JuSo-Vorsitzender Kühnert will SPD vorm Verschwinden retten

Leipzig, 9. Februar 2018 (ADN). „Wenn sozialdemokratische Parteien verschwinden, dann fallen keine neuen vom Himmel, sondern es bleiben Leerstellen.“ Mit diesem dramatischen Satz schloss der Bundesvorsitzende der Jungsozialisten (JuSo), Kevin Kühnert, am Freitagabend in Leipzig den ersten Tag seiner gegen die Große Koalition gerichtete Kampagnentour. Mit dieser düsteren Perspektive, die in einigen europäischen Ländern bereits Wirklichkeit geworden ist, verband er regelrecht beschwörend den Zusammenhalt der deutschen Sozialdemokraten. Die Partei müsse beieinander bleiben. Ihr sei die Treue zu halten.

In der teilweise leidenschaftlichen Diskussion mit SPD-Mitgliedern aller Altersgruppen überwogen die Konjunktive. Es wurden diverse Konstellationen von Großer Koalition, CDU-Minderheitsregierung über Dreierbündnisse bis hin zu Neuwahlen durchgespielt. Dabei legte Kühnert immer Wert darauf, dass es ohne eine grundlegende Erneuerung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands nicht geht. Die Sachdebatte anhand des vorliegenden Koalitionsvertragsentwurfs und des SPD-Programms wurde so streng geführt, dass der zwei Stunden zuvor öffentlich gewordene Verzicht des Parteivorsitzenden auf das Amt des Außenmministers gar nicht zur Sprache kam. Nicht einmal der Name Martin Schulz fiel zu irgendeinem Zeitpunkt.

„Das Wahlergebnis war eine solche Klatsche, das wir nicht mehr so weitermachen können“, warnt Kühnert und verwies auf den geradezu schreienden Jubel, als unmittelbar danach die Oppositionsrolle verkündet worden war. Ein Unterschied zur Union sei nicht mehr zu erkennen. Um den Erneuerungsprozess der SPD einzuleiten, müsse zuvor eine gründliche Programmdebatte geführt werden. Dem solle eine Diskussion über die Personen folgen. Ihm sei aufgefallen, dass es eine zu enge Verquickung zwischen Bundestagsfraktion und Parteivorstand gibt. Im Vordergrund müssen die sozialen Sicherungssysteme stehen. Die Diskrepanz zwischen dem, was in Koalitionspapieren aufgeschrieben wurde und was in Wirklichkeit passiert, sei verhehrend und krass. Am Beispiel der Rüstungsexporte verdeutlichte er das. Nach dem Koalitionsvertrag der zurückliegenden Legislatur sollten sie sinken. Das Gegenteil ist eingetreten. Kühnert nannte es perfide, dass sich gerade jetzt Türken und Kurden mit deutschen Waffen gegenseitig beschießen. Rechtsanwältin und SPD-Mitglied Heike Böhm machte spontan den Widerspruch deutlich, indem sie aus dem jetzigen Koalitionsvertragsentwurf zitierte: „Wir wollen weiterhin weniger Waffen exportieren.“ Desweiteren führte sie den hohen Mitgliederverlust auf die seit SPD-Kanzler Gerhard Schröder praktizierte neoliberale Politik zurück. Diese werde nach dem jetzigen Vertragspapier einfach weitergeführt, lautet ihr Vorwurf. So sei keine Erneuerung der SPD denkbar. ++ (sp/mgn/09.02.18 – 040)

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Heftige Proteste in Südamerika gegen türkischen Präsidenten

Quito, 6. Februar 2016 (ADN). Gegen den Besuch des türkischen Präsidenten Recep Erdogan in Ecuador gab es heftige Proteste. Das meldete das Nachrichtenportal amerika.de am Sonnabend. Studenten kritisierten die türkische Staatsmacht  wegen ihres brutalen Umgangs mit den Kurden. Der Abgeordnete der Regierungspartei Ecuadors, Diego Vintimilla, wurde bei den Demonstrationen duch türkische Sicherheitsbeamte verletzt. 

Ecuador ist die letzte Station der Erdogan-Reise durch Lateinamerika, die ihn zuvor nach Peru und Chile führte. Ecuadors Präsident Rafael Correa erwartet wichtige türkischen Investitionen in seinem Land. So gut wie perfekt ist, die Nutzungsrechte des Pazifikhafens Puerto Bolivar an ein türkisches Unternehmen zu übertragen. Der Handel zwischen der Türkei und Lateinamerika hat sich in den letzten zehn Jahren verachtfacht. Das Handelsvolumen soll bis zum Jahr 2023 verdoppelt werden.  ++ (pl/mgn/06.02.16 – 037)

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Autonome Kurdenregion Rojava experimentiert mit Demokratie ohne Staat und politischer Selbstverwaltung

Den Haag, 27. Januar 2016 (ADN). „Wir arbeiten an einem Treffen ‚Stateless Democracy“ in den Niederlanden, bei dem es darum geht, den Status der Demokratie so zu definieren, dass er nicht mehr demografisch limitiert ist“. Das erklärte der niederländische Künstler Jonas Staal in einem am Mittwoch in der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) veröffentlichten Interview. Eingeladen seien Gruppen der linken, in Griechenland regierenden Partei Syriza bis zu autononomen Gruppen, die versuchen, die Stadt wie einen Staat zu regieren. Die Philosophie von Autonomie versus Staatlichkeit werde jetzt häufiger in der Praxis umgesetzt. „Schon weil sich Strukturen wie die Europäische Union nicht mehr weiter reformieren lassen, selbst wenn sie das wollten“, erklärt Staal.

Der Niederländer hat in der autonomen Kurdenregion Rojava, die im Jahr 2014 in kurdischen Gebieten im Norden Syriens eine eigene Verwaltung etablierte, ein Parlamentsgebäude errichtet und zugleich ein Gipfeltreffen organisiert. Auf diesem „New World Summit“ diskutierten internationale Delegierte das Konzept einer autonomen Region als Modell. Sechs Teams thematisierten an zwei Tagen die Arbeitsbereiche Konföderalismus, Frauenbewegung, Selbstverteidigung oder Säkularisierung. Für jeden der Bereiche waren jeweils ein Sprecher aus der Regierung der autonomen Regierung von Rojava und ein Vertreter aus einer anderen Region zusammengespannt. Dazu gehörten Repräsentanten des National Democratic Movement auf den Philippinen, Entsandte des Amazigh-Weltkongresses aus Lybien und Katalanen von der Candidatura  d’Unitat Popular oder der Scottish National Party. 

Bereits im Jahr 2012 hatte beim ersten dieser Gipfel während der Berlin Biennale die Kurdin Fadil Yildirim von der türkischen Frauenbewegung vom Ideal der politischen Selbstverwaltung berichtet. „Alles was später in Rojava umgesetzt wurde, war damals also als Idee schon entwickelt, wie beispielsweise die Ablehnung des Staates, die auch von Öcalan schon formuliert wurde“, erläuterte Staal. Es gehe dabei um ein permanent tagendes Parlament, das sich von der Idee des Staates ablöst. Vorher habe es solche Versammlungen immer im Theater und an Kunstorten gegeben. Aber der Summit sei so angelegt, dass er auch in der Welt der Politik funktioniert.  ++ (de/mgn/27.01.16 – 027)

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