Ursachenforschung zum Vertrauensverlust der Medien

Leipzig, 17. August 2018 (ADN). Der Medienwissenschaftler Uwe Krüger von der Universität Leipzig hält es für notwendig, die Kommunikationswissenschaft zu revolutionieren. Das fordert er in seiner jüngsten Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „Publizistik“. Darauf weist die Universität Leipzig am Freitag in einer Pressemitteilung hin. „Die einen rufen Lügenpresse, die anderen rufen Verschwörungstheoretiker“. Es sei ein Schlagabtausch zwischen rechten und linken Lagern mit dem Mainstream. Denn sie stünden den etablierten Medien zunehmend kritisch bis ablehnend gegenüber. Die Mainsteam-Medien würden von der Regierung kontrolliert, sagten die einen, Journalisten steckten mit den politischen Eliten unter einer Decke, wüssten die anderen. Beide Seiten stützten sich auf die Krüger’schen Forschungsergebnisse. Er selbst meint, damit keine Probleme zu haben. „Natürlich pickt sich jeder nur die Fakten heraus, die die eigene Argumentation stützen. Aber es herrscht Meinungsfreiheit.“ Er persönlich sehe das als Anstoß für einen notwendigen Diskurs. Nach seiner Untersuchung der Nähe von namhaften Journalisten zu politischen und wirtschaftlichen Eliten stellt er die These auf: Die Leitmedien geben oft nur den Diskurs des Establishments wieder, schauen aber nicht darüber hinaus und hinterfragen nicht kritisch.

Die Kommunikationswissenschaft muss nach den Worten von Krüger auf diese Entwicklung reagieren. „Neben einem kritischen Journalismus brauchen wir auch eine kritisch-konstruktive Kommunikationswissenschaft. Wir müssen uns den Fragen zuwenden, die für eine Gesellschaft insgesamt relevant sind und müssen uns stärker in die öffentliche Diskussion einbringen“, fordert er. Viel weitreichender seien die Herausforderungen des Klimawandels und der Demokratieerosion, die mit einer wachsenden Ungleichheit und einer Bedrohung von Partizipation und Rechtsstaatlichkeit einhergeht. Dazu veröffentlichte er zusammen mit Prof. Michael Meyen von der Universität München den Artikel „Auf dem Weg in die Postwachstumsgesellschaft. Plädoyer für eine transformative Kommunikationswissenschaft“.  ++ (me/mgn/17.08.18 – 209)

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Zu viele Menschen in Matrix sozialer Medien gefangen

Köln, 13. November 2017 (ADN). Soziale Netzwerke machen das Leben kontrollierbarer und sehr viel ärmer, weil der reale Kontakt fehlt. Diese Auffassung vertritt  der Finanz- und Wirtschaftswissenschaftler Max Otte am Montag in dem von ihm herausgegebenen Medium „Privatinvestor“. Er sei nach wie vor davon überzeugt, dass die großen amerikanischen Technologieunternehmen eng mit NSA & Co zusammenarbeiten. Sein eigenes Facrbook-Experiment habe er vor einigen Monaten bereits wieder beendet. Für ihn gebe es diese Matrix der Medien. Sein Versuch, die Matrix auf Facebook punktuell zu durchbrechen, sei sehr unterschiedlich aufgenommen worden. Erwartungsgemäß sei alles dabei gewesen, von starker Zustimmung bis zu Ablehnung. Es seien zu viele Menschen in dieser Matrix gefangen. Wie sie Funktioniere habe der Journalist Markus Gärtner in seinem  Buch mit dem leider etwas reißerischen Titel „Lügenpresse – Wie uns die Massenmedien durch Fälschen, Verdrehen und Verschweigen manuipulieren“ ausgiebig beschrieben. Sehr treffend habe auch der Psychologe und Psychotherapeut Hans-Joachim Maaz die Rolle von Facebook und Co. charakterisiert.

