Friedensnobelpreis von Rüstungsindustrie gesponsert

Stockholm/Berlin, 5. Dezember 2017 (ADN). Die Berliner Organisation Facing Finance hat der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) empfohlen, den ihr zuerkannten diesjährigen Friedensnobelpreis nicht anzunehmen. Als Begründung wird ausgeführt, dass die Erträge der Alfred-Nobel-Stiftung teilweise aus Investitionen in Rüstungsunternehmen stammen. Darüber informiert die auf Stiftungsrecht spezialisierte Anwaltskanzlei Winheller aus Frankfurt am Main. Eine solche Finanzierung widerspreche sich jedoch selbst, denn die Auszeichnung und das mit ihr verbundene Preisgeld in Höhe von rund 950.000 Euro werde ausdrücklich für besondere Verdienste um die Erhaltung des Friedens verliehen.

Die Vorwürfe basieren auch auf dem jüngsten Jahresbericht von Facing Finance norwegischer Partnerorganisation Framtiden aus dem Jahr 2016. Danach profitiert die Nobel-Stiftung über Fonds von Rüstungsfirmen. Zu ihnen zählen der „RAFI US Index“ und der „RAFI Europe Index“. Unter deren Dach sind die Rüstungssparten der amerikanischen Konzerne Boeing, Lockheed, Martin und Raytheon zu finden. Aus Europa sind BAE Systems und Airbus beteiligt. Diese Unternehmen nehmen an Atomwaffenprogrammen teil. Zudem hat die Nobel-Stiftung über den „T Rowe Mid Cap Fonds“ in den USA-Waffenhersteller Textron investiert. Textron liefert dem US-Nuklearwaffenprogramm zu und produziert Streumunition, die von 119 Staaten der Welt geächtet wird.

Aus der Nobel-Stiftung in Stockholm verlautbart inzwischen, dass nach alternativen Fonds gesucht wird. Zudem gebe es nunmehr klare Richtlinien hinsichtlich Ethik und Nachhaltigkeit. Neuinvestitionen, die internationalen Konventionen zuwiderlaufen, würden nicht mehr getätigt.  Unterdessen hat eine Sprecherin des Nobel-Komitees mitgeteilt, dass die Vertreter der Atommächte USA, Großbritannien und USA ihre Teilnahme an der für nächsten Sonntag vorgesehenen Verleihung des Friedensnobelpreises aus politischen Gründen abgesagt haben. ICAN hatte am Zustandekommen des UNO-Vertrages zum Atomwaffenverbot mitgewirkt, den die drei Nuklearstaaten USA, Großbritannien und Frankreich nicht mittragen. ++ (nb/mgn/05.12.17 – 341)

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900 klinische Studien von Westfirmen in der DDR – Mediale Vorwürfe von Menschenversuchen widerlegt

Berlin, 15. März 2016 (ADN). In den Jahren 1970 bis 1984 besuchten Vertreter von 150 Pharmaunternehmen aus 16 westlichen Ländern das in Ostberlin installierte Beratungsbüro Arzneimittel (BBA), um über klinische Studien zur Erprobung neuer Medikamente im DDR-Gesundheitswesen zu verhandeln und dazu entsprechende Verträge zu schließen. Darüber informierte am Dienstag in Berlin der Leiter des Forschungsprojekts „Klinische Studien in der DDR im Auftrag westlicher Pharmafirmen“, Prof. Volker Hess, bei der Präsentation und öffentlichen Diskussion des Abschlussberichts. Letztlich sei der Nachweis für das Zustandekommen von Aufträgen aus 75 bundesdeutschen und ausländischen Firmen mit der DDR gelungen. Neben den Branchenführern aus der Bundesrepublik Deutschland (BRD) gehörten vor allem pharmazeutische Unternehmen aus Frankreich, Großbritannien, USA und der Schweiz zu den Kooperationspartnern. Nach Angaben von Hess fanden sich in den verfügbaren Aktenbeständen Hinweise auf bis zu 900 klinische Studien, die im Auftrag von Westfirmen in der DDR im Zeitraum von 1961 bis 1990 durchgeführt wurden. Davon seien 321 Studien für eine genauere Analyse archivalisch hinreichend dokumentiert gewesen. Zur Bilanz nach zweieinhalb Jahren intensiver historischer Aufarbeitung gehört die wesentliche Erkenntnis, dass es in der DDR seit ihrer Gründung eine in Bonn kaum vorstellbare Kontinuität bei der Durchführung klinischer Studien gegeben hat. Die westlichen Auftragsstudien in der DDR waren überwiegend Teil von größeren multinational und multizentral angelegten Arzneimittelprüfungen, heißt es in dem Bericht. „Die Teilstudien wurden in allen angeschlossenen Prüfzentren, ob in der DDR oder in anderen Ländern, nach den gleichen Standards durchgeführt. Diese Standards entsprachen – auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs – nicht den heutigen Regeln, sondern wurden im Zuge der Weiterentwicklung internationaler ethischer Regeln und nationaler Gesetze nach und nach konkretisiert.“ Systematische Verstöße gegen die jeweils geltenden Vorschriften konnten der DDR nicht nachgewiesen werden.

Dies war einer der Vorwürfe, die das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ im Mai 2013 in einem Aufsehen erregenden Pressebeitrag erhoben und letztlich damit einen Anstoß zu dem Forschungsprojekt gegeben hatte. Darin war der Vorwurf vom „schnellen Profit“ und von „Menschenversuchen“ erhoben worden. Es war die Rede vom „Versuchslabor Ost“, in dem „unerprobte Arzneien“ verwendet wurden. Der von dem Hamburger Nachrichtenmagazin geäußerte Verdacht ethischer und rechtlicher Grenzverletzungen wurde mit dem vowiegend im Institut für Geschichte und Ethik der Medizin am Universitätsklinikum Charite umgesetzten Projekt weitgehend ausgeräumt.

Ein internationaler wissenschaftlicher Beirat unabhängiger Experten aus Medizin und Geschichtswissenschaft unter Federführung von Prof. Carola Sachse von der Universität Wien hat die Forschungen begleitet. Die Wissenschaftlerin des Instituts für Zeitgeschichte an der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät erklärte, die DDR ist keine „ungeregelte Spielwiese“ gewesen. Dem Slogan „Der Skandal, der keiner war“ sei zuzustimmen. Um diesen Staat als diktatorisches Sytem zu beschreiben, müsse man nach anderen Aspekten suchen oder anderswo in der Welt hinsehen. Im Gegenteil, die DDR sei dem Westen teilweise voraus gewesen. im Übrigen biete der Abschlussbericht eine gute Grundlage für weitere Forschungen in dieser Richtung. Allerdings käme es nun darauf an, dass die Archivunterlagen, deren Aufbewahrungsfristen in diesen Jahren ablaufen und die jeweils landesrechtlich bestimmt sind, verlängert werden. Das sei das wichtigste Gebot der Stunde.  ++ (mz/mgn/15.03.16 – 075)

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