Friedrich Merz empfiehlt EWR-Aufnahme der Türkei und Großbritanniens

Leipzig, 4. Mai 2017 (ADN). Um die quälende und inzwischen endlose Diskussion um einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union (EU) zu beenden und eine realistische Lösung herbeizuführen, empfiehlt der ehemalige CDU/CSU-Fraktionschef im Deutschen Bundestag, Friedrich Merz, am Donnerstag bei den „Medientagen Mitteldeutschland“ in Leipzig die Aufnahme der Türkei in das Vertragswerk des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Es sei ein Tatbestand, dass die Türkei territorial und kulturell kein Teil Europas ist, sondern zu Asien gehört.

Der EWR ist eine vertiefte Freihandelszone zwischen der EU und der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA). Das dazu 1994 in Kraft getretene Abkommen dehnte seinerzeit den europäischen Binnenmarkt auf Island, Norwegen und Liechtenstein aus. Anfangs vereinte es zwölf EU-Staaten und sieben EFTA-Staaten. Gegenwärt gehören 31 Länder zu dem Wirtschafts- und Handelsbündnis.

Merz, der auch der Organisation Atlantikbrücke vorsteht, sprach sich desweiteren für die EWR-Aufnahme Großbritanniens nach dem vollzogenen Brexit aus. Das würde die bestehenden engen Wirtschafts-, Handels- und Dienstleistungsbeziehungen der jeweiligen Partner vereinfachen und stabilisieren. Damit wäre der EU gedient, die nicht überfordert werden darf. „Manches kann sie, anderes nicht“, so Merz. Er zeigte sich sehr besorgt darüber, ob das europäische Projekt im Kern erhalten werden kann. Die Skepsis gegenüber den EU-Mechanismen wachse. Das gelte auch für Deutschland. Dennoch werde darüber nicht diskutiert – weder vor noch hinter verschlossenen Türen. Das jüngste Treffen auf höchster EU-Ebene in Rom habe das wieder gezeigt. Man habe mit dem Problem der Deindustrialisierung weiter Teile Europas zu kämpfen. Zudem müsse die kulturelle Identität Europas endlich geklärt und die Frage eindeutig beantwortet werden, wo Europa eigentlich aufhört. „Wir brauchen industrielle Arbeitsplätze und daraus sind politische Konsequenzen zu ziehen“, insistiert Merz. Auf den Arbeitsmärkten Südeuropas – namentlich Spaniens, Portugals und Griechenlands – dümpele eine verlorene Generation vor sich hin. ++ (eu/mgn/04.05.17 – 125)

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Künstlich erzeugte Niedrigarbeitslosigkeit durch Deindustrialisierung und Entvölkerung

Nürnberg, 16. Juli 2016 (ADN). „Gute Qualifikation schützt vor Arbeitslosigkeit“. Das sagte der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, in Nürnberg in einem Interview, das am Wochenende in der „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) veröffentlicht worden ist. Ausbildung habe einen hohen Stellenwert. Je qualifizierter jemand sei, umso geringer sei das Risiko, durch die Digitalisierung arbeitslos zu werden.

Speziell zu Ostdeutschland präsentierte Weise aus seiner Sicht zunächst beeindruckend positive Zahlen. „Direkt nach der Wende in den neunziger Jahren hatten wir ja bekanntermaßen einen steilen Anstieg der Arbeitslosigkeit, und im Jahr 2005 nach Einführung des SGB II, dem sogenannten Hartz IV, gab es einen Höchststand von über 1,6 Millionen Erwerbslosen in Ostdeutschland. Seitdem aber ist die Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern konsequent zurückgegangen. Aktuell ist die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland auf dem niedrigsten Stand seit 1991.“

Weise wie auch sein Interview-Partner Ulrich Milde sind beide Westgewächse und verschleiern wahre Ursachen – entweder bewusst oder unbewusst. So mussten nach 1990 gut qualifizierte Ostdeutsche ihre Heimat verlassen, um der Arbeitslosigkeit im Osten zu entrinnen und Arbeitsplätze in Westdeutschland zu bekommen. Mehr als zwei Millionen Ostdeutsche waren auf diese Weise gezwungen, „Fremdarbeiter“ zu werden. Sie fielen natürlich aus der Arbeitslosenstatistik in den sogenannten neuen Bundesländern heraus. Die künstlich abgesogene Arbeitslosigkeit tauchte die dramatische Lage, die von deindustrialisierten, devastierten und entvölkerten Ost-Siedlungen geprägt wird, in ein helles, freundliches Bild. Westdeutsche wiederum kamen in den Osten, allerdings allein deswegen, um Führungspositionen zu besetzen. Das tat auch Milde, der Leiter der Wirtschaftsredaktion der inzwischen aus Hannover weitgehend ferngesteuerten LVZ geworden ist. Indirekt gibt Weise die generelle Misere teilweise zu und erklärt: „Durch ihren Niedergang ist die Betriebsstruktur im Osten heute deutlich kleinteiliger als in Westdeutschland. Das sehen wir auch an der Verteilung der Großunternehmen. Großunternehmen in Ostdeutschland haben ihre Firmenzentrale meist in Westdeutschland. Davon sind in der Regel auch die Unternehmensbereiche Forschung und Entwicklung betroffen.“  ++ (so/mgn/16.07.16 – 191)

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