Die Sozialen Medien verändern nach den Worten von Otte nicht nur gesellschaftliche Strukturen, sondern ebenso die Produktivität und vor allem auch das Denken der Menschen. ++ (me/mgn/13.11.17 – 318)

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„Die Zuschauer sehen alles“ – Journalismus mit zu großer Distanz zur Wirklichkeit

Köln, 14. März 2017 (ADN). „Nahe an den Menschen sind Journalisten nur, wenn sie zu den Menschen gehen. Wenn ich nur in der Redaktion in Köln, Hamburg oder Berlin sitze, werde ich viele Sachen gar nicht mitbekommen“. Dieses Eingeständnis machte der Chefredakteur von RTL Television und Geschäftsführer von Info Network, Michael Wulf, unter dem Schlagwort „Lügenpresse“ in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ), das in der Dienstagausgabe veröffentlicht ist. Vor zwei Jahren hätte der Sender eigens eine Mitarbeiterwohnung eingerichtet, in der Reporter und Redakteure einige Zeit leben und mit den Menschen vor Ort Interviews führen, sich gemeinsam Sendungen ansehen und besprechen, sich im direkten Umfeld umsehen. Derzeit werde das gerade in Chemnitz gemacht, zuvor sei man in Duisburg-Aldenrade gewesen. Dabei bestätige sich immer wieder: Die Zuschauer sehen alles. Damit gab Wulf indirekt zu, dass die Journalisten bislang eigentlich auf Distanz zur Bevölkerung und deren Wirklichkeit gegangen waren und sind.

Zwar ist der Chefredakteur nicht der Meinung, dass es in Deutschland generelle Vorbehalte gegen den Journalismus gibt. Die Menschen erwarteten jedoch von den Medien eine verlässliche Faktenbasis, auf der Politik und andere Themen diskutiert werden können. Erfolge seien nur durch Qualitätsnachrichten zu erreichen und aufrechtzuerhalten. Wer bei Facebook, Twitter, Instragram oder Snapchat unterwegs sei, dem falle es nicht so leicht, zwischen Fake News, Informationen mit gewissem kommerziellem Hintergrund und echten Nachrichten zu unterscheiden. ++ (me/mgn/14.03.17 – 069)

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„Sturmgeschütz der Demokratie“ angerostet

Hamburg, 4. Januar 2017 (ADN). Das Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ begeht am Mittwoch seinen 70. Geburtstag. Wo ? An den Schreibtischen – befasst mit journalistischen Recherchen, lässt die stellvertretende Chefredakteurin, Susanne Beyer, im Morgenmagazin der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten zu Wochenbeginn wissen. Die eigentliche offizielle Feier steige am Freitag im Rathaus der Hansestadt. Die Journalistin klingt angefressen. Wahrscheinlich wegen der Generalkritik des Publikums, die unter dem Begriff „Lügenpresse“ Karriere macht und – bedauerlicherweise – auch vor dem selbsterklärten Prinzip der unvergleichlich kritischen Grundposition des Nachrichtenmagazins nicht Halt macht. Darüber und, dass die Redakteure des angesehenen Hamburger Mediums in einen Topf mit all den anderen Medien geworfen werden, sind die Spiegel-Mitarbeiter offenbar äußerst betrübt und zermartern sich die Hirne über die Ursachen dieses Phänomens. Unausgesprochen schwingt die große Enttäuschung mit, nicht mehr als Ausnahmeerscheinung unter den zahlreichen Medien wahrgenommen zu werden. Augenscheinlich hat das „Sturmgeschütz der Demokratie“ in den 70 Jahren seiner Existenz Rost angesetzt und keiner weiß so genau, wann und warum dieser Verrottungsprozess eingeläutet worden ist. Auch wenn seine Verbalwaffen aus allen Rohren schießen, nehmen es scheinbar immer weniger Leser wahr oder ernst. Das nagt ungeheuer am Selbstbewusstsein des Printmediums, dem über Jahrzehnte hinweg die Inhaberschaft der absoluten Wahrheit nachgesagt wurde. Dieser Ruf welkt nun still dahin, zumal bestimmte Tatsachen ohnehin die Relativität des Magazins bestätigen. „So wurden wir angefangen“ gesteht Gründer Rudolf Augstein nüchtern ein. Letztlich war das Ganze nicht aus eigenem Antrieb entstanden, sondern es war ein Geistesblitz der britischen Militärregierung in Deutschland. Sie gaben die Lizenz und Augstein übernahm die Erlaubnis und bemühte sich, bereits bestehende britische und amerikanische Vorbilder zu kopieren. So gelangte „Der Spiegel“ insbesondere zu Zeiten des Kalten Krieges zu Ruhm und Ehre. Danach schmolz der Sockel unter dem medialen Denkmal beträchtlich und der Heiligenschein erlitt immer mehr Kratzer. Sogar Fälle von Selbstverleugnung sind zu verzeichnen. Beispielsweise konnte oder mochte sich Ex-Chefredakteur Stefan Aust vor einem Jahr nicht mehr an die unter seiner Verantwortung entstandene Schwerpunktausgabe unter dem Titel „Die Islamisierung Deutschlands“ erinnern. ++ (me/mgn/04.01.17 – 004)

