Digitalisierung als politischer Auftrag mit Aufbau Ost vergleichbar

Berlin, 22. Februar 2018 (ADN).Wenn man das Vertragswerk zu Ende gelesen hat, wird dem interewssierten Leser bewusst, dass das wichtigste fehlt: Koordinierung und Steuerung. Es findet sich kein Wort darüber, wer auf Bundesebene politisch den Hut aufhat. Dieses vernichtende Urteil über den Umgang mit der Digitalisierung im Koalitionsvertrag fällt der Vorsitzende des Normenkontrollrates, Johannes Ludewig, am Donnerstag in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“. Wer die Arbeitsweise einer Bundesregierung kenne, der wisse, dass das im Grundgesetz verankerte Ressortprinzip mit großer Verlässlichkeit dazu führt,  dass jedes Bundesministerium die Angelegenheiten seines Zuständigkeitsbereiches in eigener Regie betreibt. Bei relativ abgrenzbaren Teilbereichen wie dem Breitbandausbau oder der digitalen Bildung funktioniere das eventuell noch. Bei Digitalisierungsthemen, die alle Fachbereiche gleichermaßen betreffen, jedoch greife das nicht mehr.

Als Konsequenz aus diesem Manko muss nach Meinung von Ludewig in der Bundesregierung eine Person bestimmt werden, die als Politiker die Gesamtverantwortung für den digitalen Aufholprozess verantwortlich ist. Dieser Steuermann brauche die volle Unterstützung der Kanzlerin und des Vizekanzlers. Andernfalls werde er an den Ressortegoismen scheitern. Allerdings müsse der Betreffende nicht unbedingt an der Spitze eines Bundesministeriums stehen. Ludewig verglich den Aufgabenbereich mit seiner ehemaligen Tätigkeit als verantwortlicher Koordinator für den Aufbau Ost. ++ (it/mgn/22.02.18 – 053)

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Österreichs Bundeskanzler Kern pro Migranten-Obergrenze und kontra PKW-Maut

Berlin, 11. Dezember 2016 (ADN). Die Obergrenze ist ein klarer Kompass und ein „politisches Instrument, das Sinn macht.“ Das erklärte Österreichs Bundeskanzler Christian Kern in einem der „Bild am Sonntag“ veröffentlichten Interview zu den teilweise unkontrollierten Migrantenströmen in sein Land und nach Europa. Allerdings handle es sich um eine juristische Gratwanderung. „Aber es ist ein Zeichen an die Bevölkerung. Die Botschaft lautet: Wir setzen alles daran, die Zuwanderung zu begrenzen,“ so Kern. Selbst Papst Franziskus habe gesagt, das nicht mehr Menschen aufgenommen werden dürften, als integrierbar sind.

Zu dem zwischen Österreich und Deutschland seit langem sehr kontrovers geführten Thema Maut sagte der Bundeskanzler: „Wir sind in Österreich sehr unglücklich darüber. Das ist ein Belastungstest für die guten deutsch-österreichischen Beziehungen. Eine Maut für Ausländer schwächt die Solidarität in Europa.“ ++ (mi/mgn/11.12.16 – 338)

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Gedenktag in Abwärtsspirale: Untergang des 17. Juni im Straßenlärm und Baustaub

Berlin/Erfurt/Leipzig, 17. Juni 2016 (ADN). Mangels geeigneter Örtlichkeit fand die Gedenkveranstaltung zum 17. Juni am Freitag in Leipzig erneut in von Lärm und Stadtstaub umtostem Umfeld statt. Auch die installierte und provisorisch wirkende Mikrophonanlage vermochte es nicht, den vorbeirauschenden Straßenverkehr und die Geräusche von Baumaschinen zu kompensieren, geschweige denn zu übertönen. Die Einladung zu Kranzniederlegung und Schweigeminute wurde – wie in den vergangenen Jahren – zur Farce. Die diesjährige Rede, die vom Vorsitzenden des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge Markus Meckel gehalten wurde, ging ebenfalls im städtischen Geräuschpegel unter.

