Justiz blutet aus – 5.500 Staatsanwälte mit jährlich 5,2 Millionen Ermittlungsverfahren konfrontiert

Berlin, 11. Januar 2018 (ADN). Deutschlands Justiz blutet aus. Der Rechtsstaat verblasst zur Theorie. Es fehlen 2.000 zusätzliche Stellen. Ein wesentlicher Mitverursacher ist nach Auffassung des „Handelsblatts“ vom Donnerstag der Bund. Er ziehe überdimensioniert viel juristisches Personal aus den einzelnen Bundesländern in seine juristische Kompetenzsphäre. Einer Umfrage der Zeitung zufolge sind derzeit 57 Richter und Staatsanwälte aus den Ländern allein unter dem Schirm der Bundesanwaltschaft tätig. Jede dritte der 142 Stellen im höheren Dienst dieser Behörde ist damit mit Juristen aus den Ländern rekrutiert. Am stärksten geschröpft wurden Bayern und Nordrhein-Westfalen, die jeweils elf Richter und Staatsanwälte abgeben mussten. Es folgen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mit jeweils sieben Spitzenjuristen.

Der Generalbundesanwalt ist nicht der einzige Schnorrer unter den Bundesbehörden. Das Bundesverfassungsgericht nimmt aus Baden-Württemberg 23 Richter und Staatsanwälte in Anspruch. Zudem muss das Ländle jeweils zehn Juristen dem Bundesgerichtshof und dem Bundesjustizministerium zur Verfügung stellen. Weitere waren an das Bundesarbeitsgericht, das Bundesozialgericht, das Bundesverwaltungsgericht, an das Auswärtige Amt und das Bundesamt für Justiz abzuordnen. Auf diese Weise ging die Justiz in Baden-Würtemberg einer Personalmannschaft in der Stärke von 60 Frauen und Männern verlustig. 

Die schiere Personalnot geht zulasten der Rechtsprechung. Das „Handelsblatt“ verdeutlicht das am Beispiel der Anklagebehörden. Aufgrund von Daten des Statistischen Bundesamtes hatten im Jahr 2016 bundesweit 5.500 Staatsanwälte  5,2 Millionen Ermittlungsverfahren zu bewältigen. Knapp 60 Prozent davon wurden eingestellt, in erster Linie wegen Überlastung der Justiz unter der Bezeichnung „wegen Geringfügigkeit“. 

Offensichtlich ist die Justiz zudem unfähig, realistisch zu gewichten und die Verhältnismäßigkeit herzustellen. Anstatt sich der Schwerstkriminalität stärker zuzuwenden – mit 1.200 Terrorverfahren im Jahr 2016 gab es fünfmal mehr dieser Verfahren – , verbeißen sich Staatsanwälte und Richter massenweise in Bagatelldelikte. Außerdem könnte der Paragraphendschungel gelichtet werden. Da wäre dem ehemaligen Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof zu folgen. Er präsentierte schon vor sieben Jahren ein Konzept, mit dem die Zahl der 33.000 Steuerparagraphen auf 146 gelichtet werden kann. 30 Bundessteuern sollen danach auf vier reduziert werden. ++ (ju/mgn/11.01.18 – 011)

http://www.adn46.wordpress.com, http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

Schlussakkord zur Definition der Völkerrechtskategorie „Angriffskrieg“

Köln, 3. Dezember 2017 (ADN). Zu Beginn dieser Woche werden Beratungen zwischen den Vertragsstaaten des Internationalen Gerichtshofs darüber eröffnet, ob Angriffskriege strafbar sein sollen. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk erläuterte am Sonntag der Völkerrechtler Claus Kreß die historische Dimension der in New York stattfindenden Gespräche. Es gehe tatsächlich um eine Frage, über die die internationale Gemeinschaft jetzt ziemlich ein Jahrhundert genau nachgedacht hat. Die Engländer hätten nach dem Ersten Weltkrieg das Problem ins Spiel gebracht, dessen Geburtsstunde dann bei den Nürnberger Prozessen gegen die deutschen Hauptkriegsverbrecher schlug. „Und dann ist das ganze Projekt ins Stocken, und zwar in ein ganz langes Stocken, gekommen. Man konnte sich politisch im Kalten Krieg über diese Frage nicht einigen. Und selbst als es dann in den 1990er Jahren zu der großen Wiederbelebung der Idee des Völkerstrafrechts kam, blieb der Angiffskrieg – zunächst, weil er so sensibel war – außen vor. Neue Tatbestände – Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Bürgerkriegsverbrechen – standen ganz im Vordergrund“, so der Experte des Internationalen Rechts, der selbst an den Gesprächen in New York teilnimmt. Erst im ugandischen Kampala sei es 2010 gelungen, Angriffskrieg oder das Verbrechen der Aggression zu definieren. Es bedürfe jetzt in New York einer letzten Beschlussfassung darüber.  Sie sei völkerrechtlich problematisch.

