Bielefeld, 7. Juni 2016 (ADN). Der kürzlich zum neuen Vorsitzenden des Deutschen Richterbunds gewählte Bielefelder Amtsgerichtsdirektor Jens Gnisa befürchtet eine „Erosion des Rechts“. Das erklärte er in einem am Dienstag vom „Handelsblatt“ veröffentlichten Interview, das am Rande des Deutschen Anwaltstages geführt worden ist. Es sei ein größerer Bogen zu schlagen und zu hinterfragen, ob der Wert des Rechts in der Gesellschaft richtig gesehen wird. Es gehe um zunehmende Wut, Empörung, Emotion. Gnisa versucht seine Auffassung anhand eines Beispiels zu erklären. „Ein Bauhandwerker reicht Klage wegen ausstehender Zahlungen ein. Die klingt für den Richter zunächst plausibel. Dann kommt die Klagererwiderung des Baunuternehmers, die sich auch einleuchtend liest. Jetzt beginnt überhaupt erst die juristische Arbeit. Die Bevölkerung bildet sich häufig sofort ein Urteil und regt sich über davon abweichende Entscheidungwen auf. So kommt es im Strafverfahren zur Vorverurteilung von angeklagten Personen. Nach Freisprüchen ginbt es keine vollständige Rehabilition mehr.“
Auch seitens der Politik wird das Recht durchaus in Frage gestellt, bemängelt Gnisa. So folge die Politik zwischenzeitlich nicht mehr den eigenen Vorgaben bezüglich der Maastricht-Kriterien zur Neuverschuldung. „Oder das Versprechen der Kanzlerin in der Finanzkrise, die Spareinlagen zu sichern – am Bundestag vorbei.“ Vom Bundesjustizminister wünscht sich der neue Richter-Bund-Chef einen Rechts-Gipfel, mit dem die Bedeutung des Rechts für die Gesellschaft klargemacht werden müsse. ++ (ju/mgn/07.06.16 – 152)
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