Gesine Schwan besorgt über Demokratie in Visegrad-Staaten

Berlin, 1. April 2020 (ADN). Die Präsidenten von Polen und Ungarn, Kaczynski und Orban, wollen ihre Macht sichern. Das stellt die SPD-Prominente Gesine Schwan in einem Deutschlandfunk-Interview am Mittwoch fest. Dabei werde der polnische Präsident von Ideologie getrieben und Orban von Machttaktik. Beide seien keine überzeugten Demokraten, die Alternativen bejahen und akzeptieren. Der Widerstand in der polnischen Gesellschaft gegen solche Methoden sei allerdings größer als in der ungarischen. Beachtlich sei, dass es gegen eine derartige Entdemokratisierung eine Allianz der Hauptstädte in den Visegrag-Staaten gibt.

In diesem Zusammenhang rät Schwan dazu, die Präsidentschaftswahlen in Polen am 10. Mai dieses Jahres zu verschieben. Nur so würden Gegenbewerber des PiS-Kandidaten Andrei Duda eine faire und gleichberechtigte Chance im Rennen um die Amtsinhaberschaft an der Staatsspitze haben.  ++ (vs/mgn/01.04.20 – 089)

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Krieg nach innen und nach außen

Berlin, 15. Januar 2019 (ADN). „Es ist ungeheuerlich, was alles passiert: nach außen die Aufrüstung, die Inszenierung der Kriege, und nach innen die Attacken im sozialen Bereich, bei Renten und Löhnen, aber auch die Verschärfung von Polizei- oder Psychiatriegesetzen oder die Zumutungen in der Krankenversorgung“. Diese Generalkritik äußerte Klaus-Jürgen Bruder vom Wissenschaftsbereich Psychologie der Freien Universität (FU) Berlin in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der Zeitung „junge Welt“ (jW). Gleichzeitig verhielten sich Intellektuelle jeder Profession – seien es Juristen, Psychologen, Mediziner und auch im Medienbereich – so, als sei nichts. In diesem Sinne seien sie Stützen dieser Gesellschaft. Ein Symptom der Unzufriedenheit mit diesem Zustand stelle das Auftreten der „Aufstehen“-Bewegung dar. Mit der Politik des militärischen Engagements, die als Verteidigung umdefiniert wird, werde die Verantwortungslosigkeit Verantwortung genannt. Darauf ziele die Aufrüstung der Bundeswehr, die grundgesetzwidrigen Rüstungsexporte und auch die Propagierung einer EU-Armee. Mit einer solchen Verkehrung der Verantwortungslosigkeit werde die überrumpelte Bevölkerung zum Tölpel gemacht. Die Kehrseite des Krieges nach innen bilde eine lange Liste: von den Hartz IV-Gestzen, dem Sozialabbau, über die Zerstörung der Infrastruktur durch Privatisierungen von Eisenbahn, Krankenhäusern, Bildungseinrichtungen, Wohnungsgesellschaften, bis hin zur Massenarbeitslosigkeit. All diese Machenschaften seien begleitet von ideologischer Weichspülung – einer psychologischen Kriegführung.

Gleichzeitig erweckten Intellektuelle den Eindruck, „Gewissen der Nation“ zu sein. Sie führten sich als Kritiker vom Dienst auf, indem sie Regierungen anderer Staaten aufs Korn nehmen – bevorzugt solche, die sich nicht der „westlichen Wertegemeinschaft“ unterordneten. Dazu zählen Russland, China und Kuba. Dabei urteilten sie schamlos assymetrisch, „wenn sie plötzlich den Balken, den sie im eigenen Auge ungerührt mit sich herumtragen, im Auge der anderen zu sehen vermuten.“.    ++ (mi/mgn/15.01.19 – 015)

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Bei Schweden und Finnen galt DDR-Schulsystem als mustergültig

