Ostdeutschlands oberste Gerichte haben sämtlichst West-Präsidenten

Hannover, 23. Januar 2019 (ADN). Die Präsidenten der obersten Gerichte in Ostdeutschland sind samt und sonders westdeutscher Herkunft. Das geht aus einer Auswertung des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) hervor, über die dessen ihm angeschlossene Medien am Mittwoch berichten. Es handele sich dabei um die 25 Chefsessel der Oberlandesgerichte, der Oberverwaltungsgerichte, der Landesarbeits- und Landessozialgerichte sowie der Finanzgerichte. Diese absolute westdeutsche Dominanz über die ostdeutsche Justiz in einem Zeitraum von fast 30 Jahre und die fehlende Präsenz ostdeutscher Juristen in diesen Führungsebenen ist nach Meinung des Soziologen Raj Kollmorgen  von der Hochschule Zittau-Görlitz  sachlich nicht mehr zu rechtfertigen. „Das ist eine wichtige Botschaft und ein Befund, den man erst einmal verdauen muss“, sagte er gegenüber dem RND. Zwar sei der Anteil der Ostdeutschen unter den Richtern Ostdeutschlands nach 1989 mit 13 Prozent immer gering gewesen. So seien im Zuge der Wiedervereinigung viele West-Juristen in den Osten gekommen,  während ostdeutsche Juristen nicht ausreichend qualifiziert gewesen seien oder erst mit dem Studium begonnen hätten. Ein weiterer Grund für die Dispropoportion in der Judikative liege in den hochgradig formalisierten Laufbahnverfahren. In der Regel dauert es 15 Jahre bis man oben ist.

Raj Kollmorgen arbeitet mit anderen Forschern an einer von der Bundesregierung geförderten Studie über die Eliten Ostdeutschlands. Die fehlende Repräsentanz Ostdeutscher in den Führungsetagen wird zunehmend kontrovers diskutiert. Nach Angaben des Politikwissenschaftlers Lars Vogel beträgt der Anteil der Ostdeutschen in Leitungspositionen sechs bis acht Prozent bei einem Gesamtanteil an der Bevölkerung von 17 Prozent. ++ (ju/mgn/23.01.19 – 023)

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17 Prozent bundesweite Ost-Quote für Spitzenpositionen

Potsdam, 20. Oktober 2018 (ADN). „Derzeit sind nur 1,7 Prozent der mittleren Führungspositionen in Deutschland mit Ostdeutschen besetzt. Es gibt aber 17 Prozent Ostdeutsche in Deutschland.“ Das stellte Frauke Hildebrandt, Professorin an der Fachhochschule Potsdam und Tochter der SPD-Politikerin Regine Hildebrandt, in einem am Wochenende in der „Märkischen Allgemeinen“ (MAZ) veröffentlichten Interview schonungslos fest. Sie wolle sich deshalb dafür einsetzen, dass in Verwaltung, Justiz, Wirtschaft, Wissenschaft und freier Wohlfahrt eine bundesweite Quote für Ostdeutsche von 17 Prozent eingeführt wird – natürlich bei gleicher Eignung. Anders gehe es nicht und sei vergleichbar mit der Frauenquote. Ziel sei, die Repräsentanz Ostdeutscher in Spitzenpositionen zu erhöhen. Eine solche Quote dürfe nicht nur in Ostdeutschland gelten, sondern auch in den westlichen Bundesländern. Sie wisse, dass sich die Lücke nach 30 Jahren durch gutes Zureden nicht schließt.

Nach den Worten von Hildebrandt wurden spezifische ostdeutsche Interessen einfach viel zu wenig berücksichtigt. In den Umbrüchen der Wende habe es viele Enttäuschungen und Kränkungen gegeben, über die kaum geredet wurde. Beispielsweise wurden Berufsabschlüsse nicht anerkannt. Auch im Bundesland Brandenburg habe es nach 1990 einen Austausch der Führungspositionen durch Westdeutsche gegeben. Diese wiederum hätten aus ihren Netzwerken nachrekrutiert.

Die Sozialwissenschaftlerin machte darauf aufmerksam, dass sich viele Menschen im Osten Sorgen um ihre Renten machen. „Wir brauchen Regelungen, die die Lebensleistung der Ostdeutschen nach 1989 anerkennen. Auch müssen endlich die Tarifgebiete Ost und west abgeschafft werden. Und der Mindestlohn muss erhöht werden. 13 Euro sind das mindeste. Dazu braucht man viele Leute, die die Situation aus eigener Erfahrung auf dem Schirm haben. Mit 1,7 Prozent geht das nicht,“ sagt die 49jährige aus Ost-Brandenburg. ++ (so/mgn/20.10.18 – 273)

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„Abweichender Stallgeruch“ – Ostdeutsche in ihren Machtzentralen unterrepräsentiert

