Heimat immer facettenreicher

Berlin, 23. März 2019 (ADN). Der Heimatbegriff gerät weiter in die deutungshoheitliche Mangel und wird immer facettenreicher. Einen neuen Versuch unternimmt der Publizist Michael Jürgs in der Zeitung „Der Tagesspiegel“ am Sonnabend.  Im Mittelpunkt seiner Betrachtungen steht die „Heimat Europa“. Darin wird den Ostdeutschen ein eigener Abschnitt gewidmet: Dort heißt es: „Parallel zur Globalisierung wuchs, vergleichbar mit kommunizierenden Röhren, die Sehnsucht nach Heimat.  Vor allem in den neuen Bundesländern. Dort war Vollbeschäftigung, auch wenn es, mangels tatsächlicher Arbeit, nur eine scheinbare gewesen ist, die eigentliche Identität. Wahre Heimat blühte nur in stasifreien Nischen der Datschen unter dem Motto: Freitag ab eins macht jeder seins. Die anbrechende Massenarbeitslosigkeit löschte diese Identität stiftende gemeinsame Heimat. Die Folge war gefühlte Heimatlosigkeit. Schuldige wurden gesucht.“ ++ (id/mgn/23.03.19 – 081)

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„Es gärt bei den Arbeitern im Osten“

Jena, 3. März 2018 (ADN). „Es gärt bei den Arbeitern im Osten. Die Bereitschaft, sich gewerkschaftlich zu organisieren, nimmt zu. Aber die Leute wollen dann sehen, dass auch etwas passiert. Und wenn das nicht geschieht, dann sehen sie keinen Widerspruch darin, einerseits zu streiken und danach die Busse für die Pegida-Demonstration zu organisieren.“ So beschreibt Prof. Klaus Dörre von der Friedrich-Schiller-Universität Jena in einem am Sonnabend in der „Berliner Zeitung“ veröffentlichten Interview die gegenwärtige Situation unter Betriebsräten und Gewerkschaftern. Einige Arbeitnehmer gerade im Osten werfen den Gewerkschaften vor, sie seien zu angepasst, meint der Experte für Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie. Das sei verständlich. Die Gewerkschaften hätten in der Vergangenheit im Osten viele Kompromisse machen müssen. Das liege schlicht an den Machtverhältnissen zwischen Kapital und Arbeit. Daher solle sich niemand einbilden „patriotische Gewerkschaften“ wären erfolgreicher. Sie seien erstens viel zu klein und brächten keine neue Gegenmacht auf die Straße. Zudem könnten sie nichts an den Machtverhältnissen ändern, auch wenn sie größer wären.  ++ (so/mgn/03.03.18 – 062)

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Rifkin: Dritte industrielle Revolution kann Merkels Vermächtnis werden

Berlin, 8. November 2017 (ADN). Jede große Veränderung in der Geschichte benötigt drei Elemente. Sie müssen miteinander agieren, damit das System als Ganzes funktioniert. Das stellt der Zukunftsforscher, Ökonom und Publizist Jeremy Rifkin in einem Interview mit der Zeitung „Handelsblatt“ am Mittwoch fest. Die drei Elemente seien neue Kommunikationstechnologien, neue Energiequellen und neue Formen der Mobilität. Als Beispiel nannte Rifkin die erste industrielle Revolution im 19. Jahrhundert. Sie sei geprägt gewesen durch dampfgetriebene Druckerpresse, Telegraphie und die Eisenbahn mit weitreichenden Streckennetzen. Deutschland stehe gegenwärtig am Scheitelpunkt der dritten industriellen Revolution. Ob und wie es gelingt, hänge von den Politikern ab. Die wiederum habe es schon viel Mut gekostet, sich vom Atomstrom zu trennen und von fossilen Energiequellen abzuwenden. Der politische Elan sei wiederzufinden, um den nächsten Schritt zu gehen. Angela Merkel müsse das Kommunikationsinternet, mit dem völlig digitalisierten Energieinternet verbinden und dann Gleiches mit dem Mobilitätsinternet tun.

„Die Transformation ist eine enorme Chance für Kanzlerin Merkel. Dies ist ihre vierte Amtszeit. Sie hat mit alldem begonnen. Das könnte ihr Vermächtnis werden“, meint der Zukunftsforscher. Mit einer smarten digitalen Infrastruktur könne ein ganzheitliches Europa entstehen mit neuen Geschäftsmöglichkeiten für und Unternehmen und Arbeit für all jene, die sich abgehängt fühlen.  ++ (en/mgn/08.11.17 – 313)

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Bemerkenswerte Weise-Einsichten – Abgesang des hohen Lieds auf Arbeit

Nürnberg, 1. März 2017 (ADN). Es ist nichts Ungewöhnliches, wenn hohe Staatsdiener, mächtige Wirtschaftsbosse oder sogar politische Führungsspitzen am Ende ihrer beruflichen Laufbahn zu Einsichten kommen, die auffällig im Kontrast zu ihrer eigenen vergangenen Tätigkeit und dem ihrer jeweiligen Organisation stehen. Besonders bemerkenswert ist das beim Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, der sich im gerade begonnenen Monat März aus seinem Amt nach 13jährem Wirken in den Ruhestand begibt. In der Mittwochausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) verabschiedet er sich mit geradezu philosophischen Äußerungen über Menschenwürde und Gerechtigkeit  im Zusammenhang von sinnstiftender Arbeit. Dieser Begriff „Arbeit“ fällt dabei überdurchschnittlich – geradezu inflationär – häufig, während das Wort „Job“ als sein herabwürdigendes, despektierliches und empörendes Alltags-Pendant nicht einmal mit der Lupe zu finden ist. Das dürften „Kunden“dieser Mammutbehörde, die unter der Knute, gar Knechtschaft dieser Instanz und ihrer Gliederungen namens Jobcenter über Jahre hinweg litten und existierten, als Hohn und Spott empfinden.

