Germanien von Cäsar erfunden – Althistoriker bewirbt neuen Volksbegriff

Tübingen, 16. Dezember 2018 (ADN). Der Tübinger Althistoriker Mischa Meier wirbt für einen neuen Volksbegriff. Die Wissenschaft gehe schon länger nicht mehr davon aus, dass Völker unveränderliche Einheiten seien, sagt der Forscher am Sonntag im Deutschlandfunk. Völker hätten keine festen Grenzen mehr. Es seien Migrations- und Veränderungsprozesse in Permanenz zu verzeichnen. Zudem könne auch keine gemeinsame Kultur und kein „Volksgeist“ mehr vorausgesetzt werden. Das „Volk“ sei ab dem 19.Jahrhundert als eine Art Familie betrachtet worden, mit gemeinsamer Herkunft und enger Kohärenz, als eine Gruppe von Menschen, die sich gemeinsam in Bewegung setzen und gemeinsam irgendwo ankommen konnten. Das sei nicht mehr so und werde auch in der Forschung nicht mehr so gesehen. 

Nach dieser Betrachtungsweise  zu urteilen sind die Germanen eine Erfindung des Römers Julius Cäsar. Er hat nach Auffassung von Meier wider besseres Wissen zwischen Kelten und Germanen unterschieden. Im 19. Jahrhundert sei diese Einteilung genutzt worden, um ein deutsches Nationalbewusstsein zu bilden. Auch die Völkerwanderung sei einseitig auf die Germanen zentriert worden, obwohl die Hunnen und die Araber sie maßgeblich mit ausgelöst hätten. ++ (vk/mgn/16.12.18 – 329)

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„Geschlossene“ Balkanroute nach wie vor stärkst frequentierter Fluchtweg – Mehrheitlich Afghanen

Wien, 10. August 2017 (ADN). „Neue Asylzahlen legen nahe: Die als geschlossen geltende Balkanroute ist nach wie vor der am stärksten benutzte Flüchtlingsweg.“ Das teilt das Portal derStandard.at am Donnerstag aus Wien mit. Österreichs Außenminister Sebastion Kurz hatte in einem Interview mit dem Medium erklärt, dass eine totale Sperre „natürlich“ nicht möglich ist. 

Am Grenzübergang Steiermark etwa, wo 2015 der Großteil der Flüchtlinge nach Österreich einreiste, zählt die Exekutive nach wie vor täglich ankommende Menschen. „Sie kommen allein, zu Fuß oder in Autos von Schleppern. Es sind meist Flüchtlinge aus Afghanistan,“ sagt Polizeisprecher Fritz Grundnig. In Summe seien bundesweit im ersten Halbjahr dieses Jahres rund 16.000 „Aufgriffe“ registriert worden. Davon stellten 12.000 Personen Asylanträge, heißt es auf Anfrage des STANDARD im Innenministerium. Verglichen mit den ersten sechs Monaten im „Flüchtlingsjahr 2015“ bedeutet dies ein Drittel der damaligen Asylanträge. Über die alte Balkanroute gelangten unverändert mehr Menschen ins Land als über die Mittelmeerroute. Den derzeit im Fokus der Diskussion stehenden Brenner nutzten im ersten Halbjahr 2017 etwa 4.000 Flüchtlinge, also ein Viertel der registrierten Migranten, zur Einreise. „Das zweitstärkste Bundesland, was aktuelle Flüchtlingszahlen anlangt, sei Wien mit 3.000 neuen Flüchtlingen im Halbjahr. Wobei auch hier die meisten wohl über die alte Balkanroute eingereist seien,“ schreibt der STANDARD. Verwiesen wird abschließend auf einen Bericht des deutschen Bundesinnenministeriums. Danach sind im ersten Halbjahr 2017 knapp 90.400 Asylsuchende registriert worden. Die meisten seien über die eigentlich als versperrt geltende Balkanroute gekommen.

