Strafverfahren gegen „Schwarzfahrer“ eingestellt

Leipzig, 28. November 2017 (ADN). Das Strafverfahren gegen einen „Schwarzfahrer“ wurde am Dienstag in Leipzig vorläufig eingestellt. Der Beschuldigte war nach einer Verurteilung durch das Amtsgericht Leipzig zu einer Geldstrafe in die Berufung vor dem Landgericht Leipzig gegangen. Das entschied nunmehr, das Verfahren so lange einzustellen, bis das Oberlandesgericht Dresden über den Revisionsantrag in einem vorangegangenen Rechtsstreit – ebenfalls zum Straftatbestand „Leistungserschleichung“ – geurteilt hat. Die Argumentation des Beklagten ruhte auf drei Säulen: zunächst hatten die Fahrkartenkontrolleure einen falschen Namen des angeblich blinden Passagiers registriert. Zudem berief sich der Betroffene auf den Tatbestand, dass er mit solchen Fahrten bei den Leipziger Verkehrsbetrieben seinen ihm zustehenden und bis heute nicht ausgezahlten Vermögensanteil am DDR-Volkseigentum abstottert. Seine dritte Begründungskette reicht in die Rechtsgeschichte. Die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs hatten nach Kriegsende sämtliche während der Nazizeit von März 1933 bis Mai 1945 eingeführten Gesetze außer Kraft gesetzt und für unbefristet rechtsunwirksam erklärt. Dazu zählen auch einige Straftatbestände, die trotz der Grundsatzentscheidung der Alliierten bis in die Gegenwart in der praktischen Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland angewendet werden. Dazu gehören Erschleichen von Leistungen, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort und Vortäuschen einer Straftat.

Eine Gruppe engagierter Juristen in Hessen hat vor einiger Zeit hinsichtlich des Bagatelldelikts „Schwarzfahren“ eine umfassende Untersuchung vorgenommen. Dabei waren sie zu der Erkenntnis gekommen, dass in Deutschland deswegen jährlich Hundertausende zu Geld- und sogar Haftstrafen verurteilt werden. ++ (ju/mgn/28.11.17 – 333)

http://www.adn46.wordpress.com, http://www.adn1946.wordpress.com, e-mail: adn1946@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), adn-nachrichtenagentur, SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46

Irrungen und Wirrungen um den Staat Preußen

Berlin, 25. Februar2017 (ADN). Preußen löst erneut „Irrrungen und Wirrungen“ aus. Getreu dem gleichnamigen Werk seines einstigen Bürgers Thedor Fontane, hugenottischer, also französischer Herkunft, wird am Sonnabend der Tilgung des preußischen Staates durch die allierten Siegermächte vor 70 Jahren gedacht. Mit dem berühmten, im Gebäude des preußischen Kammergerichts erlassenen Kontrollratsgesetz Nr. 46 sei am 25. Februar 1947 der Staat Preußen aufgelöst worden. So geistert die Nachricht schlicht und einfach über Gazetten, Radioempfänger und Fernsehgeräte zu den Lesern, Hörern und Zuschauern. Dass Preußen bereits vorher in mannigfacher Art rund sechsmal die staatliche Existenz im Zeitraum zwischen 1867 bis 1945 abgesprochen oder tatsächlich abhanden gekommen ist, bleibt tunlichst unerwähnt. Dazu bräuchte es tiefer Geschichtskenntnis oder juristischen Forscherdrangs. Das Bemühen um solche Aufklärung ist jedoch heuzutage unterentwickelt. Es sinkt sogar rapide. Zuweilen entsteht der Eindruck, dass eine Tiefenanalyse absichtlich unterlassen wird. So stellen die Meinungsmacher unversehens unter Beweis, wie ein schwieriger Sachverhalt nicht näher beleuchtet, untersucht und zum Zerrbild seiner selbst wird. Der allerorten derzeit verbreitete Begriff von Fake News oder – krass – Lüge drängt sich auf.

Zu diesem unter dem Titel „Gefühlte Wahrheit“ schreibt am Wochenende Sebastian Herrmann in der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ): „Die Berichterstattung über Lügen und Gerüchte sollte deshalb die strategischen Interessen hinter diesen Behauptungen beleuchten. Sie sollte Motive der Trolle erklären, und, wo möglich, tatsächliche Zusammenhänge beschreiben. Das ist schwer, sehr schwer, weil auch hier gilt: Eine simple Behauptung ist für das Gehirn attraktiver und fühlt sich eher wahr an als deren komplexe Korrektur“.  

Bezüglich des besagten Kontrollratsgesetzes Nr. 46 verwies vor zehn Jahren der Urenkel des deutschen Kaisers gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“ auf das Motiv, Preußens Existenz nochmals mittels eines extraordinären historischen Dokuments auszulöschen auf den Vorwurf des ausgeprägten Militarismus. Es habe im 18. und 19. Jahrhundert 280 Kriege gegeben, in die europäische Mächte verwickelt waren. Die Beteiligung daran sei zu 28 Prozent französisch, zu 26 Prozent britisch, zu 23 Prozent russisch und nur zu acht Prozent preußisch gewesen. Dies wäre zu widerlegen. Aber wer macht sich diese Mühe. ++ (ge/mgn/25.02.17 – 054)

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