Neue Zürcher Zeitung: Wut gegen die Treuhand lebt bis heute fort

Zürich, 7. Oktober 2017 (ADN). Die Wut gegen die Treuhand zur Privatisierung von Betrieben der einstigen DDR lebt bis heute fort. So lautet der Untertitel eines Beitrags in der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) am Sonnabend, die an dem von der DDR als Nationalfeiertag begangenen 7. Oktober über die gegenwärtige mentale Situation der Ostdeutschen berichtet. Darin kommt vor allem der Historiker Markus Böick von der Universität Bochum zu Wort, dessen von Constantin Goschler geleiteter Wissenschaftsbereich von der Ostbeauftragten der Bundesregierung mit einer erneuten Untersuchung der Treuhandanszalt beauftragt ist. Die Treuhand sollte seinerzeit rund 8.000 volkseigene Industriebetriebe mit vier Millionen Beschäftigten privatisieren. Als die von den Menschen verhasste Institution im Jahr 1994 ihre Tätigkeit einstellte, waren etwa zwei Drittel der Unternehmen in privater Hand. Allerdings fand sich in den umgewandelten Firmen Arbeit für nur noch eine Million Mitarbeiter. Bis heute werden die Arbeitsleistungen der DDR-Bevölkerung unterbewertet, sogar diskreditiert. Zahlreiche Benachteilungen folgen daraus bei den Löhnen und in den Renten. Bezeichnenderweise erhielt ein ostdeutscher Rentenantragsteller ausgerechnet an diesem ehemaligen DDR-Nationalfeiertag seinen Rentenbescheid. Ihm wird eine Netto-Rente in Höhe von 516 Euro zugebilligt. Seine gesamte in der DDR geleistete Arbeitszeit von 24 Jahren, in der er nicht einen Tag krankgeschrieben war, blieb unberücksichtigt. 

Nach Aussage von Böick wurde im Zuge der Wiedervereinigung ein großer Fehler gemacht: Dem Osten wurden blühende Landschaften versprochen und dem Westen, dass die Wiedervereinigung nichts kosten würde. Beides sei Illusion gewesen. Obwohl der erste, später ermordete Treuhandchef Detlev karsten Rohwedder den Wert der DDR-Industrie noch auf 600 Milliarden DM bezifferte, hinterließ die letzte Geschäftsführung unter Birgit Breuel einen Schuldenberg von 250 Milliarden DM. Zum weiteren Nachlass gehörten ein Aktenbestand von rund 40 Kilometern, der im Bundesarchiv lagert und von der Öffentlichkeit streng abgeschirmt wird. Mit einem Zugang und einem kleinen Spalt Transparenz ist frühestens im Jahr 2020 zu rechnen. Es besteht bis in die Gegenwart der starke Verdacht, dass das DDR-Vermögen verramscht und verschleudert wird. Ein Indiz dafür:  Der damalige Bundesfinanzminister Theo Waigel stellte die verantworlichen Treuhand-Manager von der Haftung für ihre Tätigkeit frei. ++ (hi/mgn/07.10.17 – 281)

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Neue Untersuchung zur Treuhandanstalt – Frische Impulse zur Aufdeckung des LPG-Skandals

Halle/Saale, 11. Juli 2016 (ADN). Die Ergebnisse einer neuen Untersuchung über die Tätigkeit der Treuhandanstalt sollen bis Sommer 2017 vorliegen. Das kündigte die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke, am Montag in der „Mitteldeutschen Zeitung“ (MZ) an. Im Vordergrund stünden die sehr unterschiedlichen Sichtweisen der jeweils von dieser einmaligen Privatisierung einer ganzen Volkswirtschaft Betroffenen. „Die einen empfinden die Arbeit der Treuhand als falsch oder unzureichend oder überhaupt nicht gewürdigt, die anderen machen die Treuhand für die erlittene Arbeitslosigkeit, für zahlreiche falsche Weichenstellungen oder gleich komplett für die De-Industrialisierung des Ostens verantwortlich“, so Gleicke. Die Ostbeauftragte teilte mit, dass die Analyse unter der Regie von Prof. Constantin Goschler steht. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Zeitgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum und war maßgeblich an dem Forschungsprojekt zu den NS-Bezügen des Bundesamtes für Verfassungsschutz in den Jahren 1950 bis 1975 beteiligt.  Der Wissenschaftler Bochum soll die Einschätzungen ehemaliger Treuhand-Mitarbeiter, von an der Privatisierung beteiligten Unternehmern und von Mitarbeitern ehemals volkseigener Betriebe einholen. Eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft für zehn Wochenstunden und sechs Monate ist ausgeschrieben. Einsatzbeginn ist Oktober 2016.

Mit welchen Problemen, Tricks und Hinterhältigkeiten der wirtschaftliche Umwandlungsprozess in der Landwirtschaft ehemaligen DDR vonstatten gegangen ist, zeigte am späten Montagabend der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) in einer Dokumentation mit dem Titel „Der LPG-Skandal“.  Daraus geht hervor, dass die übergroße Mehrzahl der seinerzeitigen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) nicht regelgerecht umgewandelt worden sind. Ihre Umwandlung ist nicht rechtskräftig mit verhehrenden Folgen. Eine bislang unbekannte Zahl von ehemaligen Genossenschaftsmitgliedern und Bauern ist um große Teile ihres in die jeweilige Genossenschaft eingebrachten Vermögens betrogen worden. Wichtige Passagen von bereits vor Jahren vorgenommenen wissenschaftlichen Untersuchungen des Juristen Walter Bayer von der Universsität Jena werden bis zum heutigen Tag von den verantwortlichen Landesministerien unter Verschluss gehalten und der Öffentlichkeit vorenthalten. Dazu gehören Listen mit den Namen derjenigen Agarbetriebe, deren juristischer Firmenwechsel nicht korrekt erfolgte. ++ (wi/mgn/11.07.16 – 186)

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