Ostdeutsche erhalten politische Bildungs- und Denkzentrale

Bonn/Hannover, 13. Januar 2020 (ADN). Die Ostdeutschen erhalten dreißig Jahre nach dem DDR-Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland (BRD) eine politische Denkzentrale. Sie soll nach Aussage des Präsidenten der in Bonn ansässigen Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), Thomas Krüger, in Cottbus oder Halle an der Saale angesiedelt werden. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) erklärte er am Montag: „Wir bekommen 58 zusätzliche Stellen, davon entfallen elf Stellen auf einen neuen Fachbereich Ostdeutschland mit einem Standort in den östlichen Bundesländern.“ Dieser Fachbereich habe die Aufgabe, bundesweit Formen politischer Bildung in den Sozialräumen zu behandeln, in denen Transformation stattfindet, in denen also keine Kohle mehr abgebaut wird, oder in ehemaligen Industrielandschaften wie Leuna, Halle oder Bitterfeld, die in Dienstleistungs-Regionen verwandelt werden müssten. Die Bundeszentrale wolle Konzepte entwickeln, wie man „diesen Wandel mit einem positiven Effekt für eine demokratische und offene Gesellschaft unterstützen“ könne. Das Problem sei, dass bestimmte politische Debatten in urbanen Räumen als selbstverständlich gelten und man sich in ländlichen, vom Strukturwandel betroffenen Räumen verlassen fühle.

Krüger will „durch den Standort Ostdeutschland die ostdeutsche Perspektive stärken“. Allerdings werde es in dem neuen Fachbereich „nicht nur um ostdeutsche Regionen gehen, sondern auch um das Ruhrgebiet und die Oberpfalz“, wo ebenfalls Transformationsprozesse stattfinden. Nach dem Erstarken der Alternative für Deutschland (AfD) vor allem in den ländlichen Regionen Ostdeutschlands sowie im Zeichen von 30 Jahren Mauerfall und deutscher Einheit sei politisch die Einsicht gewachsen, dass man diese Regionen nicht sich selbst überlassen darf.

Die Bundeszentrale für politische Bildung untersteht dem Bundesinnenminsterium. Hauptsitz ist Bonn. In Berlin gibt es eine Außenstelle. Derzeit hat die bpb 252 Stellen, doppelt so viele wie vor sieben Jahren. ++ (pl/mgn/13.01.20 – 013)

Unerschütterliche Ost-West-Einkommensmauer

Berlin, 29. April 2019 (ADN). Die Ost-West-Einkommensmauer ist trotz aller politischen Versprechen und Beteuerungen nach drei Jahrzehnten „Deutscher Einheit“ weiter unerschüttert. Der Osten hinkt nach 30 Jahren Mauerfall nach den jüngsten verfügbaren Zahlen von Ende 2017 aus dem Bundesarbeitsministerium dem Westen unvermindert hinterher. Das macht die monatliche Einkommensschwelle von 2.000 Euro deutlich, mit der sich die Zeitung „Der Tagesspiegel“ am Montag ausführlich auseinandersetzt. „In Westdeutschland kamen 2,32 Millionen Vollzeitbeschäftigte (13,5 Prozent) auf weniger als 2.000 Euro brutto., in Ostdeutschland waren es 1,06 Millionen (27,5 Prozent) – also doppelt so viel“, stellt das Blatt fest. die Zahlen zu den Geringverdienern bewegten sich seit Jahren in diesem hohen Bereich. Viele Bürger hätten das Gefühl, der Aufschwung komme bei ihnen nicht an. Das werde sich gravierend auf die Wahlergebnisse bei den bevorstehenden Abstimmungen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen auswirken.

In Mecklenburg-Vorpommern erhielten nach den Untersuchungen von Ende 2017 rund 32,6 Prozent der Vollbeschäftigten weniger als 2.000 Euro brutto. In Thüringen waren es 30,2 Prozent, gefolgt von Sachsen (30,1 Prozent) und Brandenburg (29,8 Prozent). Den niedrigsten Anteil gab es mit 11,4 Prozent in Baden-Württemberg. ++ (so/mgn/29.04.19 – 117)

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Ost-Quote wird Dauerbrenner – Ostbeauftragte und Einheitsreden wirkungslos

Berlin, 29. März 2018 (ADN). „Die Fakten im dreißigsten Jahr nach dem Mauerfall sind zu erdrückend, das Missverhältnis zu deutlich, um die Benachteiligung Ostdeutscher weiter zu ignorieren: Während Ostdeutsche 17 Prozent der Bevölkerung stellen, bestzen sie nur 1,7 Prozent der Entscheider-Positionen in Wirtschaft, Verwaltung, Medien, Justiz, Wissenschaft. Es gibt keinen einzigen Hochschulrektor ostdeutscher Biografie, keinen einzigen Bundesrichter. Selbst in den ostdeutschen Verwaltungen sind Ostdeutsche unterrepräsentiert: 75 Prozent der Abteilungsleiter in Landesregierungen im Osten sind Westdeutsche, 50 Prozent aller Staatssekretäre. Von 120 Abteilungsleitern in Bundesministerien sind nur drei Ostdeutsche, vor fünf Jahren waren es noch fünf. Es wird also auch nicht besser, sondern eher schlechter.“ Diese vernichtenden Zahlen und die erschreckende Bilanz der Ungleichheit zwischen Ost und West, führt Sabine Rennefanz am Freitag in der „Berliner Zeitung“ ins Feld, um zu beweisen, dass im Land grundsätzlich etwas falsch läuft.  Es gehe beim Aufstieg nicht um Leistung, sondern es zählten andere Kriterien wie Habitus, Herkunft und Auftreten.  Aus der Elitenförderung wisse man, dass Chefs am ehesten solche Mitarbeiter fördern und befördern, die ihnen am ähnlichsten sind. Man bleibe unter sich.