Berlin, 21. Juni 2017 (ADN). Nach wie vor sind Ostdeutsche in den Schaltzentralen der politischen und wirtschaftlichen Macht, in Universitätsleitungen, Verlagen und in Landesregierungen unterrepräsentiert. Über das Warum und denkbare Perspektiven stritten Experten, Politiker und Bürger in Berlin auf einem Symposium, über das die in Frankfurt an der Oder herausgegebene „Märkische Oderzeitung“ (MOZ) am Mittwoch berichtet. Der Historiker Peter Brandt stellte fest, „Ostdeutsche in Führungspositionen bilden eine viel stärkere Minderheit als Frauen“. Nicht einmal jede vierte Führungsposition in den neuen Bundesländern werde von einem Ostdeutschen besetzt. Ursache sei „der radikale Austausch der Herrschaftselite und der Transfer von westdeutschen Eliten“.

Die Ostbeauftragte der Bundesregierung Iris Gleicke, die den Auftrag für die neueste Eliteforschung in Auftrag gegeben hatte, nannte Beispiele für das elitäre Ungleichgewicht. Mehr als die Hälfte aller Staatssekretäre in Ostdeutschlands Länderministerien stamme aus den alten Bundesländern. bei den Abteilungsleitern seien es sogar drei Viertel. In vielen Bereichen nehme der Anteil ostdeutscher Führungskrafte seit 2004 sogar ab. An Universitäten und Hochschulen habe sich die Zahl der Rektoren aus dem Osten innerhalb der vergangenen zehn Jahre fast halbiert. Gleicke kleidet die Antwort darauf in die Form einer Frage: „Haben wir es mit einem geschlossenen Netzwerk westdeutscher Eliten zu tun, zu dem Ostdeutsche keinen Zutritt haben ?“ Wie dem zu begegnen ist, konnte Gleicke nicht überzeugend darlegen. Sie ermunterte die Ostdeutschen lediglich zu mehr Selbstbewusstsein.

Der aus Köln stammende und in Jena lehrende Soziologe Heinrich Best erkennt einen „DDR-spezifischen Habitus“. Der unterscheide sich von den Vorlieben und Handlungsorientierungen der westdeutschen Eliten und sorge für einen „abweichenden Stallgeruch.“ ++ (dd/mgn/21.06.17 – 173)

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Künstlich erzeugte Niedrigarbeitslosigkeit durch Deindustrialisierung und Entvölkerung

Nürnberg, 16. Juli 2016 (ADN). „Gute Qualifikation schützt vor Arbeitslosigkeit“. Das sagte der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, in Nürnberg in einem Interview, das am Wochenende in der „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) veröffentlicht worden ist. Ausbildung habe einen hohen Stellenwert. Je qualifizierter jemand sei, umso geringer sei das Risiko, durch die Digitalisierung arbeitslos zu werden.

Speziell zu Ostdeutschland präsentierte Weise aus seiner Sicht zunächst beeindruckend positive Zahlen. „Direkt nach der Wende in den neunziger Jahren hatten wir ja bekanntermaßen einen steilen Anstieg der Arbeitslosigkeit, und im Jahr 2005 nach Einführung des SGB II, dem sogenannten Hartz IV, gab es einen Höchststand von über 1,6 Millionen Erwerbslosen in Ostdeutschland. Seitdem aber ist die Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern konsequent zurückgegangen. Aktuell ist die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland auf dem niedrigsten Stand seit 1991.“

Weise wie auch sein Interview-Partner Ulrich Milde sind beide Westgewächse und verschleiern wahre Ursachen – entweder bewusst oder unbewusst. So mussten nach 1990 gut qualifizierte Ostdeutsche ihre Heimat verlassen, um der Arbeitslosigkeit im Osten zu entrinnen und Arbeitsplätze in Westdeutschland zu bekommen. Mehr als zwei Millionen Ostdeutsche waren auf diese Weise gezwungen, „Fremdarbeiter“ zu werden. Sie fielen natürlich aus der Arbeitslosenstatistik in den sogenannten neuen Bundesländern heraus. Die künstlich abgesogene Arbeitslosigkeit tauchte die dramatische Lage, die von deindustrialisierten, devastierten und entvölkerten Ost-Siedlungen geprägt wird, in ein helles, freundliches Bild. Westdeutsche wiederum kamen in den Osten, allerdings allein deswegen, um Führungspositionen zu besetzen. Das tat auch Milde, der Leiter der Wirtschaftsredaktion der inzwischen aus Hannover weitgehend ferngesteuerten LVZ geworden ist. Indirekt gibt Weise die generelle Misere teilweise zu und erklärt: „Durch ihren Niedergang ist die Betriebsstruktur im Osten heute deutlich kleinteiliger als in Westdeutschland. Das sehen wir auch an der Verteilung der Großunternehmen. Großunternehmen in Ostdeutschland haben ihre Firmenzentrale meist in Westdeutschland. Davon sind in der Regel auch die Unternehmensbereiche Forschung und Entwicklung betroffen.“  ++ (so/mgn/16.07.16 – 191)

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