ein Mindestmaß an Individualität garantieren. Bei einem durchschnittlichen Kostenvergleich pro Jahr und Person unterschreite eine Unterkunft im Container mit rund 8.400 Euro einen Hotelplatz mit etwa 9.125 Euro deutlich. Allerdings koste mit rund 3.300 Euro die Nutzung einer Mietwohnung noch weit weniger. Jedoch herrsche diesbezüglich enormer Mangel.

In der regen Diskussion klang äußerstes Unverständnis darüber an, warum trotz der durch die massiven Flüchtlingsströme zusätzlich angeheizten Wohnungsnot die zu DDR-Zeiten in Plattenbauweise errichteten Gebäude weiter massenweise abgerissen werden und diese Wohnraum-Liquidierung auch noch finanziell aus der Staatskasse subventioniert wird. Die Stadt Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern), deren Bevölkerung in den vergangenen 25 Jahren rasant von rund 95.000 auf 65.000 Einwohner gesunken ist, hat diesem Abriss-Irrsinn angesichts der aktuellen Lage ein sofortiges Ende gesetzt, berichtete Dr.-Ing. arch. Jutta Eckelt, Inhaberin des dort ansässigen CREATIV Architekturbüros. ++ (ba/mgn/13.11.15 – 308)

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