Berlin, 15. November 2018 (ADN). „An unserer Schule waren in den 80-er Jahren oft finnische und schwedische Delegationen zu Gast, die sich unser Schulsystem angeguckt haben und auf dieser Basis  ihr längeres gemeinsames Lernen entwickelt haben.“ So zitiert die „Berliner Zeitung “ am Mittwoch die Lehrerin Regina Kittler, die seit 1978 in der DDR und später in der Bundesrepublik Deutschland als Lehrerin tätig war.  Das DDR-Schulsystem habe mehr zur Chancengerechtigkeit beigetragen. Sie habe sich nach der Wende über das dreigliedrige Schulsytem aus Haupt-, Realschule und Gymnasium gewundert, das damals auch in Ostberlin umgehend eingeführt wurde. Da seien die Schüler sehr früh getrennt und aufgeteilt worden. Erst 20 Jahre später habe die Schulreform das Ende der Hauptschule gebracht. 

Der Lehrerausbildung in der DDR kann Kittler auch jetzt noch viel abgewinnen. Sie lobt Methodikausbildung und Praxisnähe. Es gab Partnerschulen, wo man sich von Studienbeginn an ausprobieren konnte. Bei einer festen Lehrerin konnte die junge Studentin hospitieren und wurde gut betreut von einer Seminargruppenleiterin. Lehrer machten sogar Hausbesuche.

In der DDR gab es überall die gleichen Schulbücher und die gleichen Lehrpläne. Ob Schulgang in Rostock, Berlin oder Erfurt , alles war zeitlich aufeinander abgestimmt. Sämtliche wichtigen Prüfungen waren zentral. Das schuf einen gemeinsamen Wissenskanon und gewisse Verlässlichkeit. Es habe nicht nur einen ideologischen Auftrag gegeben, sondern auch den, ein Fundament an Allgemeinwissen bei den Schülern anzulegen. Die allgemeinbildende Schule war von der Wissensvermittlung her in der DDR besser, meint Kittler. Die Absolventen der 10. Klasse und der Abiturklassen seien mit einem breiteren Wissen ausgestattet worden. Heute gehe es in erster Linie um Kompetenzen. Aber die seien ohne Basiswissen schwer zu erlangen.

Weitere Vorzüge des DDR-Bildungssystems werden genannt und erläutert. Dazu zählt die Polytechnische Ausbildung, also die Praxis- und Berufsorientierung. Auch eine gezielte Eliten-Förderung gab es, beispielsweise in den Naturwissenschaften und in der Mathematik. ++ (bi/mgn/15.11.18 – 299)

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Ungarns Justizminister bezichtigt Westen des geistigen Totalitarismus

Budapest, 11. Oktober 2018 (ADN). „Unsere Weltanschauung ist anders. Wir betonen die Kohäsion der Gesellschaft, unsere historischen Wurzeln, unsere Kultur und nationale Identität. Ungarn vertritt damit Werte, die in Ostmitteleuropa wichtig sind, im Westen aber an Bedeutung verloren haben“. Mit diesen Worten klärt der ungarische Justizminister, Laszlo Trocsanyi, in einem am Donnerstag in der Zeitung „Die Welt“ veröffentlichten Interview über das Auseinanderdriften  grundsätzlicher Gesellschaftsauffassungen zwischen den östlichen und westlichen Mitgliedsländern der Europäischen Union (EU) auf. Im Westen werde – als Folge der Werterevolution der 68er Bewegung – das Individuum vergöttlicht. Ungarn dagegen stelle mit seiner neuen Verfassung von 2011 das Gemeinwesen und die kollektive Identität in den Vordergrund. Da gehe es um das geistige Fundament der Nation. Das habe in Europa eine riesige Diskussion ausgelöst. Die Unterschiede in der Interpretation des Freiheitsbegriffs seien teilweise so groß, dass manchmal gesagt werden muss: Da werden wir uns nicht einigen können. Das sei aber auch gar nicht nötig, denn man müsse voneinander lernen, die Meinung der Anderen zu respektieren. „Wenn eine Ideologie die eigene Sicht den anderen aufzwingt, ist das geistiger Totalitarismus“.

