Kirchen flossen 17 Milliarden Euro aus Staatskassen seit 1949 zu

Hildesheim/Berlin, 13. März 2017 (ADN). Während sich die deutschen Oberhäupter der evangelischen und katholischen Kirchen in Hildesheim am Wochenende in den Armen lagen, um möglichst viel Einigkeit im Zeichen der 500jährigen Reformation zu demonstrieren, wurde unmittelbar zuvor ein seit langem schwelendes Eitergeschwür aufgestochen. Es geht um die vor mehr als zwei Jahrhunderten an die beiden christlichen Kirchen fließenden Entschädigungszahlungen aus den Staatskassen. Die Tageszeitung „junge Welt“ (jW) berichtet am Montag von einer spätabendlichen Bundestagssitzung, auf der ein Antrag der Linkspartei abgeschmettert worden ist, der die Einstellung dieser Staatsleistungen an die beiden Religionsgemeinschaften fordert. Dazu war die Bildung einer Expertenkommission vorgeschlagen worden. JW erläutert Hintergründe: „Formal handelt es sich Entschädigungsleistungen für Besitztümer, die ihnen im Jahr 1803, also vor mehr als 200 Jahren, von den deutschen Fürsten entzogen wurden. Schon damals war festgelegt worden, dass der Klerus dafür durch langfristige Zahlungen abgefunden wird. Allein für 2017 wird sich das, was die Kirchen auf dieser uralten rechtlichen Grundlage erhalten, nach Rechnung des Politologen Carsten Frerk auf 524 Millionen Euro summieren“.

Nach Angaben des Humanistischen Verbandes flossen seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland (BRD) im Jahre 1949 mehr als 17 Milliarden Euro aus den Staatskassen an die beiden Großkirchen. Es handele sich dabei um Mittel, für die, anders als bei der Finanzierung von Kliniken, Kindergärten und Altenheimen, keine Gegenleistung erbracht wird. Diese zeitlich unbegrenzten Direktzahlungen seien nur eines von vielen Privilegien der christlichen Kirchen. Sie abzuschaffen, habe bereits vor 100 Jahren die Weimarer Verfassung von 1919 verlangt und auch das Grundgesetz sehe das in Artikel 140 vor. Eine solche finanzielle Abhängigkeit und Einseitigkeit widerspricht im Übrigen dem Prinzip der Trennung zwischen Staat und Kirche. ++ (ki/mgn/13.03.17 – 068)

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Jährlich 250.000 Auslandspatienten in Deutschland – Medizintourismus mit Verwerfungen

Bonn/Berlin, 24. November 2015 (ADN). In der Bundesrepublik Deutschland (BRD) lassen sich pro Jahr rund 250.000 Patienten aus dem Ausland ärztlich behandeln. Davon sind 100.000 stationäre und 150.000 ambulante medizinische Betreuungsfälle. Diese Zahlen stammen aus der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg und wurden am Dienstag in Berlin bei einem gemeinsamen Pressegespräch des Bonner Stadtbezirks Bad Godesberg, der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung (gif) und des Deutschen Mieterbundes bekannt gegeben.  Der auf diese Weise als eigenständiger Zweig entstehende Medizintourismus nach Deutschland wächst nach Berechnungen der Hochschule jährlich um acht Prozent. Diese Rate lasse sich durchaus mehr als verdoppeln, wenn eine solche Art der Gesundheitsversorgung systematisch und zielgerichtet gelenkt wird.

Als fast völlig vernachlässigte Feldkomponente gilt der Tatbestand, dass jeder der direkt betroffenen Patienten von zwei bis drei Personen begleitet wird und dann vor Ort nach einer zeitweiligen Unterkunft sucht. Das führe zu unkontrollierten Verwerfungen auf dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt. Derzeit profitieren von dieser bislang unbeachtet gebliebenen Wohnungsnachfrage private Haus- und Wohnungseigentümer, die auf diese Weise häufig ungeeigneten Wohnraum zu völlig überhöhten Preisen vermieten. Wie das in der Praxis abläuft und zu welchen Auswüchsen das führen kann, schilderte die Bezirksbürgermeisterin des Stadtbezirks Bonn-Bad Godesberg, Simone Stein-Lück, anhand eines Extrembeispiels.  Der Vermieter einer 45 Quadratmeter großen Wohnung habe für die Unterkunft von Begleitpersonen aus Saudi-Arabien 6.000 Euro pro Monat kassiert und – nachdem diese ihren Aufenthalt in Bad Godesberg verlängern wollten – 12.000 Euro monatlich gefordert. Um solchem Treiben mit Wuchermieten einen Riegel vorzuschieben, habe die Verwaltung von Bad Godesberg einen Aktionsplan verabschiedet. Teil dessen sei eine Zweckentfremdungsverordnung, derzufolge regelmäßiges Vermieten von Wohnraum an Medizintouristen genehmigungspflichtig ist. Ähnlich gehen Städte wie Münster und Dortmund in Norrhein-Westfalen vor.

Der Vorsitzende des Deutschen Mieterbundes in Bonn, Bernhard von Grüning, erläuterte insbesondere die steuer- und finanzpolitischen Aspekte des Problemfeldes. Deutschland müsse ein hohes Interesse daran haben, Medizintouristen aufzunehmen. Das gelte auch für die Kommunen, die mit den Einnahmen aus dem Gesundheitstourismus den Bestand ihrer Kliniken sichern.

Prof. Erich Limpens, Leiter des gif-Arbeitskreises „Service-Immobilien“ präsentierte einen Leitfaden, der ausländischen Gesundheitstouristen helfen soll, die „Komplexität der Wohnungsanmietung“ in Deutschland zu verstehen. er soll in diverse Sprachen übersertzt werden.  ++ (wo/mgn/24.11.15 – 319)

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