Hildesheim, 23. Mai 2016 (ADN). Weil Cecile Lecomte die Zahlung eines Bußgeldes verweigerte, erhielt sie eine Ladung zur Erzwingungshaft in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Hildesheim. Als sie dort zum Haftantritt erschien, wurde ihr überraschend mitgeteilt, dass das Bußgeld entrichtet worden ist und sie nicht hinter Gitter muss. Darüber berichtet in seiner aktuellen Maiausgabe das Monatsmedium „Graswurzelrevolution“, dessen Mitherausgeberin die Französin Lecomte ist.
Die rätselhaften Hintergründe dieser Entwicklung erforschten Journalisten lokaler Medien. Ihre Recherchen förderten noch Erstaunlicheres zutage. Das Bußgeld war vom Leiter des Frauengefängnisses, Oliver Wessels, persönlich an die Justizkasse von Nordrhein-Westfalen überwiesen worden. Das hat er gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk (NDR), Studio Niedersachsen, auf Anfrage bestätigt. Er habe gewusst, dass die im Jahr 2013 zu dem Bußgeld verurteilte Anti-Atom-Aktivistin Lecomte die Tageshaft als politische Bühne nutzen wollte. Um das zu verhindern, hatte er den geforderten Betrag bereits am 9. März 2016 überwiesen. Dennoch erwies sich das ungewöhnliche Verhalten des Gefängnisdirektors als Bumerang, denn nun machte die Betroffene genau dieses öffentlich. Der zusätzliche Ärger des leitenden Justizbeamten besteht jetzt darin, dass er einen entsprechenden Bericht an das zuständige Justizministerium schreiben und zahlreiche Interview-Anfragen von Pressvertretern bewältigen muss.
Lecomte hatte bereits im Vorfeld deutlich gemacht, die Zwangsmaßnahmen nicht hinnehmen zu wollen. Den Fall bearbeitenden Richter hatte sie auf die Rechtswidrigkeit der Anordnung zur Erzwingungshaft hingewiesen. Gehorsam sei nicht erzwingbar. Das sei nur zulässig, wenn Aussicht besteht, dass die Haft als Zwangsmittel zum Erfolg führt und das Zahlen des Bußgeldes vonstatten geht. Dies hatte sie hinreichend und eindeutig verneint. Dennoch hatte der Richter an der Haftanordnung festgehalten. (ju/mgn/23.05.16 – 137)
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