„Manifesto di Ventotene“ als uralte Europa-Idee aus der Versenkung gehoben

Neapel, 22. August 2016 (ADN). Vielerorts reiben sich am Montag die Europäer die Augen. Erst die nach Neapel gereiste Troika Merkel-Holland-Renzi verdeutlicht mit dem Besuch des Grabes von Altiero Spinelli auf der Insel Ventotene, dass neben der seit Jahrzehnten zelebrierten europäischen Idee viele weitere Konzepte über die „Vereingten Staaten von Europa“ exisitierten und existieren. Stillschweigend geben die drei Politgrößen damit zu, dass das bisher nach Robert Schuman und Jean Monnet orientierte Konstrukt der Europäischen Union (EU) nicht mehr funktioniert. Das von den Gefangenen der Mussolini-Diktatur Altiero Spinelli, Ernesto Rossi und Eugenio Colorni zwischen 1941 und 1944 entworfene „Manifest von Ventotene“ sah Europa als Bundesstaat vor, in dem die Souveränitätsrechte der Nationen weitgehend verschwinden sollten. Im Manifest heißt es: „Die erste anzugehende Aufgabe, ohne deren Lösung jeglicher Fortschritt ein trügerischer Schimmer bleiben würde, ist die endgültige Beseitigung der Grenzen, die Europa in souveräne Staaten aufteilen.“ Daraus saugen die Resteuropäer ihren politischen Honig, der eigentlich von einem Erzfeind stammt. Spinelli und seine Kombattanten sind nämlich Kommunisten reinsten Wassers gewesen. Wahrscheinlich ist deshalb dieses Manifest so lange unbekannt geblieben und wird nun als Notbibel vor dem leise gewordenen EU-Fanfarenzug vorneweg getragen. Sich nach dem Gang zum Friedhof auf dem italienischen Flugzeugträger „Giuseppe Garibaldi“ zum Essen zu treffen, ist für das Publikum zusätzlich irritierend. Das würde auch für Spinelli gelten – einen fantischen Kriegsgegner und föderalistisch gesonnenen Friedensboten.

Das italienische Fernsehprogramm RAI1 zeigt am Montagabend den Film „Un mondo nuovo“. Es wäre zu empfehlen, ihn in allen EU-Mitgliedsstaaten vorzuführen, damit die europäischen Bürger sich ein eigenes Bild von dem neuentdeckten Schöpfer der europäischen Einheit machen können. Dass dem im Alter von 17 Jahren in die Kommunistische Partei eingetretenen Spinelli die heutige EU nicht gefallen würde, weil sich alles nur um’s Geld dreht, ist schon eine erste Erkenntnis. ++ (eu/mgn/22.08.16 – 227)

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