Kontrast einer europäischen Weisheit: Sklaven zwangsweise zur Freiheit erziehen

Ljubljana, 31. Januar 2016 (ADN). Eine Möglichkeit, rassisstisch zu sein, besteht darin, den anderen als Rassisten zu verunglimpfen. Diese These stellte der slowenische Philosoph Slavoj Zizek in einem am Wochenende in der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) veröffentlichten Interview auf. Als originellen Beweis führte er Tatbestände aus der jüngeren Vergangenheit seiner Heimatregion und des alten Kontintents Europa an: „Als wir hier im Balkan einen Krieg hatten, bestand die Reaktion vieler Westeuropäer darin zu sagen: Wir in Westeuropa sind tolerant, während die Osteuropäer übereinander herfallen und sich in rassistischer Manier bekriegen. Das war, genau, purer Rassismus!“

Eine bedenkenswerte Auffassung äußert Zizek auf die Frage, ob derjenige ein Rassist sein kann, der Menschenrechte für universell hält. Wenn der Betreffende andere daran teilhaben lassen will, dann laute die Antwort „Nein“. Menschenrechte verkörperten schließlich einen Fortschritt für die ganze Menschheit. Dies wiederum bedeute nicht, dass diese Art Rhetorik nicht für Imperialismus missbraucht werden kann. Er verweist auf interessante Hintergründe aus der Historie: „In derselben Zeit, in der in Europa die individuellen Rechte entdeckt und verbrieft wurden – also im 17. und 18. Jahrhundert – zögerten die Europäer nicht, alle möglichen Nichteuropäer zu versklaven. Zeit der theoretischen Menschenrechte und der praktischen Sklaverei – nun ja, sie fallen zusammen. Und wissen sie, was die Europäer sagten, um den Widerspruch vor sich selbst zu rechtfertigen ? Wir müssen die Sklaven zwangsweise zur Freiheit erziehen. Als wäre Sklaverei der erste Schritt auf dem Weg zur Freiheit !“  ++ (mr/mgn/31.01.46 – 031)

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Blackrock verwaltet mit 4,5 Billionen Dollar mehr als Deutschlands Bruttosozialprodukt

Los Angeles, 30. Januar 2016 (ADN). Vielleicht brauchen wir erst 25 Pleiten, einen Fall der Ölpreise auf 22 Dollar und einen weiteren Einbruch um weitere zehn Prozent an den Märkten, bevor sich die Lage stabilisieren kann. Das erklärte der Chef der weltgrößten Fondsgesellschaft Blackrock, Larry Fink, in einem am Wochenende im „Handelsblatt“ publizierten Interview. Die Welt befände sich in einer Umbruchphase. Milliarden Menschen profitierten von den gefallenen Energiepreisen. Andererseits litten Hunderte von Unternehmen unter dem massiven Preisverfall, ihre Erlöse brechen ein, Kurse und Bewertungen fallen. Gleichzeitig gebe es Sorgen um China, die in zehn Jahren das durchziehen wollen, was wir in 50 Jahren versucht haben hinzubekommen – nämlich den Umbau der Wirtschaft von einer exportgetriebenen Ökonomie hin zu einer auf das Inland konzentrierten Dienstleistungsgesellschaft. „Krisen tauchen nicht auf, wenn wir die Gefahren kennen. Es ist wie bei einem Eisberg. Gefährlich ist, was unter der Wasserlinie liegt und nicht zu erkennen ist – wie das bei China der Fall ist,“ befürchtet Fink, der als graue Eminenz in der Finanzwelt gilt und großen Einfluss auf Politik und Wirtschaft haben soll.

