Rund 100.000 Sprengsätze schlummern noch unter der Erde

Berlin, 3. September 2017 (ADN). Mitten im Bundestagswahlkampf lassen am Wochenende Bombenentschärfungen in den drei deutschen Städten Frankfurt am Main (Hessen), Koblenz (Rheinland-Pfalz) und Nordhausen (Thüringen) nachdenkliche Bürger innehalten. Ist der Zweite Weltkrieg in gewisser Hinsicht doch noch nicht beendet, wenn fast 100.000 Menschen gleichzeitig ihre Wohnungen, Krankenhäuser und Altenheime verlassen müssen ?  In der Main-Metropole war es mit der Evakuierung von 70.000 Personen die größte derartige Aktion in der Nachkriegszeit, die die britische 1,8 Tonnen schwere Bombe auslöste. Das Beispiel Nordhausen, das am 3. und 4. April 1945 von der US-Luftwaffe mit 6.000 Bomben überschüttet wurde, zeigt die Perspektive auf. Dort wird mit 1.000 Blindgängern gerechnet. Davon sind nunmehr erst 404 geortet und entschärft worden. Nicht einmal die Hälfte, und das 72 Jahre nach dem Krieg.

Diese Art der Erinnerung an Krieg wird also noch viele Jahre dauern, denn von der 1,55 Millionen Tonnen schweren, über Deutschland abgeworfenen Bombenlast aller Kaliber sind bis zu 20 Prozent nicht explodiert. Viele haben Langzeitzünder und sind deshalb besonders tückisch. Spontane Selbstexplosionen sind keine Seltenheit. Obwohl jährlich 5.500 Kriegsbomben jährlich in Deutschland gefunden und entschärft werden, ist das Problem längst nicht aus der Welt. Nach Schätzungen aus dem Jahr 2013 schlummern in deutscher Erde noch etwa 100.000 Bomben. Bis der letzte Rest militärischer Sprengstoff noch nicht aus dem Boden entfernt ist, dürften Jahrzehnte vergehen. Schon allein wegen dieser Altlasten sollte kein neuer Krieg provoziert und angezettelt werden. Das Drehen an der Rüstungsspirale spielt allerdings im Wahlkampf keine oder nur eine untergeordnete Rolle. ++ (mi/mgn/03.09.17 – 247)

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Gebietsreform sorgt für heißen Herbst – Kommunale Selbstverwaltung im politischen Reißwolf

Erfurt, 29. September 2016 (ADN). So meteorologisch heiß wie der Herbst begonnen hat, wird er politisch weitergehen. In Thüringen beschert die geplante Gebietsreform sogar mehr und unbegrenzt Hitze als je zu erwarten war. Gerade hat eine Zusammenkunft von Bürgermeistern und anderen Kommunalpolitikern unter dem Dach des Städte- und Gemeindebundes den Kessel zum Sieden gebracht, da wird die Landesadministration Thüringens mit den Ergebnissen einer Unterschriftensammlung der Initiative „Selbstverwaltung für Thüringen“ konfrontiert. In diesem Bündnis sind erst seit wenigen Monaten und Wochen Hunderte Gemeindeoberhäupter organisiert, um sich gegen die von der Landesregierung geplanten zwangsweisen Gemeinde- und Landkreisfusionen zu wehren.

Die in Erfurt herausgegebene „Thüringer Allgemeine“ (TA) berichtet am Donnerstag über besonders krasse Auswüchse zentralistisch orientierten Machtdranges. So will der langjährige ehemalige Finanzminister Thüringens und jetzige Oberbürgermeister von Nordhausen, Klaus Zeh, den verbliebenen Resten der kommunalen Selbstverwaltung vollends den Garaus machen. Mit radikalen und zugleich raffinierten Eingemeindungen will der Christdemokrat Zeh bis zum Jahr 2035 der Stadt Nordhausen 12.000 Einwohner der Umgebung samt Territorium einverleiben, um damit die 50.000-Einwohner-Grenze zu überschreiten und damit enorm mehr Geld zu kassieren. Laut Oberbürgermeister gebe es gegenüber Kommunen mit 20.000 bis 30.000 Einwohner nach heutiger Berechnung fünf Prozent mehr Schlüsselzuweisungen vom Land. Das mache etwa 500.000 Euro aus. 

Dieses empörende Schachern um Kopfprämien vollzieht sich vor dem Hintergrund eines seit Februar dieses Jahres vorliegenden Gutachten der Dresdner Niederlassung des Münchner ifo-Instituts. Danach sind die politischen Kosten von Gebietsreformen viel höher als die in den politischen Traktaten beschworenen Einsparungen. Andererseits wächst die Entfremdung zwischen immer ferner installierten Verwaltungen und der ansässigen Bevölkerung, die von der Administration nicht als mündige Bürger, sondern viel lieber als Kunde angesprochen und betrachtet wird. ++ (sv/mgn/29.09.16 – 265)

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