Prag, 10. Januar 2018 (ADN). Die Verfassung der Tschechischen Republik feiert 25. Geburtstag. Sie war vor einem Vierteljahrhundert notwendig geworden, weil die Slowakei im Juli 1992 ihre Unabhängigkeit erklärt hatte und ihre Herauslösung aus dem tschechoslowakischen Staatsverbund erforderlich wurde. Die Texterabeitung der neuen Konstitution dauerte nur rund fünf Monate. Sie ist zwar zu großen Teilen eine Neuschöpfung, allerdings lehnt sie sich stark an die Verfassung der Ersten Tschechoslowakischen Republik des Jahres 1920 an. Nach den Worten des heutigen Vorsitzenden des Obersten Verwaltungsgerichtshofs, Josef Baxa, ist die Verfassung kurz und bündig gehalten. „Es sind 113 Artikel, die sehr verständlich und kultiviert geschrieben wurden. Die Verfassung ist nicht wie die heutige Gesetzgebung unübersichtlich, schwierig und detailliert. Es handelt sich um einfache Sätze, es geht um Prinzipien“.
Nach Einschätzung des konservativen Politikers Daniel Kroupa, der damals in der Verfassungkommission mitwirkte, habe man gewusst, was man wollte. Schon 1990 sei über eine neue tschechoslowakische Verfassung diskutiert worden. Die Grundrechte-Charta sei schon 1991 ausgearbeitet gewesen. Gegenüber dem Tschechischen Rundfunk sagte er weiter: „Der zweite Teil der Verfassung, der Hauptteil, um den es nun ging, betraf die Organisation der Macht. Wir wussten, dass wir ein parlamentarisches System wollten und dass die Verfassung auf staatsbürgerlichen und nicht nationalen Grundfesten stehen sollte. Wir wollten eine eher rigide Verfassung, die also wenig zu Änderungen einlud. Und die Regierungspolitik sollte stark kontrolliert werden können. Denn regierende Politiker haben die Tendenz, sich immer weitere Macht anzueignen.“
Am 16. Dezember 1992 wurde die neue Verfassung vom tschechischen Nationalrat angenommen. Sie trat zu Neujahr 1993 in Kraft. Bis zum heutigen Tag gab es acht Verfassungsänderungen. Ihre Notwendigkeit ergab sich unter anderem aus dem Beitritt Tschechiens zur NATO und zur Europäischen Union. Mit der jüngsten Änderung wurde die Direktwahl des Staatspräsidenten eingeführt. Das geschah im Oktober 2012. Damit ist der jetzige Amtsinhaber Milos Zeman das erste unmittelbar vom Volk bestimmte Staatsoberhaupt. Trotz der Direktwahl wurden die Vollmachten des Präsidenten nicht erweitert. Derzeit gibt es Diskussionen darüber, das in der Verfassung verankerte Zweikammersystem abzuschaffen. Premier Andrej Babis schlägt das beispielsweise vor. Zudem gibt es Überlegungen, wie in der Schweiz Volksabstimmungen zu ermöglichen. ++ (ko/mgn/10.01.18 – 010)
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