Gewaltenteilung droht zu zerfallen – Behörden ignorieren Gerichtsurteile

Leipzig, 17. Mai 2019 (ADN). Die Sorge, dass die Gewaltenteilung in Deutschland zerfällt, wächst. Phänomene dessen machte der am Freitag in Leipzig beendete „Anwaltstag 2019“ des Deutschen Anwaltvereins (DAV) zur Genüge aus. Krasse Beispielfälle wurden ausführlich debattiert. Sie beziehen sich vor allem darauf, dass staatliche Behörden rechtskräftige Gerichtsentscheidungen auch höchster Instanzen einfach ignorieren und nicht umsetzen. Am Abschlusstag des dreitägigen, alle zwei Jahre stattfindenden Treffens äußerte sich dazu Prof. Gerrit Manssen von der Universität Regensburg. „Wir müssen den Rechtsstaat täglich verteidigen“, forderte er. Er sei schließlich das Rückgrat der Gesellschaft. Bedenklich sei es deshalb, wenn Behörden einfach untätig bleiben, wenn gegen sie Urteile gefallen sind und ihnen Sanktionen drohen – bis hin zur angekündigten Inhaftnahme von Amtsinhabern. So manche Behörde reagiert einfach nicht mehr und sagt das auch noch an. Zwangsgeld gegen eine Behörde wirke nicht mehr abschreckend, obwohl es nach Paragraph 172 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden kann. Es gab sogar Fälle, in denen die Bundeskanzlerin dazu aufrief, das Gesetz einfach nicht anzuwenden. Ähnliches tat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. ++ (ju/mgn/17.5.19 – 135)

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3.200 von 4.600 sächsischen Anwaltskanzleien in Leipzig und Dresden konzentriert

Leipzig, 16. Mai 2018 (ADN). Möglichst vielen, wenn nicht allen Bürgern Zugang zum Recht zu verschaffen, ist die anspruchsvolle Hauptaufgabe der Rechtsanwälte in Deutschland. Das betonte die im März neugewählte Präsidentin des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Edith Kindermann, am Donnerstag zur Eröffnung des „Deutschen Anwaltstages 2019“ in Leipzig. Die Veranstaltung stehe in diesem Jahr unter dem Zeichen von drei für Juristen bedeutungsvollen Jubiläen: 30 Jahre Friedliche Revolution in der DDR, 70 Jahre Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und 140 Jahre anwaltliches Berufs- und Vergütungsrecht (RVG) mit einem fairen System der Kostenerstattung. Das RVG und die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) regelten die anwaltliche Dienstleistung und Vergütung in Deutschland. Sie gehörten damit zu den Eckpfeilern des Rechtsstaates. Allerdings bedürften sie nun einer Reform und müssten an die Tariflohnentwicklung angepasst werden. Der zeitliche Rückstand betrage inzwischen sechs Jahre. „Ein freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat muss jeder und jedem Einzelnen die Mittel an die Hand geben, die notwendig sind, um seine beziehungsweise ihre Rechte wahrzunehmen“, betonte Kindermann. Die Politik müsse diese Rahmenbedingungen aufrechterhalten und dürfe den einzelnen Menschen bei der Durchsetzung seiner Rechte nicht allein lassen. Jeder müsse bei Bedarf einen Rechtsanwalt konsultieren können. In der Fläche sei das aber zunehmend schwierig. „Auf dem Land zeichnet sich bei Allgemeinanwälten ein ähnlicher Mangel ab wie bei Medizinern“, warnt Kindermann. Gerichtsstandorte würden geschlossen und die Anwälte zögen sich in die großen Städte zurück. Das Beispiel Sachsen spreche Bände. Dort geber es 4.600 Rechtsanwaltskanzleien. Davon befänden sich allein in Leipzig und Dresden 3.200. 

Den Festvortrag der Veranstaltung unter dem Motto „Rechtsstaat leben“ hielt der Leiter der Recherchekooperation NDR/WDR/SZ und ehemalige Chefredakteur des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, Georg Mascolo. Er warnte anhand aktueller konkreter Beispiel vor einem Zerfall der Demokratie und der Pressefreiheit in den Ländern der Europäischen Union (EU). ++ (ju/mgn/16.05.19 – 134)

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Der Justiz gehen die Kläger aus – Erschwerter Zugang der Bürger zu Gerichten

Frankfurt am Main, 4. August 2017 (ADN). „Wir brauchen empirisch belastbare Daten, welche Hindernisse für einen Zugang der Bürger zu Rechtsanwälten und Gerichten bestehen“. Diesen entlarvenden Satz zitiert die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) am Freitag aus einem gemeinsamen Empfehlungsdokument des Deutschen Richterbundes und des Deutschen Anwaltvereins zur Bundestagswahl. Das der FAZ vorliegende Schriftstück konstatiert „deutlich sinkende Eingangszahlen bei den Zivilgerichten“. Das sei ein „starker Hinweis darauf, das die staatliche Rechtspflege an Bedeutung verliert.“ Die Präsidenten beider Vereinigungen, Jens Gnisa und Ulrich Schellenberg, äußern sich in einem FAZ-Gespräch über Hintergründe und Ursachen. Der Zugang der Bürger und Unternehmen zum Recht sei ihr zentrales Anliegen. Das sei „elementar für den inneren Frieden“.

