West-Versprechen „Nato um keinen Inch ostwärts ausdehnen“ folgenreich gebrochen

Leipzig, 12. Februar 2016 (ADN). „Unter Jelzin herrschte Raubtierkapitalismus. Namen wie Beresowski oder Abramowisch stehen für die Neureichen Russlands. Sie bereicherten sich maßlos, wurden über Nacht Milliardäre, während die Masse der Russen jeden Tag neu ums Überleben kämpfte.“ Das erklärte der Russland-Kenner und Putin-Biograph Hubert Seipel in einem am Freitag in der „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) veröffentlichten Interview. Der Oligarch Michail Chodorkowski habe es damals auf die Formel „Unser Kompass ist der Profit“ gebracht. Nach den Worten Seipels habe man Wladimir Putin bei dessen Machtübernahme lediglich für einen Verwaltungsfachmann gehalten, eine Art graue Maus. Es bestand die trügerische Gewissheit, dass er die gewinnbringende Privatisierung im Sinne der Oligarchen weiter vorantreiben würde.

Diesem eklatanten Irrtum in der Innenpolitik folgte ein mindestens ebenso großer von Seiten des Auslands. Putins „Brandrede“ auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Jahre 2007 ist nach Meinung von Seipel eine Warnung gewesen und nicht die erste, die nicht verstanden wurde oder nicht verstanden werden wollte. Die Nato als wohl mächtigstes Militärbündnis sei keine Heilsarmee und insofern stelle das eine Kernfrage des neuen Ost-West-Konfklikts dar. „Es gibt keinen schriftlichen Vertrag über die Nichtausdehnung der Nato, aber es hat mündliche Zusagen und Absprachen gegeben“, so Seipel. In einem Vermerk des Auswärtigen Amtes über ein Gespräch von Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher mit seinem russischen Kollegen Eduard Schewardnadse vom 10. Februar 1990 heiße es: „BM (Bundesminister): Uns sei bewusst, dass die Zugehörigkeit eines vereinten Deutschlands zur Nato komplizierte Fragen aufwerfe. Für uns stehe aber fest: Die Nato werde sich nicht nach Osten ausdehnen.“ Am 9. Februar 1990 habe US-Außenminister James Baker im Katharinensaal des Kreml erklärt: Die Nato werde ihren Einflussbereich „nicht einen Inch weiter nach Osten ausdehnen.“

Buchautor Seipel zeigt Verständnis für Putin und Russland, die den verhängnisvollen Bruch der vor 26 Jahren gemachten Zusagen und Versprechen des Westens als endgültige Aufkündigung der offiziell verkündeten strategischen Partnerschaft nach dem Ende der Sowjetunion ansehen. Bestätigung dafür seien in dem 1997 veröffentlichten Buch des ehemaligen USA-Sicherheitsberaters Zbigniew Brzezinskis „Die einzige Weltmacht – Amerikas Strategie der Vorherrschaft“ zu finden. Darin werde präzise der Plan beschrieben, dass die ehemaligen Sowjetrepubliken – und vor allem die Ukraine – aus dem Einflussbereich Russlands herausgebrochen werden müssen, um Moskau geopolitisch zu schwächen. Das Rezept Brzezinskis sei eindeutig: Erst die EU-Mitgliedschaft und dann die Nato-Mitgliedschaft für die Ukraine. ++ (rl/mgn/12.02.16 – 043)

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„Ja, man kann Putin vertrauen !“ – Innenansichten der Macht im Kreml

Bonn, 13. Dezember 2015 (ADN). „Können wir, kann man Putin vertrauen ?“ So lautet die Abschlussfrage von Alfred Schier in einem bemerkenswerten, vom Bonner Fernsehsender ausgestrahlten Interview mit dem Dokumentalisten, Autoren und Journalisten Hubert Seipel. Dessen überzeugte und klare Antwort lautet kurz und knapp „Ja“ !

Seipel, der wie kein anderer Publizist aus der westlichen Hemisphäre sehr oft und lange in den vergangenen fünf Jahre mit dem russischen Präsidenten gesprochen hat und dessen Buch „Putin – Innenansichten der Macht“ soeben erschienen ist, hatte zuvor reihenweise mit unbedachten oder künstlich geschürten Vorurteilen und Fehleinschätzungen über Präsident Putin aufgeräumt. Eine davon besteht darin, er sei Sinnbild des Bösen und habe die Ermordung des Oppositionspolitikers Nemzow angeordnet.  Eine andere Vermutung ist, er wolle ein russisches Großreich errichten. Seipel veweist angesichts all dieser Vorwürfe darauf, dass Russlands Spitzenpolitiker sich in seinen Entscheidungen vor allem von realistischen geopolitischen Verhältnissen leiten lässt. Auf verblüffend eindrucksvolle Art bezieht er sich auf Aussagen und Schriften des seinerzeitigen US-amerikanischen Sicherheitsberaters Zbigniew Brzezinski, der bereits 1997 den geostrategischen Plan der systematischen Erweiterung der NATO auf Staaten Osteuropas und ehemalige Sowjetrepubliken erörtert hat. Genau das sei eingetreten. Deswegen dürfe sich wohl niemand über die Besorgnis Putins über eine solche westliche Expansion wundern. Russische Pläne zur Lösung des Syrien-Konflikts lägen seit Jahren auf dem Tisch. Der Westen habe sie seinerzeit, als dort die Zahl der Todesopfer bereits bei 60.000 lag, verworfen. Nun gebe es in der Region 280.000 Tote und erst jetzt schwenke der Westen auf die fast unverändert gebliebenen russischen Lösungsvorschläge ein. Von den ursprünglich 20 Millionen Einwohnern in Syrien seien inzwischen zehn Millionen Binnenflüchtlinge, zwei Millionen in die Türkei, anderhalb Millionen nach Libanon und eine Million nach Jordanien geflohen. Auch Russland fürchte zu Recht den militanten Islamismus. ++ (gl/mgn/13.12.15 – 338)

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