Blackrock wurde 1988 als Teil der Beteiligungsgesellschaft Blackstone gegründet und spaltete sich nach zehn Jahren ab. Durch den Kauf des Fondsgeschäfts von Merill Lynch und der börsennotierten Fonds der britischen Barclays-Bank wurde Blackrock zum Giganten. Die Gesellschaft verwaltet Vermögen in Höhe von 4,5 Billionen Dollar. Das ist mehr als das deutsche Bruttosozialprodukt. ++ (fi/mgn/30.01.16 – 030)

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Chinesisch demnächst Internet-Sprache Nummer eins

Peking, 29. Januar 2016 (ADN). „Heute sind die beiden Top-Sprachen im World Wide Web Englisch (851 Millionen Nutzer) und Chinesisch (704 Millionen Nutzer). Aber mit der zunehmenden Durchdringung des Internets in China (50 Prozent Internet-Reichweite in China gegenüber 87 Prozent in US) könnte Mandrin schon sehr bald die Sprache Nummer eins im Internet sein.“ Diese Feststellung trafen in der am Donnerstag erschienenen „Chinawatch“, einer Monatsbeilage der Zeitung „China Daily“ die beiden Gastkommentatoren Romano Prodi, ehemaliger Premier von Italien und Ex-EU-Kommisionspräsident, und David Gosset, Gründer des Euro-China Forums und der New Silkroad Initiative. China sei derzeit auf der Suche nach Relevanz – von der Biotechnologie bis zum Internet, von der Nanotechnologie bis zur Luftfahrt und Weltraumerkundung. Dabei bestehe ganz generell nicht die Absicht, dem Westen bei der Globalisierung zuzuschauen, sondern selbst Quelle der Modernisierung zu sein. Dies sei ein bestimmendes Element der chinesischen „Renaissance“. Die Industrielle Revolution möge China verpasst haben, aber es sei Co-Architekt des Informationszeitalters. „Wie das System internationaler Beziehungen nach dem zweiten Weltkrieg, ist der Cyberspace bipolar, allerdings nicht aufgeteilt zwischen Washington und Moskau, sondern zwischen den Vereinigten Staaten und China“, erklären die beiden prominenten Wirtschaftspolitiker und -experten. ++ (di/mgn/29.01.16 – 029)

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Moldawiens korrupte Regierung verletzt Verfassung

Berlin/Chisinau, 28. Januar 2016 (ADN). Tausende moldawische Bürge demonstrieren ständig auf dem Stefan-Cel-Mare-Platz der Hauptstadt Chisinau. Die Polizei geht brutal gegen die Proteste vor. Die Menschen Moldawiens wollen, dass die korrupte Oligarchen-Regierung des Staates zurücktritt. Angesichts dessen fordert Ulrich Gellermann am Donnerstag in seinem Nachrichtenportal „Rationalgalerie“ den deutschen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zum Handeln auf. Wie einst auf dem Kiewer Maidan solle er dorthin eilen. Damals habe Steinmeier gemeinsam mit anderen EU-Außenministern und gestützt auf die USA den Demonstraten zum Sieg verholfen. Doch nach Chisinau reise er nicht – vielleicht weil es keinen bewaffneten Rechten Sektor gibt.

Jedoch gibt es gute Gründe für die Ablösung der moldawischen Regierung, die von der Bürgerinitiative „Würde und Wahrheit“ gefordert wird. Auch deutsche Medien schenken diesen Vorgängen kaum Beachtung, so Gellermann. Trotzdem die moldawische Verfassung, die in ihrem Artikel 11 für das Land Neutralität fordert, verletzt wird. Dennoch wurde ein Assoziierungsabkommen mit der EU geschlossen und damit indirekt mit der NATO. Sogar Militärmanöver der NATO-Staaten USA, Rumänien und Polen fanden gemeinsam mit moldawischen und georgischen Truppen an der ukrainischen Grenze statt.