„Man muss den Arbeitsalltag nicht idealisieren, um den Zusammenhang zwischen Arbeit und Würde zu erkennen. Fleiß, Initiative und Selbstbewusstsein verdienen Förderung, können aber durch ungünstige Einflüsse auch abtrainiert werden. Gewiss gibt es in unserer Arbeitswelt auch ‚prekäre‘ Tätigkeiten, die wenig Arbeitsfreude erwarten lassen. Aber es wäre grundfalsch, die Arbeitszufriedenheit ausschließlich in Abhängigkeit von der Qualifikation zu sehen. Entscheidend ist das Bewusstsein, gebraucht zu werden und Nützliches zu tun“, schreibt Weise. Solche Darstellungen nähren das Misstrauen auf die Etablierten und lassen nicht nur bei Hartz-IV-Empfängern mehr als Frust aufkommen. Sie sind im Vergleich mit der Wirklichkeit ein Abgesang des hohen Lieds auf Arbeit. ++ (so/mgn/01.03.17 – 056)

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Arbeitsgentur schwimmt im Geld, ihre „Kundschaft“ im Prekariat

Nürnberg/Essen, 31. Dezember 2016 (ADN). Die Bundeagentur für Arbeit meldet zum Jahresende einen Überschuss in Höhe von fünf Milliarden Euro. Ursprünglich war für 2016 mit einem Überhang von „nur“ 1,8 Milliarden Euro gerechnet worden. Damit wachsen die Rücklagen der Arbeitsbehörde auf elf Milliarden Euro. 

Für die sinkende Aussagekraft dieser statistischen Zahlen spricht die Wirklichkeit. Sie wird vom Politikwissenschaftler und Direktor des kulturwissenschaftlichen Instituts Essen, Prof. Claus Leggewie, zum Jahresausklang sehr sachlich und doch zutreffend gekennzeichnet. Die soziale Ungleichheit habe zugenommen. Im Mittelstand herrsche Panik, abgehängt zu werden. Es gebe zunehmend Menschen, die jahrzehntelang arbeitslos sind oder in prekären Beschäftigungsverhältnissen leben. Globalisierung und neoliberale Politik hätten viele Menschen ihrem Schicksal überlassen. Sie sind zumeist die als Kunden bezeichneten Armseligen, die am Gängelband der Bundesagentur für Arbeit geführt werden. Sie schwimmen im Prekariat und die Bundesagentur im Geld. ++ (so/mgn/31.12.16 – 356)

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50. Geburtstag zweier unterbelichteter bis ignorierter Menschenrechtspakte

Wien/London, 17. Dezember 2016 (ADN). Zwei bedeutende Menschenrechtspakte haben soeben ihren 50. Geburtstag gefeiert. Es handelt sich um den Internationalen Pakt für bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) sowie den Pakt für soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte. Trotz des erreichten ansehnlichen Alters blieben diese internationalen Kontrakte bislang wenig beachtet, unterbelichtet und werden nicht selten einfach ignoriert. Das gilt sogar für die juristische Zunft – auch in diversen bundesdeutschen Rechtsinstanzen. Politiker instrumentalisieren die beiden Vertragswerke fast ausschließlich in Sonntagsreden und Menschenrechtsappellen, in denen die Verhältnisse in anderen außereuropäischen Staaten angeprangert werden sollen. Solche Vorwürfe gehen den Volksvertretern leicht von den Lippen. Werden sie jedoch auf Mängel in der Wahrnehmung der Menschenrechte im eigenen innerstaatlichen Zirkel angesprochen oder angeschrieben, wird das in der Regel empört zurückgewiesen. Häufig wird gar nicht reagiert.

Dass es jedoch mit der praktischen Umsetzung beider Pakte in Europa einschließlich der Bundesrepublik Deutschland (BRD) nicht zum besten bestellt ist, erläutert Koldo Casla von der Kings School London anlässlich des Jubiläums auf dem Wissenschafts-Nachrichtenportal „The Conservation“. Zuerst nennt der Forscher und ehemalige Chef des Stabes des baskischen Menschenrechtsbeauftragten (Ararteko) mentale Schwächen in der administrativen Wahrnehmung. Zwar hätten fast alle Länder beide Pakte unterschrieben, aber der zweite werde nicht so ernst genommen wie der erste. Die UNO sei schlecht beraten gewesen, die betreffenden Rechte überhaupt in zwei Pakete zu trennen. Zudem sei der letztlich in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte IPbpR viel konkreter formuliert als der zweite, der bei Insidern in Europa auch als Sozialcharta bekannt ist und sehr viel schlechter überwacht wird.

Diese unterschiedliche Gewichtung schlägt sich auch im deutschen Grundgesetz nieder. Die BRD hat beide Pakte unterschrieben. Allerdings wurde nur der erste ins Grundgesetz aufgenommen. Der zweite Kontrakt, der auch das Recht auf Wohnung, Arbeit und kulturelle Teilhabe beinhaltet blieb außen vor. ++ (mr/mgn/17.12.16 – 344)

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