„Es ist eine alte Kritik, dass der Gesetzgeber zu viele Gesetze produziert, insbesondere, dass das Strafrecht nicht mehr letztes Mittel ist, sondern ‚immer weitere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens‘ regeln soll“, stellen Anwaltverein und Richterbund fest und formulieren weiter: „Neben etwaigen Gesetzesverschärfungen gilt es in der nächsten Legislaturperiode insbesondere zu prüfen, wo Straftatbestände wieder gestrichen oder begrenzt werden können, weil sie sich nicht bewährt haben.“ Justiz ist nicht allein Strafjustiz, so Schellenberg. Das Zivilrecht müsse wieder stärker in den Blick genommen werden. Eine einseitige Konzentration auf Strafrecht sei abwegig. Das Zivilrecht betreffe Bürger und Unternehmen zahlenmäßig weit stärker als das Strafrecht.

Die FAZ registriert einen Paradigmenwechsel. „Wurde früher oft beklagt, die Bürger würden auch wegen Nichtigkeiten vor Gericht ziehen, so fehlen der Justiz  demnächst offenbar die Kläger. Und wo kein Kläger, da kein Richter. Setzt sich dieser Trend fort, dürfte der Ruf nach mehr Personal immer schwerer zu begründen sein.“ ++ (ju/mgn/04.08.17 – 217)

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Anwaltsgerichte agieren in einer „Art Geheimjustiz“ – Rund ein Drittel der Rechtsanwälte risikobehaftet

Frankfurt am Main/Berlin, 26. Januar2016 (ADN). Fast sämtliche Beschwerden von Mandanten gegen Rechtsanwälte werden von den Rechtsanwaltskammern als deren Standesvertretungen zurückgewiesen. Die für solche Konflikte zuständigen Anwaltsgerichte verhandeln unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das kritisierte Mitte Januar der Vorsitzende des vor mehr als 25 Jahren gegründeten Vereins gegen Rechtsmissbrauch, Horst Trieflinger, in einem Interview mit dem Berliner Online-Magazin „Spreezeitung“ scharf. „Wir haben es mit einer Art Geheimjustiz zu tun“, so der Vereinschef. Das sei in einem Rechtsstaat, der die Bundesrepublik sein soll, nicht vertretbar. Er forderte deshalb, dass die Anwaltsgerichte, öffentlich tagen. Davon könne eine heilsame Wirkung ausgehen, denn kein Rechtsanwalt ist am Öffentlichwerden seiner Verfehlungen interessiert. Derzeit werde das nicht öffentliche Verhandeln standeswidriger Fälle vom Gesetzgeber gewollt und gedeckt.

Trieflinger stellt fest, dass die bundesdeutschen Rechtsanwaltskammern bei der Bearbeitung von Mandantenbeschwerden versagen. Fast alle Beschwerden würden unter den Teppich gekehrt. Deswegen solle diese Tätigkeit den Rechtsanwaltskammern aus der Hand genommen und auf staatliche Stellen übertragen werden. Auch Laien müssten – wie beispielsweise in Großbritannien und in den nordischen Ländern praktiziert – zu solchen Anwaltsgerichten gehören, verlangte Trieflinger. Leider verschließe sich die bundesdeutsche Politik solchen Veränderungen mit Vehemenz. Das betreffe auch den Anwaltszwang, der abzuschaffen wäre. Er beruft sich auf den ehemaligen Präsidenten des Deutschen Anwaltsvereins, Hartmut Kilger. Dessen Einschätzung zufolge bei rund einem Drittel aller Rechtsanwälte das Risiko besteht, schlecht beraten zu werden. Sogar Parteiverrat an den Mandanten werde viel öfter begangen als letztlich sichtbar wird. Die Bevormundung der Bürger sei durch das neue Rechtsberatungsgesetz von 2008 nicht abgeschafft worden. Jeder müsse das Recht haben, selbst zu entscheiden, ob er sich einen Anwalt nimmt oder nicht. In Großbritannien gebe es solche diskriminierenden Rechtsberatungsvorschriften wie in der Bundesrepublik Deutschland nicht.  ++ (ju/mgn/26.01.16 – 026)

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