Mit dem Verfassungsbruch geht nach der Auffassung von Gellermann Regierungskriminalität folgendes einher: „Insgesamt 1,3 Milliarden Dollar sind in der Regierungszeit der pro-europäischen Oligarchen ‚verschwunden‘. Auch deshalb skandieren die Protestierenden ‚Wir wollen unser Land zurück!‘ Denn bei einem Brutto-Inlandsprodukt von etwa sechs Milliarden sind die geklauten 1,3 Milliarden tatsächlich so viel Geld, wie wenn das ganze Land gestohlen worden wäre.“  ++ (bl/mgn/28.01.16 – 028)

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Autonome Kurdenregion Rojava experimentiert mit Demokratie ohne Staat und politischer Selbstverwaltung

Den Haag, 27. Januar 2016 (ADN). „Wir arbeiten an einem Treffen ‚Stateless Democracy“ in den Niederlanden, bei dem es darum geht, den Status der Demokratie so zu definieren, dass er nicht mehr demografisch limitiert ist“. Das erklärte der niederländische Künstler Jonas Staal in einem am Mittwoch in der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) veröffentlichten Interview. Eingeladen seien Gruppen der linken, in Griechenland regierenden Partei Syriza bis zu autononomen Gruppen, die versuchen, die Stadt wie einen Staat zu regieren. Die Philosophie von Autonomie versus Staatlichkeit werde jetzt häufiger in der Praxis umgesetzt. „Schon weil sich Strukturen wie die Europäische Union nicht mehr weiter reformieren lassen, selbst wenn sie das wollten“, erklärt Staal.

Der Niederländer hat in der autonomen Kurdenregion Rojava, die im Jahr 2014 in kurdischen Gebieten im Norden Syriens eine eigene Verwaltung etablierte, ein Parlamentsgebäude errichtet und zugleich ein Gipfeltreffen organisiert. Auf diesem „New World Summit“ diskutierten internationale Delegierte das Konzept einer autonomen Region als Modell. Sechs Teams thematisierten an zwei Tagen die Arbeitsbereiche Konföderalismus, Frauenbewegung, Selbstverteidigung oder Säkularisierung. Für jeden der Bereiche waren jeweils ein Sprecher aus der Regierung der autonomen Regierung von Rojava und ein Vertreter aus einer anderen Region zusammengespannt. Dazu gehörten Repräsentanten des National Democratic Movement auf den Philippinen, Entsandte des Amazigh-Weltkongresses aus Lybien und Katalanen von der Candidatura  d’Unitat Popular oder der Scottish National Party. 

Bereits im Jahr 2012 hatte beim ersten dieser Gipfel während der Berlin Biennale die Kurdin Fadil Yildirim von der türkischen Frauenbewegung vom Ideal der politischen Selbstverwaltung berichtet. „Alles was später in Rojava umgesetzt wurde, war damals also als Idee schon entwickelt, wie beispielsweise die Ablehnung des Staates, die auch von Öcalan schon formuliert wurde“, erläuterte Staal. Es gehe dabei um ein permanent tagendes Parlament, das sich von der Idee des Staates ablöst. Vorher habe es solche Versammlungen immer im Theater und an Kunstorten gegeben. Aber der Summit sei so angelegt, dass er auch in der Welt der Politik funktioniert.  ++ (de/mgn/27.01.16 – 027)

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Anwaltsgerichte agieren in einer „Art Geheimjustiz“ – Rund ein Drittel der Rechtsanwälte risikobehaftet

Frankfurt am Main/Berlin, 26. Januar2016 (ADN). Fast sämtliche Beschwerden von Mandanten gegen Rechtsanwälte werden von den Rechtsanwaltskammern als deren Standesvertretungen zurückgewiesen. Die für solche Konflikte zuständigen Anwaltsgerichte verhandeln unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das kritisierte Mitte Januar der Vorsitzende des vor mehr als 25 Jahren gegründeten Vereins gegen Rechtsmissbrauch, Horst Trieflinger, in einem Interview mit dem Berliner Online-Magazin „Spreezeitung“ scharf. „Wir haben es mit einer Art Geheimjustiz zu tun“, so der Vereinschef. Das sei in einem Rechtsstaat, der die Bundesrepublik sein soll, nicht vertretbar. Er forderte deshalb, dass die Anwaltsgerichte, öffentlich tagen. Davon könne eine heilsame Wirkung ausgehen, denn kein Rechtsanwalt ist am Öffentlichwerden seiner Verfehlungen interessiert. Derzeit werde das nicht öffentliche Verhandeln standeswidriger Fälle vom Gesetzgeber gewollt und gedeckt.