So gerät das Gedenken an die Opfer und Leiden der Aufständischen vom 17. Juni 1953 in der damaligen DDR unaufhaltsam in eine Abwärtsspirale. Noch bis zum Jahr 1990 in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung „Tag der Deutschen Einheit“ als gesetzlicher Feiertag zelebriert, wurde der Tag und der Anlass im selben Jahr abqualifiziert und in der so oft beschworenen Erinnerungskultur zum Gedenktag herabgestuft. Inzwischen gibt die Bundesregierung auf ihrer offiziellen und aktuellen  Internet-Seite zu: „Der Tag droht in Vergessenheit zu geraten.“ Damit stellt sie Helmut Kohls vor genau 25 Jahren auf dem Katholikentag der Diözese Speyer gemachte Aussage auf den Kopf. Der Bundeskanzler erklärte: „Dieser Tag war und bleibt mehr als nur ein nationaler Gedenktag.“ Er selbst hatte schon vorher an der würdelosen Demontage des Ereignisses maßgeblich mitgewirkt, indem der 17. Juni im sogenannten Einigungsvertrag als gesetzlichen Feiertag aufgehoben worden ist. Er folgte damit brav und konsequent seinem Ziehvater Konrad Adenauer, dem bereits unmittelbar nach dem bedeutsamen Tag im Jahr 1953 der RIAS-Redakteur Hanns-Peter Herz einen gewissen Grad an Minderwertigkeit bescheinigte: „Bonn hat sich wenig gesamtdeutsch verhalten in dieser Frage, die preußischen Kartoffeläcker waren halt nicht so interessant wie die Reben am Rhein.“

Gegen den zunehmenden Bedeutungsverlust, der nicht den Zeitläuften geschuldet, sondern „von Amts wegen“ systematisch betrieben wird, wächst nur schwacher Widerstand. Thüringen hat den 17. Juni in diesem Jahr dem Reich des Vergessens entrissen und entsprechend gewürdigt, wie es die Koalitionsvereinbarung der Rot-Rot-Grünen-Regierung vorsieht. Schauplatz ist Mühlhausen. Dort hatten 1953 Proteste und Unruhen der Landbevölkerung stattgefunden. Auf einer Bauern-Demonstration hatten die Teilnehmer ein Elf-Punkte-Programm präsentiert. Danach wurde die „Freilassung aller verurteilten und inhaftierten Bauern“ gefordert. ++ (ip/mgn/17.06.16 – 162)

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Renaissance der Bürgerwehren – Joachim Nettelbeck und Helmut Schmidt waren Retter und Idole ihrer Städte

Hamburg/München/Leipzig, 23. Januar 2016 (ADN). Auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland schießen gegenwärtig allerorten Bürgerwehren wie Pilze aus dem Boden. Die Geschwindigkeit ist so rasant, dass die kommunalen Administrationen kaum mit dem Zählen hinterherkommen. Die Statistikbeamten von Bund und Ländern ohnehin nicht, da ihnen vielfach die Kompetenz zum wahrheitsgetreuen und präzisen Erfassen neuer gesellschaftlicher Trends allgemein und in Sachen Flüchtlingen speziell inzwischen weitgehend abhanden gekommen ist. Insofern wird das Phänomen beispielsweise am Wochenende in der „Süddeutschen Zeitung“ unter prononciert historischem Blickwinkel abgehandelt und in der „Leipziger Volkszeitung“ vordergründig als juristische Gratwanderung betrachtet. Ein Paragraph des Strafgesetzbuches ermöglicht es nämlich dem mündigen Bürger, seinem Sicherheitsbedürfnis selbst und aktiv nachzugehen. Nichts liegt näher als in Gruppen unter dem Namen Bürgerwehr oder Bürgergarde auf Streife zu gehen, um Akteure von Wohnungseinbrüchen, Diebstählen und anderen Strafdelikten auf frischer Tat zu erwischen oder solchem kriminellen Treiben vorzubeugen. Das Vertrauen der Einwohner in die „offizielle“ Polizei sinkt dramatisch. Ihr droht das Schicksal, zur Randerscheinung zu werden. Natürlich nimmt sie das nicht einfach hin, sondern sucht verzweifelt nach Gründen ihrer Existenzberechtigung. Ausgerechnet in Sachsen hat ihr oberster Dienstherr, Innenminister Martin Ulbig, das in diesen Tagen sabotiert und zum Imageverlust zusätzlich beigetragen, indem er die Bildung einer Wachpolizei auf den Gesetzesweg gebracht hat. Sie wird in zwölf Wochen notdürftig in Lehrgängen auf eine Tätigkeit getrimmt, die ansonsten eine Qualifikations- und Ausbildungszeit von mindestens zweieinhalb Jahren erfordert. Er leistet somit der Renaissance der Bürgerwehren ungewollt Vorschub.

