Westliche Bundesländer imitieren pädagogisches DDR-Modell

München, 20. April 2017 (ADN). Im Herbst dieses Jahres starten sechs deutsche Bundesländer ein pädagogisches Modellprojekt, das in der jüngsten Ausgabe der „Deutschen Handwerks Zeitung“ (DHZ) unter der Überschrift „Handwerker und Abiturient in einem“ überwiegend positiv bewertet wird. Dabei absolvieren die Jugendlichen in nur vier Jahren eine Duale Berufsausbildung und im gleichen Zeitraum machen sie das Abitur. Kurzbezeichnung des Bildungsgangs ist Berufsabitur. Das Pilotprojekt für das Schuljahr 2017/18 beginnt in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Den Bewohnern des neuen Bundeslandes begegnet mit diesem Bildungsprojekt ein alter DDR-Bekannter aus den 60er Jahren. Das Lehrwerkkonzept trat vor 55 Jahren im Schuljahr 1961/62 für die gesamte DDR in Kraft. Dabei legten die Schüler während der vierjährigen Schul- und Ausbildungszeit bis 1968 keinen Zehnklassenabschluss ab. Ab 1965 war dieses Abitur mit Berufsausbildung sogar mit einem monatlichen Lehrlingsentgelt verbunden zwischen 40 und 70 Mark je nach Lehrjahr. In der thüringischen Stadt Eisenach waren für die Abiturienten Kraftfahrzeugschlosser, Koch oder Maurer gängige Ausbildungsberufe.

Der „Erfinder“ dieses beliebten Grundmusters, berufliche und schulische Bildung miteinander zu kombinieren, war der von 1958 bis 1963 amtierende DDR-Volksbildungsminister Alfred Lemmnitz. Er hatte auf diese Weise den Schülern des neusprachlichen A-Zweiges, des naturwissenschaftlich-mathematisch orientierten B-Zweigs und des altsprachlichen C-Zweigs den Zugang zu einer gleichzeitigen Berufsausbildung eröffnet. So mancher, der später nicht studieren wollte, konnte mit seinem Facharbeiterzeugnis gleich direkt – ohne zusätzliche Schritte – ins Berufsleben eines Unternehmens einsteigen.

Für die westlichen Bundesländer, wo die jeweiligen Handwerkskammern dieses Berufsabitur auf dem Weg gebracht haben, ist das Modell völlig neu. Da das Projekt auch in die individuelle Bildungslandschaft des jeweiligen Bundeslandes einzufügen ist, wird es naturgemäß zwischen den Ländern mehr oder minder große Unterschiede geben. Eine einheitliche Lösung gibt es also nicht. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat mit der Kultusministerkonferenz (KMK) drei verschiedene Varianten entwickelt. Laut DHZ ist der im Handwerkskammerbezirk Köln dafür zuständige stellvertretende Geschäftsführer Markus Eickhoff mit den Vorbereitungen zur Einführung des Berufsabiturs zufrieden. Die erste Klasse für Berufsabiturienten sei theoretisch sicher. 18 Betriebe hätten zugesagt und damit gebe es 22 potentielle Ausbildungsplätze. „Jetzt fehlen nur noch die Jugendlichen, die den Ehrgeiz haben, binnen vier Jahren parallel eine handwerkliche Ausbildung und das Abitur zu machen“, so die DHZ. ++ (pa/mgn/20.04.17 – 110)

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IHK-Verweigerer betreuen 50 Gerichtsverfahren zur Rückzahlung von IHK-Mitgliedsbeiträgen – Zwei Milliarden Euro auf der Kippe

Kassel, 13. Juni 2016 (ADN).  Nach Angaben des Bundesverbandes für freie Kammern (bffk) stehen derzeit zwei Milliarden Euro an Beitragseinnahmen in den deutschen Industrie- und Handelskammern (IHK) sowie in den Handwerkskammern (HWK) auf der Kippe. Nach einem vor einigen Wochen vom Bundesverwaltungsgericht veröffentlichten Urteil muss die IHK Koblenz erhebliche Summen an ihre Mitgliedsbetriebe zurückzahlen, weil sie damit rechtswidrig Rücklagen gebildet hat. Übertragen auf die anderen der 79 IHK schätzt der bffk die damit aufgelaufenen rückzahlungspflichtigen Beträge auf 450 Millionen Euro. Dazu kommen noch die auf dieselbe Art zustandegekommenen Geldbeträge in den 55 Handwerkskammern. Nach Informationen der Vereinigung ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wegweisend für die insgesamt 50 laufenden Gerichtsverfahren, die der bffk bundesweit vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit betreut.

Der bffk, der aus der im Jahr 1995 gebildeten Interessengemeinschaft der IHK-Verweigerer hervorgegangen und 1996 in Dortmund als Verein gegründet worden ist, lehnt die Pflichtmitgliedschaft in den IHK und HWK ab. Er residiert seit 2009 in Kassel und wird dort von Geschäftsführer Kai Boeddinghaus geleitet. Zu den Prinzipien des in diesem Jahr 20 Jahre lang existenten Vereins gehören die freiwillige Mitgliedschaft in Kammern, demokratische Wahlen und die Begrenzung der Kammertätigkeit auf bestimmte Aufgaben. ++ (wi/mgn/13.06.16 – 158)

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