Frisierte Arbeitsmarkt-Statistiken – Langzeitarbeitslose werden weggerechnet

Nürnberg/Berlin, 18. Juli 2017 (ADN). Die wenigsten Langzeitarbeitslosen finden Arbeit. Doch anstatt deren Förderung zu verbessern, schafft die Bundesregierung lieber Rücklagen. Das schreibt die Zeitung „neues deutschland“ (nd) am Dienstag nach Bekanntwerden neuester Zahlen aus der Bundesagentur für Arbeit. Nur jeder achte Langzeitarbeitslose, den die Bundesagentur nicht mehr als solchen zählt, habe eine reguläre Beschäftigung gefunden.

Wie dieser Schwund an Langzeitarbeitslosen vonstatten geht und damit die gesamte Arbeitslosenstatistik frisiert wird, erläutert die Zeitung in vielen Einzelheiten: „Unter den Langzeitarbeitslosen, die in der Arbeitsmarktstatistik nicht mehr auftauchen, befinden sich 308.984 Personen, die eine Aus- oder Fortbildung anfingen, was auf den ersten Blick vielversprechender erscheint, als es ist. Denn nur 10.340  Personen hatten ein Studium oder eine Berufsausbildung begonnen. 298.644 nahmen an ’sonstigen Ausbildungen oder Maßnahmen‘ teil – in der Regel von der Agentur für Arbeit geförderte Seminare zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Der statistische Trick, den die Bundesagentur dabei anwendet, ist, nach Beendigung der Maßnahme die Teilnehmer nicht länger als Langzeitarbeitslos zu zählen. Genauso wenig wie jene 507.304 Personen, bei denen eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden war, oder jene 45.227, die ‚aus dem Erwerbsleben ausschieden‘, also in Rente gingen. ++ (so/mgn/18.07.17 – 200)

http://www.adn46.wordpress.com, http://www.adn.1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

Westliche Bundesländer imitieren pädagogisches DDR-Modell

München, 20. April 2017 (ADN). Im Herbst dieses Jahres starten sechs deutsche Bundesländer ein pädagogisches Modellprojekt, das in der jüngsten Ausgabe der „Deutschen Handwerks Zeitung“ (DHZ) unter der Überschrift „Handwerker und Abiturient in einem“ überwiegend positiv bewertet wird. Dabei absolvieren die Jugendlichen in nur vier Jahren eine Duale Berufsausbildung und im gleichen Zeitraum machen sie das Abitur. Kurzbezeichnung des Bildungsgangs ist Berufsabitur. Das Pilotprojekt für das Schuljahr 2017/18 beginnt in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Den Bewohnern des neuen Bundeslandes begegnet mit diesem Bildungsprojekt ein alter DDR-Bekannter aus den 60er Jahren. Das Lehrwerkkonzept trat vor 55 Jahren im Schuljahr 1961/62 für die gesamte DDR in Kraft. Dabei legten die Schüler während der vierjährigen Schul- und Ausbildungszeit bis 1968 keinen Zehnklassenabschluss ab. Ab 1965 war dieses Abitur mit Berufsausbildung sogar mit einem monatlichen Lehrlingsentgelt verbunden zwischen 40 und 70 Mark je nach Lehrjahr. In der thüringischen Stadt Eisenach waren für die Abiturienten Kraftfahrzeugschlosser, Koch oder Maurer gängige Ausbildungsberufe.

Der „Erfinder“ dieses beliebten Grundmusters, berufliche und schulische Bildung miteinander zu kombinieren, war der von 1958 bis 1963 amtierende DDR-Volksbildungsminister Alfred Lemmnitz. Er hatte auf diese Weise den Schülern des neusprachlichen A-Zweiges, des naturwissenschaftlich-mathematisch orientierten B-Zweigs und des altsprachlichen C-Zweigs den Zugang zu einer gleichzeitigen Berufsausbildung eröffnet. So mancher, der später nicht studieren wollte, konnte mit seinem Facharbeiterzeugnis gleich direkt – ohne zusätzliche Schritte – ins Berufsleben eines Unternehmens einsteigen.

Für die westlichen Bundesländer, wo die jeweiligen Handwerkskammern dieses Berufsabitur auf dem Weg gebracht haben, ist das Modell völlig neu. Da das Projekt auch in die individuelle Bildungslandschaft des jeweiligen Bundeslandes einzufügen ist, wird es naturgemäß zwischen den Ländern mehr oder minder große Unterschiede geben. Eine einheitliche Lösung gibt es also nicht. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat mit der Kultusministerkonferenz (KMK) drei verschiedene Varianten entwickelt. Laut DHZ ist der im Handwerkskammerbezirk Köln dafür zuständige stellvertretende Geschäftsführer Markus Eickhoff mit den Vorbereitungen zur Einführung des Berufsabiturs zufrieden. Die erste Klasse für Berufsabiturienten sei theoretisch sicher. 18 Betriebe hätten zugesagt und damit gebe es 22 potentielle Ausbildungsplätze. „Jetzt fehlen nur noch die Jugendlichen, die den Ehrgeiz haben, binnen vier Jahren parallel eine handwerkliche Ausbildung und das Abitur zu machen“, so die DHZ. ++ (pa/mgn/20.04.17 – 110)

http://www.adn46.wordpress.com, http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v.10.10.46