„Unvollendete“ Verfassung der Friedlichen Revolution

Berlin, 25. Februar 2019 (ADN). Im Zusammenhang mit Plänen des Intendanten der Berliner Festspiele Thomas Oberender, den „Palast der Republik“ der DDR symbolisch wieder zu errichten, äußerte die DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld am Montag scharfe Kritik. Es handele sich um Geschichtsklitterung und sei grotesk, wenn der „Palazzo Protzo“ nunmehr dreißig Jahre nach dem Mauerfall als Ort „visionärer sozialer Ideen in die Zukunft“ getragen werden soll. Das Vorhaben des Festivals ist es, die Idee des Palastes durch mehrfache Transformation vom Erinnerungsort über ein Arbeitsforum bis hin zu einem  Raum für Kunst zu wandeln. Am Ende des dreitägigen Veränderungsprozesses soll der damals entstandene Verfassunsentwurf ins Spiel gebracht werden.

Lengsfeld wies darauf hin, dass sie „eben an diesem Verfassungsentwurf mitgegeschrieben hat und deshalb wisse, dass es keinerlei Zusammenhang mit dem Palast der Republik gebe. Die Verfassungskommission des Runden Tisches tagte von Anfang bis Ende in Pankow. Sie finde unter den Akteuren der Berliner Festspiele niemanden, der damals an der Verfassung mitgearbeitet hätte. „Dabei wäre eine Diskussion, was die Verfassser von damals bewegte, warum sie, wie auch der Versuch, nach der Vereinigung einen Verfassungskonvent einzuberufen, gescheitert sind, tatsächlich spannend,“ so Lengsfeld.  Die Verfassung der Friedlichen Revolution ist bis heute eine „Unvollendete“. ++ (pd/mgn/25.02.19 – 057)

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Kolonialer Kultur-Nachlass im Auf- und DDR-Erbe im Abstieg

Berlin, 28. April 2018 (ADN). „Das Humboldt-Forum im Stadtschloss wächst und gedeiht. Beide leben von einer großartigen Geistesgeschichte.“ So lobt Kulturstaatsministerin Monika Grütters den Wiederaufbau der kaiserlichen Repräsentanz Deutschlands im Berliner Stadtzentrum in einem Interview am Sonnabend mit der Zeitung „Der Tagesspiegel“. Bevor der wilhelminische Prachtbau rekonstruiert werden konnte, wurde an derselben Stelle der in der DDR erbaute Palast der Republik abgerissen und liquidiert. In ihm hatte sich die von den DDR-Bürgern seinerzeit frei gewählte Volkskammer konstituiert. Nun wird sich das Humboldtforum mit dem kolonialen Nachlass des monarchistischen Deutschland beschäftigen.

Wie „Der Tagesspiegel“ in derselben Ausgabe wenige Seiten weiter berichtet, wird im östlich gelegenen Berliner Stadteil Marzahn  erneut ein weiterer bedeutender, zu DDR-Zeiten entstandener  Kulturbau demontiert und bis Jahresende vollständig beseitigt. Es handelt sich um das seinerzeit äußerst moderne und beliebte Lichtspieltheater „Sojus“. An seiner Stelle wird ein Privatinvestor einen Supermarkt errichten. Bereits drei Jahre zuvor war in Marzahn ein einmaliger Konzert- und Ausstellungspalast liquidiert. Gegenüber Kulturstaatsministerin Grütters vorgebrachte Bürgerproteste blieben unberücksichtigt. Und das obwohl die Politikerin CDU-Mandatsträgerin für Berlin-Marzahn im Deutschen Bundestag ist und dessen Interessen dort eigentlich vertreten müsste. ++ (ku/mgn/28.04.18 – 118)

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Berlins Humboldt-Forum ohne Sinnstiftung und inhaltliche Konturen

Berlin, 29. März 2016 (ADN). Der Baufortschritt am Berliner Humboldt-Forum ist sichtbar. Aber je näher die Fertigstellung der Gebäudesubstanz rückt, um so diffuser sind die Vorstellungen über Sinn und Inhalt dieses Bauwerks. Besonders nachdrücklich verdeutlicht das die „Berliner Zeitung“ am Dienstag. Es werde zwar über den Bau diskutiert, aber nicht über den Inhalt. In einem ausführlichen Interview äußerte sich der Chefkurator des Humboldt-Forums, Paul Spies, zur 1999 entstandenen Idee, die ethnologischen Museen  in den Schloss-Nachbau umzuziehen, reserviert bis äußerst skeptisch: „Für die ethnologischen Museen war das klug, sie haben jetzt eine AAA-Location. Von diesem Moment an hätte die Ideenfindung beginnen müssen. Ich finde auch, es ist spät. Die Frage ist nur: Ist es zu spät ?“ Das Humboldt-Forum müsse erklärt werden als Gedanke, über Alexander von Humboldts Idee des Kosmos beispielsweise. Nun werde untersucht ob bis Juli eine gemeinsame Botschaft mit allen Partnern zustandekommt. „Machen die anderen nicht mit, müssen wir uns auf uns selbst konzentrieren. Dieses Positivum sei dem Motto „Welt.Stadt.Berlin“ abzuringen. Deshalb seien die Inhalte immer wieder zu aktualisieren. Wenn sich das Humboldt-Forum kontemporären Themen widmet, würde es jetzt um Terrorismus, Angst, Migration, Populismus oder Islam gehen.

Spies nannte den Termin vor zwei Wochen seltsam, als er zusammen mit der Gründungsintendanz unter Leitung des Briten Neil MacGregor die Pläne für das Humboldt-Forum der Öffentlichkeit präsentieren sollten. „Eigentlich hätte sich die neu gegründete Kultur Betriebs GmbH, die alles Organisatorische übernimmt, vorstellen müssen,“ erklärte der erfahrene Kulturmacher aus den Niederlanden.

Bei so viel versprühtem Nebel wird immer wieder die Vermutung laut, dass starke politische Kräfte krampfhaft nur nach einem Grund suchten, um den 1976 errichteten Palast der Republik abzureißen. Letztlich wird dieser Verdacht durch einen Bericht im Lokalteil derselben Ausgabe genährt, in dem über Besucherrundgänge durch den Rohbau informiert wird. Zitiert wird der eigens angereiste Bürgermeister der thüringischen Kreisstadt Bad Salzungen, Klaus Bohl: „Der Palast der Republik war als zentraler Ort der untergegangenen DDR durchaus erhaltenswert.“. ++ (ar/mgn/29.03.16 – 089)

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