Trocsanyi erläutert das an dem Beispiel der Migration aus Afrika. „Wir waren nie Kolonialmacht und haben auch nicht versucht Demokratie zu exportieren oder andere Staaten zu destabilisieren. Jetzt sehen wir, dass Menschen aus dieser Region nach Westeuropa wollen – nicht etwa zu uns – und dass Westeuropa sie zu uns drängen will, nach dem Prinzip der Solidarität. Unsere Sicht ist, dass hier ein Problem mit uns geteilt werden soll, mit dem wir nichts zu tun haben,“ kritisiert der Justizminister des Balkanlandes. Es gebe verschiedene Arten der Solidarität. In Ungarn studierten auf Staatskosten 6.000 junge Leute aus Afrika, Nahost und anderen fernen Regionen. Außerdem leiste Ungarn Hilfe vor Ort beispielsweise im Libanon und im Irak. Zudem verteidige sein Land auf eigene Kosten seinen Teil der Schengen-Außengrenzen. Auch das sei Solidarität. Ungarn wolle aber nicht gezwungen werden, so zu werden wie die Länder Westeuropas. Dort werde sichtbar, welche Integrationsprobleme entstehen. Ungarn habe eine homogenere Gesllschaft und wolle diese schützen. Auf diese Weise entzünde sich eine Grundsatzdebatte zwischen den Ungarn und den Verfechtern einer „offenen Gesellschaft“ im Westen. Letztere enthalte auch den Multikulturalismus und das Prinzip des Weltbürgers als einzig gutem Bürger. „Wer das will, soll dem folgen – aber nicht von uns fordern, auch so zu werden“, betont der ungarische Spitzenpolitiker. ++ (hu/mgn/11.10.18 — 264)

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Deutschlands und Russlands Sonderwege zur Demokratie

Moskau, 2. Mai 2018 (ADN). „Deutschland und Russland haben etwas gemein. In beiden Ländern entwickelten sich demokratische Strukturen anders als im Rest Europas.“ So beschreibt die aktuelle Ausgabe der „Moskauer Deutschen Zeitung“ (MDZ) die Situation auf dem alten Kontinent. Das besage die „Theorie des Sonderwegs. Anhand eines neuen Sachbuchs geben russische und westliche Forscher neue Impulse zu diesem Thema. Der erste Teil ist dem russischen Kontext des „Sonderwegs“ gewidmet, der zweite Teil konzentriert sich auf das heutige Verständnis des Begriffs in dem Land, in dem sein Ursprung liege, in Deutschland. Die Darlegungen seien für den russischen Leser von aktuellem Interesse, denn zwischen Russland und dem Westen herrscht wieder Eiszeit. Es sei daher nicht verwunderlich, dass es für die russische Bevölkerung immer schwieriger geworden ist, sich mit Europa zu identifizieren. Unter solchen Bedingungen gewinne die Idee des russischen Sonderweges, die schon im 19. Jahrhundert kursierte, erneut an Aktualität.

Die These vom deutschen „Sonderweg“ taucht  – so die Zeitung – als Reaktion auf die Napoleonischen Kriege auf. „Die Kleinstaaten waren weg, doch den Deutschen blieb das, was man nicht wegnehmen kann – Kultur und die Tradition der Universitäten. Später kamen zu den unverwechselbaren ‚Kennzeichen‘ als besondere die Tugenden des Kaiserreichs hinzu: Monarchie, Bürokratie und Militarismus. Das stand im Gegensatz zu den demokratischen Werten anderer europäischer Staaten. Gerade diese Ablehnung des westlichen Modells der politischen Entwicklung zusammen mit dem Wunsch, die verlorene Würde nach dem Ersten Weltkrieg wiederherzustellen, hat die Grundlage für das Aufkommen der nationalsozialistischen Ideologie in Deutschland geschaffen,“ schlussfolgern die Autoren dem Pressebeitrag zufolge. So habe  das Konzept des „Sonderwegs“ einen Beigeschmack bekommen und deshalb werde in Wissenschaftskreise jetzt der Begriff „Eigenweg“ verwendet, um das Selbstverständnis des Landes zu betonen und die nationalsozialistische Ideologie zu isolieren. ++ (de/mgn/02.05.18 – 122)