Die plötzlich immer häufiger auftauchenden Bürgerwehren begründen ihr Tun derzeit noch mit rein praktischen Notwendigkeiten, vor allem um Eigentum und Grundstücke vor Verlusten zu bewahren. Derzeit berufen sie sich nicht einmal auf die geschichtlichen Vorbilder, die letztlich als positive Beispiele der politischen Entwicklungen betrachtet werden. So gehören die ursprünglich aus der Waffenpflicht der Bürger zur Verteidigung ihrer Stadt entstandenen Bürgerwehren zu den Protagonisten der Märzrevolution 1848/49, die dann zum ersten demokratischen Nationalparlament Deutschlands in der Frankfurter Paulskirche geführt hat. Jahrzehnte zuvor bot sogar eine gloriose Persönlichkeit der Jugend ein glänzendes Vorbild, indem es in den Befreiungskriegen als engagierter Bürger dem Diktator Napoleon Bonaparte die Stirn bot. Sein Name ist Joachim Nettelbeck, der als Retter der pommerschen Stadt Kolberg an der Ostsee in die Geschichte einging. Er bewahrte die Festung Kolberg 1806/07 vor dem Fall und der Einnahme durch die französischen Belagerer. Als gewählter Bürgerrepräsentant im Stadtrat von Kolberg und Chef der städtischen Kanalisation organisierte er das Löschen der von den Franzosen in Brand geschossenen Stadt effizient und leidenschaftlich. Persönlich stieg er auf die in Flammen stehenden Türme des Mariendoms und dämmte den Kirchenbrand ein. Dazu entriss er dem preußischen Kommandanten und Zauderer Ludwig Moritz von Lucadou, den er als potentiellen Verräter und Unglück für Kolberg einstufte, kurzerhand die Befehlsgewalt über die Stadt. Fortan war Nettelbeck ein Idol, galt als Muster eines Bürgers und Patrioten. Es drängt sich ein etwas jüngerer Vergleich mit dem späteren Bundeskanzler Helmut Schmidt auf, der als junger Hamburger Innensenator bei der Sturmflut im Jahr 1962 alle denkbaren bürokratischen, regulatorischen und sonstigen Hindernisse ignorierte und die Hansestadt vor noch größeren Folgen der Katastrophe bewahrte. Beide – Nettelbeck und Schmidt – gelten in der Erinnerung der Bürger ihrer Stadt als Retter, Fanale und manchmal sogar als Helden.  ++ (bg/mgn/23.01.16 – 023)

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Politik und Fußball spielen Doppelpass – personell, inhaltlich und medial

Köln, 27. Dezember 2015 (ADN). Der niedersächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Grindel zog es kürzlich vor, in Düsseldorf an einer Präsidiumssitzung des Deutschen Fußball-bundes (DFB) teilzunehmen, statt in Berlin über den Einsatz der Bundeswehr in syrien abzustimmen. Mit dieser Facette der bundesdeutschen Polit-Landschaft läutete der Deutschlandfunk am Sonntag eine sechsteilige Sendereihe über die enge Verzahnung des Fußballs mit den Machtapparaten ein. Grindel, der als neuer Fußballpräsident gehandelt wird und sich gegenwärtig konkreten Vorwürfen der Beeinflussung seitens des DFB auf die Politik ausgesetzt sieht, stehe in der Tradition konservativer Politiker an der DFB-Spitze. Gerhard Mayer-Vorfelder war Landesminister, Theo Zwanziger Regierungspräsident – beide in der CDU. Politik und Fußball spielen Doppelpass. Nicht nur personell und inhaltlich, sondern auch medial, stellt Autor Moritz Küpper fest. Dass solche zweifelhaften Kombinationen sogar höchste prokollarische Ordnungen durcheinander oder gar sprengen können, beweisen die gemeinsamen Besuche von Bundeskanzlern und Bundespräsidenten – zwei unabhängig voneinander agierende Verfassungsorgane – bei den Fußballweltmeisterschaften in Brasilien 2014 und in Japan 2002. Es wird auf andere fragwürdige Konsequenzen hingewiesen:  Als der Bremer Senat seine Pläne öffentlich machte, die Polizeimehrkosten bei Risikospielen künftig der Deutschen Fußball-Liga (DFL) in Rechnung zu stellen, entzogen die Fußballkönige dem Stadtstaat Bremen ein wenige Monate später angesetztes Länderspiel und bekam dafür den Segen des Sportministers de Maiziere. Auch Privilegien wie die Gemeinnützigkeit der millionenschweren DFB-Steuerbefreiungen von Großereignissen oder der Anspruch, Immobilien für Projekte wie das neue DFB-Kompetenzzentrum in Frankfurt am Main oder das Dortmunder Fußballmuseum kostenfrei oder zu günstigen Konditionen zu bekommen, seien ein Ergebnis wohlwollender Öffentlichkeit.

Der Verdacht, Staatssport ganz eigener Art, eventuell nach dem allseits verteufelten DDR-Vorbild zu betreiben, ist angesichts solcher Verquickungen kaum von der Hand zu weisen. ++ (sp/mgn/27.12.15 – 352)

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