Zu dieser doch beträchtlichen Differenz zwischen den Angaben der Behörden beider Staaten sagte der Sprecher des österreichischen Bundesinnenministeriums Karl-Heinz Grundböck: „Wir wissen, dass es zwei Hauptrouten gibt, die Balkan- und die Mittelmeerroute; es gibt aber auch abseits viele individuelle Wege, die Menschen suchen, um zu ihren Zielländern zu kommen – und dabei Österreich umgehen.“ 

Unterdessen hat Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka „zur Bekämpfung illegaler Migration“ großangelegte Schwerpunktkontrollen im Grenzbereich angeordnet. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos hatte am Tag zuvor Italien vor einer neuen Flüchtlingswelle gewarnt. Die Zahl der Ankünfte sei seit Juli zwar gesunken, jedoch warteten noch viele Menschen auf die Abfahrt. ++ (mi/mgn/10.08.17 – 223)

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Imperiale Grenzziehungen haben lange Tradition – Neues deutsch-amerikanisches Buch erschienen

Santa Barbara/Greifswald, 10. Januar 2017 (ADN). Ein neuer Sammelband in der Reihe „Borderlands and Transcultural Studies“ ist jetzt beim Verlag University Nebraska Press erschienen. Darin wird die Entwicklung von Grenzräumen in der Antike, im Westen der USA und in der Ostseeregion untersucht. Darüber informiert die an dem geschichtswissenschaftlichen Projekt maßgeblich beteiligte Universität Greifswald. In einer Pressemitteilung der Hochschule in Mecklenburg-Vorpommern heißt es, dass ein Vergleich mit dem Römischen Reich die lange Kontinuität imperialer Grenzziehungen zeigt.

Im Vordergrund des von Prof. John W. I. Lee (University of California at Santa Barbara) und Prof. Michael North (Universität Greifswald) herausgegebenen neuen Werkes unter dem Titel „Globalizing Borderlands Studies in Europe and North America“ stehen der Austausch der indigenen Bevölkerungsgruppen Nordamerikas untereinander und mit den europäischen Kolonialmächten, die Migration in den Grenzräumen zwischen USA und Mexiko sowie die grenzüberschreitenden Aktivitäten in Schwedisch-Pommern, Kurland, Litauen und Weißrussland. Außerdem werden Abgrenzungs- und Entgrenzungsprozesse untersucht, beispielsweise die durch die EU-Osterweiterung entstandenen neuen Außengrenzen gegenüber Russland.

Im Vorwort des zu Jahresbeginn vorgelegten Buches wird darauf hingewiesen, dass die eingeborenen Bevölkerungsgruppen in Nordamerika lange vernachlässigt worden sind. Erst durch den Historiker Richard White und sein im Jahre 1991 erschienenes Werk „The Middle Ground: Indians, Empires and Republics in the Great Lake Region, 1650 – 1815“ (Der Mittelgrund: Indianer, Reiche und Republiken in der Region der Großen Seen, 1650 – 1815) wuchs das Interesse an der Geschichte der Alteingessenen und setzte bei den Akteuren der europäischen Kolonialmächte ein neues Verständnis für die wechselseitige Interaktion ein. 

Sei dem Jahr 2010 arbeiten zwei Graduiertenkollegs von Historikern beider Universitäten auf diesem Gebiet zusammen. ++ (vk/mgn/10.01.17 – 010)

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Voßkuhle: Feste Grenzen und Staatsvolk nur noch teilweise Arbeitsgrundlage – 40 Flüchtlingsverfahren anhängig

Bonn, 24. Januar 2016 (ADN). „Feste Grenzen und ein Staatsvolk ist 19. Jahrhundert; wir arbeiten damit nur noch teilweise.“ Das erklärte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, am Sonntag im Sender „Phoenix“. Es war die Antwort auf die Frage, was eigentlich einen Staat verkörpert. Klare Grenzen sind ein fluides Kriterium, ergänzt der Chef der höchsten bundesdeutschen Gerichtsinstanz. Dennoch gebe es die souveräne Bundesrepublik Deutschland noch, „obwohl wir Souveränitätsrechte abgetreten haben.“ Europa sei ja kein idealistisches Konstrukt. Bei Zweifeln dürfe jedermann, auch der Feistaat Bayern, Klage einreichen. Bezüglich der Flüchtlingskrise seien beim Bundesverfassungsgericht bislang 40 Verfahren anhängig. Insofern habe das derzeit meist diskutierte Problem das Bundesverfassungsgericht gerade erst erreicht. Alles müsse zunächst den Instanzenweg durchschreiten. Im Übrigen müssten Asylrecht und Flüchtlingsrecht streng auseinander gehalten werden. ++ (gg/mgn/24.01.16 – 024)

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