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Sprachverwirrung babylonischen Ausmaßes

Zürich, 19. April 2018 (ADN). „Es wird der Turm zu Babel im Sturz zu nichts zerfallen“. Mit diesem Zitat aus einem Gedicht des Schriftstellers Johannes R. Becher, der auch den Text der DDR-Nationalhymne verfasste, beendete der Chefredakteur der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ), Eric Gujer, seine Rede auf der Generalversammlung der NZZ. In der äußerst bemerkenswerten, im Wortlaut in der Zeitung veröffentlichten Ansprache bezog sich der Redner darauf, dass bei Becher der Turm zur Metapher des Zweifels an jeder Ideologie wurde, die einen Alleinvertretungsanspruch auf die Wahheit erhebt. Ihm – Gujer – scheine, dass die Menschen heute wieder in Zeiten einer Sprachverwirrung babylonischen Ausmaßes leben. „Wir erleben eine extreme Polarisierung der Meinungen“, sagt und shreibt der Chefredakteur. Die Linke wittere überall Fremdenfeindlichkeit, die Rechte fühle sich von Denkverboten umstellt. Wer das Falsche sagt, werde exkommuniziert. So nehme Demokratie Schaden. ++ (me/mgn/19.04.18 – 109)

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Letzter Amiga-Chef über Wahrheiten und Legenden der DDR-Unterhaltungsmusik

Leipzig, 14. Dezember 2017 (ADN). Wahrheiten und Legenden zuhauf über die DDR-Unterhaltungsmusik und die dahinter stehende Plattenmarke Amiga offenbarte deren letzter Chef Jörg Stempel am Donnerstagabend in Leipzig. Der nunmehr seit 20 Jahren als  Verwalter und emsiger Verwerter des unterhaltungsmusikalischen Erbes der DDR, das aus mehr als 2.200 Alben und rund 5.000 Singles besteht,  räumt mit landläufigen Meinungen und Fehlinterpretationen auf. Dass Platten von weggegangenen Künstlern aus politischen Gründen nicht nachgepresst wurden, ist eine davon. Nach Stempels Worten ging es vielmehr darum, kein Westgeld an die westdeutsche Gema zahlen zu müssen – von Manfred Krug bis Stefan Diestelmann. Dessen dritte Langspielplatte musste wegen der Devisen koplett eingestampft werden. Es waren nämlich bereits 35.000 produziert worden. Nach Stempels Überzeugung waren die Bandagen eher ökonomischer als ideologischer Art. Blödsinn sei es auch, dass die Stasi jeden der Texte mitgelesen hat.

In einem Interview mit der „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) plauderte Stempel, der im Jahr 2005 sein Label 1610 – das war der DDR-Plattenpreis – gründete, über weitere interessante Hintergründe. „Bei den Lizenzplatten machte einer die Amiga-Chefetage oberglücklich: Roger Whittaker. Für ‚Abschied ist ein scharfes Schwert‘ würde er heute mehrfach Platin bekommen. Von den Rockbands lagen die Puhdys in den Verkäufen klar vorn, gefolgt von Karat, City und Silly.“ Deren früh verstorbene Solo-Sängerin Tamara Danz wäre am selben Tag der Leipziger Veranstaltung 65 Jahre alt geworden. Ihr langjähriger Freund Uwe Hassbecker und Sängerin Angelika Mann erinnerten daran mit Gesangs- und Instrumentaleinlagen. ++ (ku/mgn/14.12.17 – 359)