Gründe dafür, warum Weltmächte wie USA, Russland und China bei diesen Verhandlungen nicht dabei sind, sieht Kreß in dem zentralen Streitpunkt der humanitären Intervention. Als Indiz dafür nannte er eine Anzeige gegen die seinerzeitige Schröder-Fischer-Regierung wegen des militärischen Eingreifens und der Vorbereitung eines Angriffskrieges gegen Jugoslawien. Diese Strafanzeige wurde dann vom Generalbundesanwalt zurückgewiesen. ++ (vr/mgn/03.12.17 – 339)

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Ermittlungen gegen 83 brasilianische Politiker wegen Korruption

Brasilia, 17. März 2016 (ADN). Brasiliens Generalbundesanwalt Rodrigo Janot lässt gegen 83 Politiker seines Landes wegen Korruption ermitteln. Das meldet das Nachrichtenportal amerika21.de am Freitag. Der Antrag des Spitzenjuristen bei Gericht stehe im Zusammenhang mit den unter dem Schlagwort Lava Jato stehenden Vorgängen um den halbstaatlichen Mineralölkonzern Petrobras.

„Janot stützt seine Argumentation auf rund 850 Kronzeugenaussagen von 77 Ex-Funktionären des Baukonzerns Odebrecht im Rahmen der Lava Joto-Ermittlungen“, heißt es bei dem Nachrichtenportal. In den meisten Fällen ersuche Janot zugleich um die Aufhebung des Bank- und Steuergeheimnisses. Zudem beantragte der Generalbundesanwalt, die Geheimhaltungspflicht der Zeugenaussagen aufzuheben. In seinem Visier stehen auch zwei Vertraute des Staatspräsidenten. ++ (la/mgn/17.03.17 – 072)

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BGH hebt Freisprüche im Strafverfahren um „herrenlose Häuser“ teilweise auf

Leipzig, 9. November 2016 (ADN). Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) hat am Mittwoch in Leipzig nach mündlicher Verhandlung die vom Landgericht Leipzig ausgesprochenen Freisprüche gegenüber Angestellten des Rechtsamtes der Stadtverwaltung Leipzig sowie einer Leipziger Rechtsanwältin teilweise aufgehoben. In dem Strafverfahren, dass sich mit mehreren Fällen unrechtmäßiger Veräußerung privater Grundstücke und Gebäude – sogenannter herrenloser Häuser – durch die städtische Administration  Leipzig befasste, waren vor einigen Monaten sämtliche vier Angeklagten vom Vorwurf der Untreue und des Betrugs enlastet worden. Der fünfte in Leipzig ansässige BGH-Strafsenat hat auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft hin und aufgrund des Vortrags von Generalbundesanwalt Stefan Schmandt das Urteil in einem Tatkomplex die drei Mitarbeiter des Rechtsamtes aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückverwiesen. „Betreffend diese Fälle hielten die Freisprüche rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil das Landgericht nicht alle für einen Vorsatz der Angeklagten maßgeblichen Umstände in seine Würdigung einbezogen hat“, informiert der fünfköpfige Senat in einer Pressemitteilung. Nach den Worten des Senatsvorsitzenden Prof. Dr. Günther Sander „ist die Beweisführung des Landgerichts defizitär“ gewesen. Er regte nach der Verkündung der Entscheidung an, dass sich die beteiligten Parteien anlässlich des am selben Tag sich zum 27mal jährenden Falls der Berliner Mauer und der daraus entstandenden schwierigen und komplexen Rechtsproblematik außergerichtlich verständigen sollten. ++ (ju/mgn/09.11.16 – 306)

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