Arroganz und Ignoranz Westeuropas gegenüber Osteuropäern

Brüssel, 2. April 2019 (ADN). „Polen ist nicht isoliert. Erst kürzlich hat sogar EVP-Fraktionschef Weber in einem Interview erwähnt, wie erfolgreich und kooperativ unsere Minister bei den Verhandlungen In Brüssel sind. Aber man versucht, uns vergebens zu isolieren.“ Das sagte der polnische Vizepräsident des EU-Parlaments, Zdzislaw Krasnodebski, am Dienstag gegenüber der Zeitung „Die Welt“ hinsichtlich des Rechtsstaatsverfahren  in Sachen polnischer Justizreform. Polen habe einige der geforderten Anpassungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) schon vorgenommen. Anderereseits sei es schade, dass sich die Deutschen nicht um die eigenen Standards kümmern. „Es ist doch über die Maßen scheinheilig, den Einfluss von polnischen Politikern auf Justiz und Medien zu kritisieren und die Gewaltenteilung in Polen infrage zu stellen, wenn gleichzeitig in Deutschland die Politik massiv eingreift in die Besetzung von hohen Richterposten  und bei der Stellenbesetzung in den Rundfunkanstalten“, brandmarkte der EU-Parlamentsvizepräsident. Die deutsche Seite wende doppelte Standards an. Das sei unglaubwürdig.

Krasnodebski illustrierte das anhand eines Beispiels eindrucksvoll. „Schauen Sie sich die Personalie Stephan Harbarth an: Ein CDU-Bundestagsabgeordneter  und zugleich erfolgreicher Rechtsanwalt, der große Autounternehmen vertrat, wird von heute auf morgen zum Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts ernannt. Für mich ist es auch schockierend , dass Richter in Deutschland Mitglied von Parteien sein können. Und dann schauen Sie auf die Rundfunkräte, wo Parteien bei der Stellenbesetzung von Leitungsfunktionen eine wesentliche Rolle spielen.“

Der polnische EU-Repräsentant setzte sich auch mit den alten EU-Mitgliedsländern und deren Oberlehrerrolle gergenüber den mittel- und osteuropäischen Staaten auseinander „Ja, sie versuchen das. Das ist eine Art anachronistische Arroganz, die auf Ignoranz basiert“.  ++ (pl/mgn/02.04.19 – 091)

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Gespenst des DDR-Gründungsmythos taucht 2019 auf

Berlin, 1. Januar 2019 (ADN). Nachdem das Marx-Gedenkjahr  2018 weitgehend unspektakulär zu Ende gegangen ist, hat nun übergangslos ein neues sozialismus-affines Jahr begonnen. 2019 dürfte erheblich mehr politische Brisanz und Sprengstoff bergen. Es handelt sich nämlich um das 70. Gründungjahr der DDR. Darauf bezieht sich der Deutschlandfunk vielsagend zum Jahreswechsel.  Intendant Stefan Raue ergeht sich deshalb am Neujahrstag in ausführlicher Prophylaxe, um verbal abzurüsten. „Wir müssen überlegen, ob wir nicht zu lange gewissermaßen wie die Oberlehrer der Nation, die Welt erklärt haben aus einer sehr bequemen, komfortablen Position heraus des Besserwissers.“ Nach Meinung von Raue, der sich anlässlich des vor 25 Jahren zu Deutschlandradio zusammengeschlossenen Rundfunksenders äußerte, ist es vielleicht wichtiger hinzuhören, was die Hörerschaft sagen will und wie ihre Erfahrungen aussähen, um in einen Dialog einzutreten. Deutschlandradio habe seine Wurzeln in Ostdeutschland, in RIAS von Westberlin und im Deutschlandfunk des alten Westdeutschland. Das Zusammenwachsen sei nicht ohne Ruckeleien verlaufen und ein langer Weg gewesen.

Am Vortage hatte – ebenfalls im Deutschlandfunk – der Historiker Andreas Petersen auf den antifaschistischen Gründungsmythos der DDR hingewiesen, der die NS-Aufarbeitung erschwert habe: Bildung des Kollektivs, Nation als Glaubensbekenntnis und Vermittlung von Selbstvertrauen. Dieses Dreigestirn dürfte noch heute in den Köpfen der Ostdeutschen präsent sein – viel stärker als es der Theorie des vor 200 Jahren geborenen Karl Marx je gelang.  Dem von Marx postulierten Gespenst des Kommunismus folgt also nun das noch unberechenbarere Gespenst der DDR-Gründung am 7. Oktober 1949. Erstaunlicherweise wird von Raue mit keinem Wort der 70.. Jahrestag des Grundgesetzes erwähnt, das am 23. Mai 1949 das Licht der Welt erblickte und damit die Bundesrepublik Deutschland installierte. ++ (me/mgn/01.01.19 – 001)

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