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Neue Welt der Totalitarismen tut sich auf

Paris/Zürich, 29. Januar 2017 (ADN). Die marxistischen Begriffe der Entfremdung und Emanzipation müssen unbedingt wiederbelebt werden. Das verlangt die französische Publizistin Natacha Polony im Titelbeitrag der jüngsten Ausgabe der schweizerischen Wochenzeitung „Zeit-Fragen“. Das System, mit dem die Welt derzeit konfrontiert wird, stelle die Emanzipation der Völker und der einzelnen Menschen wieder in Frage. In Wahrheit habe keine Befreiung von Ideologien stattgefunden. Im Gewande der Selbstverständlichkeit und der Wirtschaftswissenschaft, also im Namen des Pragmatismus, werde heutzutage sehr wohl eine Ideologie gepredigt.

„Es geht nicht darum, zu behaupten, dass der Totalitarismus, den wir erleben, so gewalttätig wäre und vergleichbar ist mit den wirklichen sowjetischen, maoistischen oder nationalsozialistischen Totalitarismen“, so Polony. Es gebe aber einen Soft-Totalitarismus, der nicht auf Zwangsmaßnahmen beruht. Er wirke in gewisser Art genauso entfremdend. Polony, die Vorsitzende des Komitees „Orwell“ ist, erläutert die Motive für dessen Gründung. Die Medien haben bestimmte Themen gar nicht, nur am Rande oder ledglich unter einem bestimmten Blickwinkel behandelt – dem der ultra-liberalen Ideologie. Auf diese Weise würden die wahren Fragestellungen nie ins Zentrum gerückt. Das betreffe beispielsweise den von Karl Marx beschriebenen Unterschied zwischen Basis und Überbau. ++ (gs/mgn/29.01.17 – 029)

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„Die Globalisierung ist tot“ – Politökonomische Reminiszenz aus Bolivien

La Paz/Mexico-City/Havanna, 25. Januar 2017 (ADN). „Die Globalisierung ist tot.“ Das bilanziert Boliviens Vizepräsident Alvaro Garcia Linera nach einem bis zu 500 Jahre zurückreichenden Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung des Planeten Erde. Ursprünglich dem mexikanischen Medium „La Jornada“ entnommen gelangte der lesenswerte Pressebeitrag über das Nachrichtenportal Cubadebate.cu nunmehr in den Blog amerika21.de und bietet eine interessante Sichtweise aus dem Blickwinkel der südlichen Hemisphäre auf das aktuelle Geschehen der nördlichen Halbkugel. Nach den Worten von Linera bricht alles zur großen Verblüffung der „globophilen“ Eliten des Planeten in sich zusammen, was durch die jüngsten Ereignisse wie den Brexit und den Trump’schen Protektionismus anschaulich dokumentiert werde.

Der bolivianische Politiker und Soziologe erläutert seine Feststellung mit ausladenden Argumenten bis hin zum geistigen Rüstzeug des Marxismus. „Es war Karl Marx, der mit der Untersuchung der geographischen Dimension des Kapitalismus begann. Seine Diskussion mit dem Wirtschaftswissenschaftler Friedrich List im Jahr 1847 über den nationalen Kapitalismus und seine Überlegungen zu den Auswirkungen der Entdeckung von Goldvorkommen in Kalifornien auf den transpazifischen Handel mit Asien zeichnen ihn als den ersten und sorgfältigsten Erforscher der wirtschaftlichen Globalisierungsprozesse des kapitalistischen Systems aus“, führt Linera weitschweifig aus. Donald Trump sei nicht der Scharfrichter der siegessicheren Ideologie des freien Unternehmertums, sondern dessen Gerichtsmediziner, der dessen heimliches Dahinscheiden offiziell bestätigt. Das Straucheln der vor 170 einer umfassenden Analyse unterzogenen Globalisierung sei dabei erstmals Anfang des 21. Jahrhunderts in Lateinamerika zu spüren gewesen, schließt der Autor seine politökonomische Reminiszenz. ++ (gl/mgn/25.01.17 – 025)

