Leipzig, 24. März 2017 (ADN). Eindrucksvoll beschreiben zwei Mütter aus Deutschland und der Schweiz am Freitag in Leipzig, mit welch abstrusen und geradezu schizophrenen Auswüchsen der Bildungspolitik ihre Kinder in der Schule konfrontiert werden. Marlies Klesse aus Graubünden und Friederike Kramer aus Baden-Württemberg wollten aber ihrem Nachwuchs nicht mehr die politisch verursachten Gängeleien und widernatürlichen Unterrichtsexperimente zumuten. Sie schmiedeten ganz im Stillen Bündnisse mit Gleichbetroffenen gegen das, was einige Teilnehmer der von der Schweizer Wochenzeitung „Zeit-Fragen“ veranstalteten Diskussion verdächtig oft als Verbrechen an Kindern und den künftigen Generationen nannten. Der von den modernen Schulpolitikern vertretene und schon früh über den kleinen Kinderseelen versprühte Individualitätswahn und Selbstfindungstrip dürfte schwerwiegende Folgen haben, befürchten viele. „Sich selbst zu organisieren, lernt man eben erst als Jugendlicher, nicht schon als Erst-, Zweit- oder Drittklässler“, empört sich die Hausärztin in Teilzeit Kramer aus Hilzingen im tiefsten Südwesten Deutschlands. Bereits vor zehn Jahren seien hoffnungslos frustrierte Erstklässlerinnen gegeben, die hilflos Wut auf ein zerknittertes Papier mit der Überschrift „Wochenplan“ hatten, der sie zu vorausschauender Planung. des Wochenpensums erziehen sollte. Vor fast einem Jahr haben sie und andere Eltern mit einem Anzeigentext in der „Stuttgarter Zeitung“ einen Sturm der Solidarität und des gemeinsamen Handelns ausgelöst. Es entstand die Elterninitiative „Schule Bildung Zukunft“, die sich inzwischen zu einem Bollwerk gegen Schulexperimente jeglicher Couleur und für bewährte, fast schlichte, aber nachhaltige Erziehungsrezepte einsetzt. Als einer seiner profilitiertesten Vertreter beschrieb Pädagogik-Nestor und Psychologe Josef Nyari aus Ettersburg bei Weimar seinen langen Erfahrungsweg von der Pauk-Schule 1944 über die Neulehrerbewegung in der frühen DDR-Zeit bis zu den heutigen neoliberalen Erziehungsmethoden. Seine DDR-Fibel erhält bis heute höchstes Lob als exzellentes Pädagogik-Instrument.
Werklehrerin und Kindergärtnerin Marlies Klesse aus dem schweizerischen Fanas feiert inzwischen ähnliche Erfolge wie die Initiative in Baden-Württemberg. Mit einem Elternbrief und dem Bündnis „Eltern für eine gute Volksschule“ sind mittlerweile in elf Kantonen ähnliche Netzwerke der ratsuchenden Eltern entstanden. Das erste von vier Geboten des Briefes lautet: „Wir wollen eine Schule, in der unsere Kinder das lernen, was sie im Leben brauchen – Solide Grundlagen in Schreiben, Lesen, Rechnen Realien, handwerkliche Fähigkeiten“. Der „Elternbrief“ sei eine Reaktion auf die massenhafte Ratlosigkeit, weil die Lehrer den Unterrichtsstoff einfach nicht erklären. Aus Protest wurden Unterschriften gesammelt und der Regierung übergeben. 19.000 wurden von einer Elterninitiative im Kanton Bern eingereicht. Im Kanton Graubünden waren es 5.000. „Man muss ins Gespräch kommen“, so Klesse. Die Treffen ihrer Initiative findet alle vier bis fünf Wochen statt.
Das Publikum – meist waren es Lehrer und Kinderärzte – bestätigte aus eigener Erfahrung allseits die schweren Vorwürfe, die jedoch in der Öffentlichkeit und auch in denen Medien unter den Tisch gekehrt werden. Besonders erbost zeigte sich der über 40 Jahre altgediente Lehrer Ewald Wetekamp, der aus dem seiner Meinung nach auf diesem Gebiet völlig zerrütteten Nordrhein-Westfalen ins gelobte Land Baden-Würtemberg gewechselt ist. Er habe am Vormittag bei einer Tagung der deutschen Lehrer auf der Leipziger Messe exzellente Vorträge von Pädagogik-Experten gehört. Und danach nichtssagende, die wahren mieserablen Verhältnisse vertuschende Podiumsdiskussionen mit Journalisten und Schulpolitikern erlebt, die seichtes Verbalgeplätscher von sich geben und die bildungspolitische Katastrophe nur noch verschlimmern. ++ (bi/mgn/24.03.17 – 060)
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