Berlin, 18. März 2019 (ADN). Eine Überlastung deutscher Verwaltungsgerichte wie derzeit durch die Masse der Asylverfahren hat es bisher in der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit noch nie gegeben. Das brachte der Vorsitzende des Verbandes deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller, am Montag in einem Interview mit der Zeitung „Die Welt“ zum Ausdruck. In den Jahren 2015 bis 2018 seien insgesamt 600.000 Asylverfahren bei deutschen Verwaltungsgerichten eingegangen. Das habe selbst die sehr hohen Zahlen der Asylkrise 1992 weit überstiegen. Wenn ab sofort tatsächlich kein neues Asylverfahren mehr hinzukäme, müsste – grob geschätzt – zwei Jahre weitergearbeitet werden, um alle Asylverfahren abzuarbeiten. Nach Angaben des Chefs der deutschen Verwaltungsrichter sind derzeit 330.000 Verfahren anhängig, davon rund 220.000 Klagen gegen Asylentscheidungen und 110.000 sonstige Verfahren. Von diesen sonstigen Verfahren seien viele ausländerrechtliche KLagen, etwa weil ein endgültig abgelehnter Asylbewerber ein Bleiberecht nun im Ausländerrecht sucht.
Seegmüller nennt Einzelheiten: „Vermehrt treten Verfahren auf, deren Hintergrund Heirat, Verpartnerung oder die Geburt von Kindern in Deutschland sind. In diesen Verfahren stzellt sich dann unter anderem die Frage, ob die genannten Aufenthaltsgründe echt oder nur vorgespiegelt sind. Es kommt beispielsweise vor, dass Ehen nur formal eingegangen werden, um einem Ausländer ein Aufenthaltsrecht zu vermitteln. Wenn die Ausländerbehörde Zweifel hat, dass die Ehepartner auch wirklich eine eheliche Lebensgemeinschaft führen wollen, verweigert sie einen Aufenthaltstitel. Dagegen gehen Betroffene rechtlich vor.
An einigen Praktiken der Behörden äußert Seegmüller erhebliche Bedenken. Die Grundidee beispielsweise hinter der Duldung sei zwar richtig. Er habe aber Zweifel, „ob die Abschiebung wirklich in jedem Fall, in dem eine Duldung erteilt wird, auch tatsächlich oder rechtlich unmöglich ist“. Nicht jede reisebedingte gesundheitliche Belastung führe zur rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung. „Und allein der Umstand, dass in Deutschland Winter ist, muss auch nicht gleich zu einer vertieften Prüfung der Zumutbarkeit einer Abschiebung führen, wie dies in Thüringen derzeit Weisungslage ist.“ ++ (ju/mgn/18.03.19 – 076)
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