Doch die Ungeduld wächst, so Rennefanz. In einer kürzlich veröffentlichten Umfrage sprachen sich 50 Prozent der Ostdeutschen für eine Quote aus. Während der sogenannte Ost-Beauftragte Christian Hirte von der CDU nicht sehen wolle, dass es ein Problem gibt, habe die Linksfraktion mit Berufung auf das Grundgesetz einen Antrag für eine Quote von 15 Prozent bei der Besetzung von Spitzenämtern in Bundesbehörden eingebracht.

Daraus ergeben sich weitere Fragen: Genügen 15 Prozent ? Warum nur für Bundesbehörden und nicht auch für Ministerien, zumindest im Osten Deutschlands ? Werr ist als ostdeutsch zu deklarieren ? Reichen Selbstverpflichtungen ? Schon jetzt habe diese Diskussion über die Ost-Quote mehr bewegt als jeder Ost-Beauftragte und jede Einheitsrede. Sie wird also zum Dauerbrenner. Zu Recht. ++ (od/mgn/29.03.19 – 087)

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Erinnerungsmaschinerie zum DDR-Untergang läuft

Berlin, 14. Februar 2019 (ADN). Die Erinnerungsmaschinerie zum Untergang der DDR ist in Gang gesetzt. Mit einem bemerkenswerten Beitrag hat diese Phase die Zeitung „Der Tagesspiegel“ nun eingeläutet. Auf einer ganzen Seite wird ein Streit über die Frage geschildert, „wer hat Schabowski die alles entscheidende Frage gestellt ?“. Im Mittelpunkt steht die legendäre Pressekonferenz vom 9. November 1989, auf der SED-Politbüromitglied Günter Schabowski den Fall der Mauer zwischen DDR und BRD bekanntgegeben hatte. Es handelt sich dabei um einen Klärungsversuch, welcher Journalist mit welcher Frage den Stein der Geschichte so entscheidend ins Rollen gebracht haben könnte. Der italienische Journalist Riccardo Ehrmann von der Nachrichtenagentur ANSA in Rom gilt bis dato als derjenige, der dies getan hat. Seit langem machen ihm diesen Rang zwei seinerzeitige Berichterstatter der Boulevard-Zeitung „Bild“ streitig. Es handelt sich dabei um Peter Brinkmann und Hennes Schulz, die ihr „Wirken für den Fall der Berliner Mauer und die deutsche Einheit“ offensichtlich ins rechte Licht zu rücken. Sie tun dies mit kaum zu überbietenden Arroganz und Widerwärtigkeit. Die Vor- und Nachgeschichte dieses historischen Moments wird ausgeblendet. Dies geschieht seit fast 30 Jahren und wohl auch nicht zufällig. Die unübersehbare Selbstherrlichkeit der vorgeblichen medialen Sieger lässt für die nächsten Monate der jüngsten deutsch-deutschen Geschichtsschreibung nichts Gutes ahnen. ++ (de/mgn/14.02.19 – 045)

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Widerstreitendes Echo auf Wander-Ausstellung „Begrüßungsgeld für DDR-Bürger“

Erfurt, 12. Juni 2016 (ADN). Eine Container-Ausstellung unter dem Titel „Begrüßungsgeld für DDR-Bürger“ schloss am Donnerstag in Erfurt nach drei Tagen ihre Pforten. Erste Haltepunkte waren Saalfeld und Rudolstadt. Nächste Station der seit dem vergangenen Jahr auf Wanderschaft befindlichen Exposition ist im September das mittelthüringische Sömmerda. Die aus einem nach beiden Seiten offenen Container bestehende Schau zeigt auf den jeweils gegenüber liegenden Wandflächen einerseits Fotos von den ersten Wochen nach dem Fall der Mauer vor mehr als 25 Jahren und andererseits Bilder von gegenwärtig in Deutschland ankommenden Flüchtlingen aus Kriegsgebieten des Nahen und Fernen Ostens sowie Afrikas.