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„Gelassen bleiben“ – Sternstunde der Psychologen

Berlin/Leipzig, 21. Dezember 2016 (ADN). Die aktuellen terroristischen Ereignisse und das von erkennbar planlos bis mühsam reichende Stochern der Ermittler in scheinbar uferlos wachsenden Täterkreisen rufen die Psychologen auf den Plan. Ihnen schlägt eine Sternstunde. Immer häufiger bevölkern sie Talk-Shows, Diskussionsrunden und Gesprächsforen in den Massenmedien. Sie sollen griffige und einleuchtende Antworten zu den Motivationen der zu Verbrechern gewordenen oder werdenden Menschen geben. Der Sozialpsychologe und Konfliktforscher Ulrich Wagner fixiert die Ursachen im Deutschlandfunk am Mittwoch mit folgenden Sätzen: „Häufig sind es Lebenskrisen, die die Menschen erleben, oder auch hohe massive Gefühle von Ungerechtigkeit, die ihnen oder Gruppen, denen sie sich zurechnen, die sie glauben, das diese Gruppen erfahren. Und diese Kombination Krise-Ungerechtigkeitsgefühl macht anfällig dafür, dieser Krise mit Gewalt Ausdruck zu verleihen. Und wenn ich dann ein Vorbild bekomme, wie wir das in Berlin gesehen haben, dann können Menschen auf diesen Zug aufspringen.“  Das Gefühl abgehängt zu sein, sei eine wesentliche Voraussetzung dafür, terroristische Botschaften anzunehmen. Wer Amokläufer oder Terrorist sein könnte, danach müsse man sich in der Gesellschaft umschauen.

Der Sozialsychologe Immo Fritsche von der Universität Leipzig weist am Vortag auf aktuelle Forschungen hin. „Unsere sozialpsychologischen Studien zeigen tatsächlich, dass Menschen verstärkt ethnozentrisch – also in Gruppen denken und handeln.“ Trotzdem sei es nicht zwangsläufig, dass in bedrohten Gesellschaften Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit profitieren. Es habe sich erwiesen, dass Terrorbedrohung auch zu erhöhter Handlungsbereitschaft für Demokratie, Menschenrechte und Offenheit gegenüber Fremden führen kann.

Die Monatszeitschrift „Psychologie heute“ beschäftigt sich in der Januarausgabe 2017 unter dem Titel „Gelassen bleiben“ mit der „Kunst, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen“. Die Hitze der verbalen politischen und oft ideologischen Gefechte sollte also schnell nüchternen Betrachtungsweisen weichen. Leider verwechseln das insbesondere einige Inhaber politischer Macht damit, Auseinandersetzungen aus dem Wege zu gehen oder einfach zu vermeiden. Ein aktuelles Beispiel liefert Sachsen-Anhalt, wo die Regierenden eine für Januar im Theater Magdeburg geplante Diskussion zwischen dem Innenminister Holger Stahlknecht und dem Vertreter der sogenannten „Neuen Rechten“ Götz Kubitschek ohne tragfähige Begründung einfach absagen. So verhalten sich Kapitulanten, denen es offensichtlich an schlagkräftigen Argumenten fehlt und die  gesellschaftliche Spaltung noch beflügeln. Den auf solche Weise die Flucht ergreifenden Verantwortungsträgern sollte empfohlen werden, sich auf die Couch zu näherer psychologischer Beobachtung zu legen. Jeder der 11.500 im Berufsverband Deutscher Psychologen organisierten Geistes- und Seelenärzte hat gewiss mindestens ein solches Möbelstück, um das politische Establishment ohne Warteliste in einer Reihenuntersuchung auf seinen inneren Gesundheitszustand zu überprüfen. ++ (tr/mgn/21.12.16 – 348)

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