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Erste Recherche-Übersicht zu Falschnachrichten – Minster de Maziere mit zwei Fake-News vertreten

Hamburg, 29. Dezember 2016 (ADN). Eine Elf-Monatsbilanz präsentierten Internet-Protagonisten am Donnerstag auf dem Chaos Communication Congress (33C3) in Hamburg über ihre Recherchen zur Verbreitung von Falschnachrichten zu Flüchtlingen im deutschsprachigen Raum. Socialmedia-Redakteurin Karolin Schwarz und Softwareentwickler Lutz Helm, die unter der Bezeichnung Hoaxfam als Freizeitmedienwissenschaftler tätig sind und dies als erstes bürgerschaftliches Engagement auf diesem Sektor betrachten, haben im Zeitraum von Februar dieses Jahres bis Jahresende 436 Falschnachrichten aus dem Internet gefiltert. Der Test auf deren niedrigen oder völlig fehlenden Wahrheitsgehalt erfolgte nach ihrer Aussage vor allem in lokalen Medien, in Polizeidienststellen und in Landratsämtern.  Die meisten Fake-News haben Bayern mit 90, Nordrhein-Westfalen mit 72 und Baden-Württemberg mit 54 Falschnachrichten aufzuweisen. Bezogen auf die Einwohnerzahl – also pro Kopf – entfielen die meisten Fake-News auf Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Bei etwa 200 Falschnachrichten habe sich keine präzise Quelle ermitteln lassen. Jedoch seien in genau 50 Fällen die Unwahrheiten aus Falschaussagen bei der Polizei zurückzuführen gewesen. Besonders stark brodelte die Gerüchteküche im September 2015 nach den Ereignissen am Budapester Hauptbahnhof und im Januar 2016 infolge der Vorgänge in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof.

Schwarz betonte, dass Falschnachrichten kein neues Phänomen sei. Bereits 1994 habe unter dem Label der Nachrichtenagentur AP die Behauptung, Mikrosoft kaufe die Katholische Kirche, die Runde gemacht und großes Interesse geweckt. Allerdings hätten die Auswirkungen von Internetgerüchten in diesem zu Ende gehenden Jahr 2016 neue Dimensionen erreicht. Der ministerielle Plan, ein „Abwehrzentrum gegen Desinformation“ zu bilden, ein „Wahrheitsministerium“ zu installieren und gesetzliche Regeln gegen Falschnachrichten zu erlassen, hält Schwarz  für mehr als absurd. Als schlagenden Beweis zugunsten ihrer Ansicht nennt sie Bundesinnenminister Thomas de Maiziere, der selbst als Urheber von zwei Falschmeldungen von Hoaxfam idenifiziert wurde und so Eingang in die Fake-News-Liste gefunden hat. Im Übrigen habe Österreich bereits vor Jahren ein dementsprechendes Gesetz in Kraft gesetzt, es aber Ende 2015 wieder abgeschafft, weil es keinerlei Prozesse bzw. Verurteilungen nach sich gezogen hatte. Völlig abwegig sei der Vorschlag aus deutschen Politikerkreisen, einen separaten Straftatbestand der Desinformation zu konstruieren. ++ (me/mgn/29.12.16 – 354)

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Österreichs höchstes Gericht bestätigt: Journalismus generell käuflich – Glaube an unabhängige Medien erlischt