Der Initiator und Organisator der Ausstellung, der Kulturjournalist Hans Ferenz aus Berlin-Schöneberg, will die Besucher zum Nachdenken und Vergleichen der konkreten Situationen anregen, zwischen denen der Zeitraum eines Vierteljahrhunderts liegt. Auf einem gelben Merkzettel – Imitat eines Auszahlungsscheins der Deutschen Bundespost über 100 Deutsche Mark – ist beispielsweise zu lesen: „Vor Banken, vor Postschaltern und vor eilig aufgestellten Ausgabecontainern bildeten sich Menschenschlangen. An alle Bürgerinnen und Bürger der DDR wurde Begrüßungsgeld ausgezahlt: pro Person hundert D-Mark und in Bayern gab’s noch vierzig oben drauf. Das westdeutsche Zonenrandgebiet wurde zum Einkaufsparadies: Bananen gab es kiloweise. Markenturnschuhe für 99 D-Mark. Probesitzen im gebrauchten Daimler war umsonst. In der gemeinsamen neuen Heimat schien alles möglich. Man träumte von blühenden Landschaften. So mancher Traum ist geplatzt, viele gingen in Erfüllung.“

Das Echo ist nach den Worten von Ferenz äußerst gemischt. Während einige Städte und Institutionen das von staatlichen, kommunalen, parteiliche und medialen Partnern geförderte Projekt emsig unterstützt hätten, sei es andernorts auf vehemente Ablehnung gestoßen. Auch in Erfurt habe er diesen scharfen Kontrast erlebt. Während das städtische Ordnungsamt zunächst das Aufstellen des Containers auf dem Vorplatz des Erfurter Hauptbahnhofs verwehrte, weil das zu unzulässigen Menschenansammlungen führen könne und den Passantenverkehr erheblich störe, wurde es von der Bürgermeisterin Tamara Thierbach befürwortet. Auch die Meinung der Besucher ist gespalten. Ein interessierter ehemaliger DDR-Bürger ließ wissen, dass er sein Begrüßungsgeld im Jahr 2005 symbolisch aus Protest zurückgezahlt habe, weil er durch die darauf folgenden Ereignisse in der Bundesrepublik Deutschland seiner Arbeit, seines Grundbesitzes und seines Restvermögens beraubt worden ist, lächelte Ferenz milde und vielwissend. Der ergänzenden Bemerkung, dass mit Speck Mäuse gefangen werden, stimmte er sanft zu. ++ (pä/mgn/12.06.16 – 157)

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9. November: Klittern und Fälschen von Geschichte durch Sprachspaltung

Berlin, 9. November 2015 (ADN). Wenn alljährlich am 9. November die Standard-Gedenkzeremonien zum Fall der Berliner Mauer zelebriert werden, gehört eine Rückschau auf diesen Tag vor 26 Jahren zum Pflichtprogramm.  Meist sind es inzwischen inflationär gezeigte, ausgelutschte Filmaufnahmen. Viel mehr Details sind in dem vergangenen Vierteljahrhundert nicht an die Öffentlichkeit gelangt als die Höhepunkte mit Günter Schabowskis auf der historischen Pressekonferenz gestammelten Sätzen, dem Sturm der Massen auf den Grenzübergang Bornholmer Straße und dem Tanz Verwegener auf der Mauer. 

Bis zum Erbrechen werden diese filmischen Episoden eingespielt, so als gebe es keine anderen Szenen und Dokumente. Natürlich gibt es solche Beweise, jedoch ist das Interesse daran mager bis inexistent. Es wächst sogar der Verdacht, dass wesentliche Informationen vorenthalten werden. Der einmal verbreitete Ablauf des geschichtsträchtigen Tages soll nicht modifiziert werden. Inzwischen ist die Ursprungsversion sogar in Stein gemeißelt. An der berühmten Bornholmer Brücke ist auf einer Bronzetafel zu lesen, dass sich dort die von der Nachrichtenagentur AP um 19.05 Uhr gesendete allererste Meldung über die Maueröffnung unterrichteten Rundfunk- und Fernsehzuschauer zum Sturm auf den „Eisernen Vorhang“ sammelten. Dass eine solche Meldung vom Fall der Berliner Mauer bereits sieben Minuten vorher um 18.58 Uhr von der DDR-Nachrichtenagentur ADN publiziert worden ist, wird einfach unterschlagen. So wird Geschichte geklittert und verfälscht. Der Autor der noch vor 19 Uhr verbreiteten ADN-Pressenachricht hat zwar über zweineinhalb Jahrzehnte versucht, die verzerrende Darstellung zu korrigieren. Allerdings wird die Annahme dieser Wahrheit schlicht und ergreifend verweigert. Oder das Korrekturangebot aus dem Osten ist einfach unverständlich und bis heute nicht kapiert worden, nämlich durch die vom Mauerbau verursachte und noch nicht überwundene Sprachspaltung, über die die Zeitung „Der Tagesspiegel“ am Montag ausführlich berichtet. Der Linguist Manfred W. Hellmann habe den sprachlichen Keil schon 1961 vorausgesagt. Die in Beton gegossene Spaltung habe letztlich dazu geführt, dass die Kluft zwischen privater und öffentlicher Sprache im Osten weit größer als im Westen sei. „Schon immer hatte man in der Bundesrepublik dem Regime drüben „Begriffsverdrehungen“ und „Moskauderwelsch“ vorgeworfen, schreibt die Berliner Tageszeitung. ++ (po/mgn/09.11.15 – 304)

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