„Wahrheitskommission“ zur Treuhand-Aufklärung äußerst umstritten

Leipzig, 10. Juli 2018 (ADN). Eine „Wahrheitskommission“ soll die Geschichte der Treuhandanstalt untersuchen. Wie der Radio-Sender MDR aktuell am Dienstag weiter berichtet, setzen sich dafür die sächsische Integrationsministerin Petra Köpping und der SPD-Ostbeauftragte Martin Dulig ein. Nach dessen Ansicht war es ein Fehler, sich mehr als 30 Jahre zu weigern, die Enttäuschung vieler Menschen anzunehmen. Es sei darüber zu diskutieren, was damals schiefgelaufen ist. „Wollen wir eine echte Deutsche Einheit, dann müssen wir uns in ganz Deutschland gemeinsam der Aufarbeitung der Treuhand stellen“, so Dulig.

Nach Aussagen einiger CDU-Politiker wie dem Ostbeauftragten der Bundesregierung Christian Hirte und dem sächsischen Generalsekretär Alexander Dierks ist der Begriff „Wahrheitskommission“ für ein solches Gremium nicht geeignet. Zudem gehöre eine solche Analyse in den Bereich der Wissenschaft. Von dort wird der Ball zurückgespielt, beispielsweise von Marcus Böick von der Ruhr-Universität Bochum. Er hält jetzt die Politik für gefordert. Der Zeithistoriker hat gerade zu Beginn dieses Monats eine umfassende wissenschaftliche Betrachtung zur DDR-Treuhandanstalt vorgelegt. „Anstalt der Abenteurer“ und „Privatisierungsmonster“ wird diese bei den Ostdeutschen verhasste Einrichtung von der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) am Vortag genannt. 

Der MDR fragte seine Hörer nach ihrer Meinung zu einer „Wahrheitskommission“. Einer der ersten Kommentare dazu lautete: Wenn die GANZE Wahrheit hier jemals ans Licht kommen sollte, würde so mancher Staatsanwalt wohl ’ne Menge Arbeit bekommen und so einige der ‚Eliten‘ ihr erbeutetes Vermögen mit Knast tauschen müssen. Aber ehe es so weit kommt, glaube ich eher wieder an den Weihnachtsmann“. ++ (vw/mgn/10.07.18 – 172)

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Treuhand als zentraler Baustein schockartiger Nachwendeerfahrung

Bochum, 28. Juni 2018 (ADN). Die Treuhand ist der zentrale Baustein einer schockartigen Nachwendeerfahrung. So charakterisiert Marcus Böick von der Ruhr-Universität Bochum den schmerzhaften Transformationsprozess der ostdeutschen Wirtschaft nach dem Ende der DDR in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“ am Donnerstag. Für alle älteren sei das noch ein hochemotionales Thema. Das Wirken der Treuhand werde überwiegend als Herabsetzung empfunden. „Es kamen Menschen aus Westdeutschland und nahmen im Osten das Heft in die Hand. Da reiste einer aus Düsseldorf an und sagte: ‚Euer Betrieb ist nichts mehr wert‘.“, formuliert Böick beispielhaft. Das habe zu millionenfachen Verwundungen geführt und beeinträchtige die Erzählung, wonach die deutsche Einheit eine strahlende Meisterleistung gewesen sei. Die bundesdeutsche Marktwirtschaft folgte eigenen Spielregeln und nicht schwarz-rot-goldener Euphorie.

Böick schilderte die Sichtweise vom Standpunkt der Stadt Bochum aus, wo der Osten ein relativ abseitiges und im Zweifel abgegriffenes Thema ist. „So geraten Krisen und Konflikte der 90er-Jahre aus dem Blick, auch in der Wissenschaft.  Dabei müssen wir stärker hinschauen und die ostdeutsche Umbrucherfahrung in den Blick nehmen.  Allerdings ist das keine reine ostdeutsche Geschichte. Gerade auch in der Treuhand verbinden sich Ost und West. Das ist deutsche und letztlich europäische Geschichte.“ ++ (od/mgn/28.06.18 – 160)

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