Wien, 22. November 2016 (ADN). Gefälligkeitsartikel brauchen nicht mehr als solche in der Presse gekennzeichnet zu werden. Das bestätigte Österreichs Oberster Gerichtshof (OGH) vor wenigen Tagen in Wien in einem Urteil zu einem Rechtsstreit zwischen zwei im Burgenland vertriebenen Gratiszeitungen. Der Entscheidung zufolge halten die Leser Zeitungsartikel samt und sonders ohnehin für gekauft, tendenziell, gefärbt, beeinflusst, subjektiv, gelenkt und manipulativ. Gefälligkeitsartikel, die im Gegenzug für gebuchte Inserate erscheinen, müssten nicht als Werbung deklariert werden. Es bestehe dafür keine gesetzliche Kennzeichnungspflicht. Das als „Schleichwerbung“ beanstandete Verhalten der beklagten Partei in redaktionellen Beiträgen sei nicht unlauter. Der auf Informationen der österreichischen Nachrichtenagentur APA basierende Bericht des Portals derStandard.at zitiert aus dem Urteil: „Der durchschnittlich aufmerksame und kritische Leser geht heute davon aus, dass auch redaktionelle Beiträge in periodischen Medien nicht neutral sind und keine absolute Objektivität in Anspruch nehmen können, weil sie von – zumeist auch namentlich genannten – Journalisten stammen, die ihre persönliche Meinung zum Ausdruck bringen, sei es in politischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Belangen.“ Gegenüber dem STANDARD äußerte die Vorsitzende des österreichischen PR-Ethikrates, Gabriele Faber-Wiener, dass das Urteil „Tür und Tor für Koppelungsgeschäfte und damit für das Täuschen des Lesers öffnet.“ Es werde den Status der Medien als Korrektiv unterminieren und in Frage stellen. Die Entscheidung sei demokratiepolitisch bedenklich.

Um mehrere Stufen alarmierter und schriller ist das Echo auf das OGH-Urteil in bundesdeutschen Medien, sofern sie darüber überhaupt informieren. So ächzt und klagt der Deutschlandfunk laut: „Der Anfang vom Ende ! Keiner glaubt dann mehr an unabhängige Berichterstattung. Wenn das die Populisten mitkriegen, gute Nacht, vierte Gewalt !“  ++ (me/mgn/22.11.16 – 319)

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Zweischneidiger Bürgerjournalismus – Politik- und Mediennomenklatura im Sinkflug

Berlin, 13. November 2016 (ADN). Die Krise der Medien ist unübersehbar.  Dafür steht nicht nur der ungeheuerliche und inzwischen gängige Begriff „Lügenpresse“,  sondern auch die – wie die Gesellschaft überhaupt – deutlich sichtbare Spaltung in den Bereich der wohlhabenden Politik- und Medien-Nomenklatura einerseits und in den innerhalb der immer prekärer lebenden Einwohnermasse aufstrebenden Bürgerjournalismus. Ersterem droht der Sinkflug durch rapiden Vertrauensverlust. Schon vor mehr als 40 Jahren beschrieb der Amerikaner Timothy Crouse diesen Sektor so: „Die ganze Gruppe war im selben mobilen Dorf isoliert, und nach einer Weile begann jeder an die gleichen Gerüchte zu glauben, alle hatten die gleiche Theorie, und alle schrieben die gleichen Texte.“ Den Gegenpol dessen vertritt der Bürgerjournalismus, dem durch das Internet ungeheure Chancen zufallen. Ein kleiner Mosaikstein ist die jetzt offiziell eröffnete, in Dresden beheimatete Internet-Plattform „Crowdgezwitscher“. Allerdings krankt sie von Geburt an. Es fehlt ihr an Unvoreingenommenheit. Sie hat nämlich politische Prämissen gesetzt. Es soll ein Netzwerk von mobilen Reportern entstehen, die unter Einhaltung von journalistischen Standards von fremdenfeindlichen Kundgebungen in Sachsen berichten. Die Zweischneidigkeit dieses konkreten Vorhabens belegt die Bemerkung des Mitgründers Alexej Hack, dass der Bürgerjournalist nicht den „Schutz des Presseausweises“ genießt und dadurch gefährliche Situationen entstehen könnten. Eine solche Position zu haben, bedeutet, die Existenz von zweierlei Meinungs- und Pressefreiheiten zu akzeptieren – eine für die Inhaber von Spezialausweisen, die eine journalistische Professionalität vorgaukeln, und eine für den als Laien identifizierten und disqualifizierten Otto-Normalverbraucher. Diese Trennung eines nicht teilbaren Grundrechts sieht Artikel 5 des Grundgesetzes jedoch nicht vor. Zur Klärung zugunsten echten Bürgerjournalismus‘ lohnt sich ein tiefer Blick in die Zeit des deutschen Vormärz. Im Übrigen sind die Prognosen diametral entgegengesetzt. Journalismus-Forscher Tom Rosenstiel zufolge wird sich der Bürgerjournalismus nicht lange halten lassen. Ein anderer Medienforscher, Jay Rosen aus New York, ist völlig anderer Auffassung. Er spricht von einer „Realität, die nicht verschwindet“.++ (me/mgn/13.11.16 – 310)

