Hamburger Justiz statuiert Exempel

Hamburg, 21. November 2017 (ADN). Je mehr Staatsanwaltschaft und Richter versuchen, Fabio V. trotz fehlender Beweise hinter Gittern zu halten, desto mehr entfernen sie sich vom Rechtsstaat. Zu dieser Einschätzung kommt die Tageszeitung „neues deutschland“ (nd) am Dienstag angesichts von Vorgängen in der Hamburger Justiz um einen italienischen Teilnehmer an den Protestaktionen gegen den G-20-Gipfel in der Hansestadt. „Dieser 18-jährige sitzt seit vier Monaten in Haft. Die Anklage beruht allein auf seiner Teilnahme an einer Demo – er selbst soll keine Gewalt ausgeübt haben. In welcher Stadt ist Fabio V. angeklagt A) Ankara B) Hamburg“, zitiert das Printmedium aus der ZDF-Satiresendung „Heute-Show“. Von Anfang an hätten die Hamburger Behörden mit ihren Aussagen ungeniert deutlich gemacht, dass an dem Aktivisten ein Exempel statuiert werden soll. Das Oberlandesgericht diktiere dafür noch vor der Hauptverhandlung dem Amtsgericht das Urteil. „Die Richter attestierten dem nicht Vorbestraften zudem eine Verhaltensprognose, obwohl kein Psychologe je mit ihm gesprochen hatte. Fabio V. wurde aufgrund angeblicher ‚Neigungen‘ zum Kriminellen und Terroristen erklärt, der gerade dem Jugendalter Entwachsene entmenschlicht, “ so die Zeitung. Ziel sei es, abzuschrecken und die staatliche Gewalt während des G-20-Gipfels zu legitimieren. Ein öffentlich auftretender, unbeugsamer Demonstrant solle gebrochen und die Grundlage für knallharte Strafen in folgenden Prozessen geschaffen werden. ++ (ju/mgn/21.11.17 – 326)

http://www.adn46.wordpress.com, http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v.10.10.46

NZZ: Deutscher Staat erklärt sich gerne für handlungsunfähig

Zürich, 15. Juli 2017 (ADN). Nach den Bildern von Hamburg wird niemand Friedrich Nietzsche widersprechen. Der Philosoph stellte fest, der Deutsche „versteht sich auf Schleichwege zum Chaos“. Damit beginnt Eric Gujer  den Titelbeitrag der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) am Sonnabend und leuchtet dabei mit klaren Worten Hintergründe bundesdeutscher Hilflosigkeit in der Politik unter der Überschrift „Verdrängen und wegsehen“ aus. Bei der inneren Sicherheit sei die Neigung zur Verdrängung besonders ausgeprägt. Häufig kapituliere der Rechtsstaat vor seinen Gegnern. Die Bedrohungslage sei in Hamburg nicht neu gewesen und es bleibe unerklärlich, wieso dann der Staat so eklatant versagt. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz erinnere mit seiner vorauseilenden Hasenfüßigkeit an den Herbst 2015, als unter dem Andrang der Flüchtlinge die Grenzsicherung kollabierte. „Damals behauptete die Bundesregierung fatalistisch, Grenzen liessen sich heute nicht mehr schützen. Wenn es darauf ankommt, erklärt sich der deutsche Staat offenkundig gerne für handlungsunfähig“, schlussfolgert die Schweizer Zeitung. Als Urheberin des wattierten Politikstils gelte Angela Merkel, deren präsidiales Amtsverständnis die Demokratie „stillgelegt“ habe. Man tue ihr Unrecht. Es liege nicht an der Kanzlerin, wenn auf allen Ebenen Verantwortung so lange weggeschoben wird, bis sie niemand mehr wahrnimmt. Bis heute sei wegen der Fahndungspannen im Zusammenhang mit dem Attentat auf dem Berliner Weihnachtsmarkt niemand zurückgetreten. Auch der Hamburger Innenminister denke nicht an Demission. Wo Klartext der Floskel weiche, verflüchtigt sich auch individuelle Rechenschaft. Der Unwillen, Probleme ungeschminkt zu benennen, werde gerne mit politischer Korrektheit erklärt. Dabei gebe es sehr deutsche Gründe, angefangen bei der kollektiven Psyche einer wiedervereinigten Nation, welche die Ost-West-Spannungen nicht anheizen wollte und alles vermied, was den fragilen Familienfrieden gefährdete.Was als Fürsorge daherkomme, sei nichts anderes als Bevormundung.

„Zwar gibt es auch andernorts die Neigung zum maximalen Konsens, etwa in der Schweiz, doch sorgt hier die direkte Demokratie dafür, dass Störenfriede ihr Forum finden. Die deutsche Politik hat alle Störenfriede erfolgreich ausgegrenzt. Sie züchtet einen Typus Politiker, der sich als Chefbeamter einer geräuschlosen Verwaltung versteht. Helmut Schmidt, der die Verfassung verletzte, um Hamburgs Einwohner vor der Flut zu retten, wäre heute untragbar. Bezeichnenderweise wurde sein Bild in der nach ihm benannten Universität vorübergehend abgehängt, weil es ihn in Wehrmachtsuniform zeigte. Die Bundesrepublik betrachtet ihre Demokratie als geschützte Werkstatt, deren Insassen man die Widersprüche des Lebens nicht zumuten darf,“ heißt es in der NZZ. Die Sozialdemokraten hätten sich mit dem Slogan von der sozialen Gerechtigkeit bereits ins Zwischenreich der Sprechblasen geflüchtet. Das seien Gefilde, in denen sich auch die Kanzlerin heimisch fühlt. ++ (si/mgn/15.07.17 – 197)

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Medien bevorzugen das Gewalt-Narkotikum bei Großdemonstrationen

Berlin/Hamburg, 8. Juli 2017 (ADN). Die Massenmedien privilegieren in ihrer Berichterstattung über Großdemonstrationen die Darstellung von Gewalt, körperlichen und verbalen Attacken. Anlass und Inhalt der Protestkundgebungen treten in den Hintergrund oder spielen gar keine Rolle. Diese und weitere Ergebnisse einer Untersuchung des Berliner Instituts für Protest- und Bewegungsforschung (ipb) bestätigten sich im Verlaufe des G-20-Gipfels in Hamburg. 

Bei einer Präsentation der Studie unmittelbar vor dem internationalen Hamburger Politiker-Treffen hatte das Institut seine Analyseergebnisse vorgestellt. Es waren sieben große Kundgebungen unter die Lupe genommen worden. Dazu zählten solche gegen den Irak-Krieg im Jahr 2013 und gegen das TTIP-Freihandelsabkommen 2015. Dass  – wie das Ende Juni abgeschlossene Forschungsprojekt „Großdemonstrationen in der Medienberichterstattung“ eindrücklich nachgewiesen hat – journalistische Vor-Ort-Berichte schwerpunktmäßig auf Krawall fixiert sind, dürfte sich auch in Zukunft nicht wesentlich ändern.

Das ipb ist eine noch sehr junge Wissenschaftseinrichtung, die sehr stark auf Kooperationen basiert. Zu den Partnern gehört das Institut für Demokratieforschung in Göttingen. Die Entstehung des ipb geht auf ein „Memorandum zur Gründung einer sozialwissenschaftlichen Einrichtung“ aus dem Jahr 2012 zurück. ++ (me/mgn/08.07.17 – 190)

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