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Lachmanns Fall bestätigt Vorwürfe des käuflichen Journalismus

Berlin, 15. Februar 2016 (ADN). Der am Wochenende bekannt gewordene Rausschmiss von Günther Lachmann aus der Redaktion der Tageszeitung „Die Welt“ wird medial am Montag nur knapp vermeldet, spärlich oder gar nicht kommentiert. Offensichtlich ist die von „Welt“-Chefredakteur Stefan Aust ausgelöste fristlose Kündigung noch zu frisch, um sich als Seinesgleichen der Berufsgruppe aus den eigenen Reihen zu positionieren. Eine von wenigen Ausnahmen ist „Der Tagesspiegel“. Vielleicht gehen etablierte Presseunternehmen und ungezählte Journalisten – insbesondere die als sogenannte Edelfedern durch die irdischen Medien-Gefilde pilgern – in sich und entdecken insgeheim ähnliche institutionelle oder persönliche Verstrickungen in solchen Netzwerken, in denen sich der „Teilzeit-Pressestrategie-Berater“ Lachmann nun verfangen hat. Bei genügend Transparenz, Unabhängigkeit und Ehrlichkeit könnte sich wieder mal ein bislang unentdeckter Eisberg erheben, auf dessen Spitze derzeit Günther Lachmann sitzt. Aber auch diese Illusion und Hoffnung auf  radikale Aufklärung dürfte schnell zerschmelzen.    

Die Hintergründe des Falls Lachmann zur Käuflichkeit von Journalisten geben denen Anlass sich bestärkt zu fühlen, die der „Lügenpresse“ kein Vertrauen mehr entgegenbringen, sich von ihr ab- und den tausenden nicht prominenten Informationsalternativen im Internet zugewandt haben.  Lachmanns Fall bestätigt einen Großteil an Vorwürfen und Voruteilen gegenüber der klassischen Medienlandschaft und ihrer Korrrumpierbarkeit in schillernder Weise. Das Kungeln mit Parteien und mächtigen Interessengruppen ist Gang und Gäbe. Beweise gibt es genügend. Allerdings wird ihnen nicht nachgegangen. Dass es sich auch nicht um Ausnahmen und die berühmten Einzelfälle handelt, belegt der Masseneinkauf von Redakteuren in Zeitungen, Rundfunk und Fersehen der DDR unmittelbar nach deren Ende. Die Zeitungsverlage waren die begehrteste und heiß umkämpfte Ware der Treuhandanstalt. Sie wurden als allererste verhökert.

Wildes Sträuben und orientierungslose Ursachenforschung in dieser äußerst brisanten Angelegenheit – wie die gerade vom ehemaligen „Sturmgeschütz der Pressefreiheit“ betriebene lassen wenig Aussicht auf Besserung erkennen. „Der Spiegel“ reflektiert allerdings zu Recht die Weisheit des österreichischen Fernsehmoderators Armin Wolf. Nach dessen Meinung kennen Journalisten den Alltag vieler Milieus kaum noch und nehmen soziale Konflikte am unteren Rand der Gesellschaft nicht mehr direkt wahr. Der Ratlosigkeit des hierarchie- und machtgelenkten Journalismus ob des Realtätsverlustes und des abhanden gekommenen Bezugs zur Masse der Bevölkerung widmet das Hamburger Nachrichtenmagazin den Schwerpunktbeitrag seiner jüngsten Ausgabe. Wege aus der medialen Krise werden nur punktuell angedeutet. Das Vertrauen der Leser, Hörer und Zuschauer zurückzugewinnen, ist eben kein betriebswirtschaftlicher, von Markt-Effizienz bestimmter Vorgang und schon gar kein im Zeitraffertempo zu bewältigender Akt. Unabhängig erlangte Informationen sind ein ganz besonderer Stoff und keine übliche Markenware. Es liegt ein langes und tiefes Jammertal vor den öffentlichkeitsarbeitern, die eng mit dem politischen und kommerziellen Estabkishment in den gesellschaftlichen Führungsetagen verzahnt sind. Es zu durchschreiten, wird tiefe Spuren in der Gesellschaft hinterlassen. Die Gewinnaussichten für  Bürgersinn, Zivilcourage und Selbstbewusstsein dagegen wachsen. ++ (me/mgn/15.02.16 – 046)

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