Trieflinger stellt fest, dass die bundesdeutschen Rechtsanwaltskammern bei der Bearbeitung von Mandantenbeschwerden versagen. Fast alle Beschwerden würden unter den Teppich gekehrt. Deswegen solle diese Tätigkeit den Rechtsanwaltskammern aus der Hand genommen und auf staatliche Stellen übertragen werden. Auch Laien müssten – wie beispielsweise in Großbritannien und in den nordischen Ländern praktiziert – zu solchen Anwaltsgerichten gehören, verlangte Trieflinger. Leider verschließe sich die bundesdeutsche Politik solchen Veränderungen mit Vehemenz. Das betreffe auch den Anwaltszwang, der abzuschaffen wäre. Er beruft sich auf den ehemaligen Präsidenten des Deutschen Anwaltsvereins, Hartmut Kilger. Dessen Einschätzung zufolge bei rund einem Drittel aller Rechtsanwälte das Risiko besteht, schlecht beraten zu werden. Sogar Parteiverrat an den Mandanten werde viel öfter begangen als letztlich sichtbar wird. Die Bevormundung der Bürger sei durch das neue Rechtsberatungsgesetz von 2008 nicht abgeschafft worden. Jeder müsse das Recht haben, selbst zu entscheiden, ob er sich einen Anwalt nimmt oder nicht. In Großbritannien gebe es solche diskriminierenden Rechtsberatungsvorschriften wie in der Bundesrepublik Deutschland nicht.  ++ (ju/mgn/26.01.16 – 026)

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Ungarn begegnet dem Bevölkerungsschwund mit großzügigem Wohnungsbauprogramm

Budapest, 25. Januar 2016 (ADN ) Die zu Beginn dieses Jahres in Kraft getretenen Änderungen des neuen, vor sieben Monaten in Kraft gesetzten sozialpolitischen Programms mit dem Namen CSOK haben in der ungarischen Gesellschaft für Aufruhr gesorgt. Das stellte die „Budapester Zeitung“ am Montag fest. Ungarn befinde sich in diesen Tagen und Wochen in Massenpsychose. Um den Bevölkerungsschwund zu stoppen, sei das unvergleichlich attraktive Programm aufgelegt worden. Es locke junge Familien mit modernen Wohnverhältnissen zum Kinderkriegen.  „Der CSOK richtet sich gleichermaßen an Familiengründer, junge Ehepaare, Bauherrn, die Neubauten planen oder Anbauten vornehmen wollen, sowie an Käufer von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern,“ schreibt die Zeitung.

Beispielsweise werden Familien mit drei Kindern beim Bau oder Kauf einer angemessenen Wohnung zehn Millionen Forint – mehr als 30.000 Euro – als staatliche Zuwendung geschenkt. Sie dürfen das Projekt zudem mit einem zinsgünstigen Kredit von nochmals zehn Millionen Forint finanzieren. Bei Neubauvorhaben greift darüber hinaus die auf fünf Prozent gesenkte Mehrwertsteuer, die privaten Bauherren im Rechnungswert von fünf Millionen Forint gleich noch erstattet wird.

Die Regierung will mit dem umfassenden Programm erklärtermaßen „mehreren hunderttausend“ Familien helfen. Das werfe allerdings die Frage auf, wie das der Staatshaushalt verkraften soll. Mit dem über vier Jahre laufenden Programm ist eine wachsende Attraktivität des ländlichen Raums beabsichtigt. ++ (25.01.16 – 025)

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Voßkuhle: Feste Grenzen und Staatsvolk nur noch teilweise Arbeitsgrundlage – 40 Flüchtlingsverfahren anhängig

Bonn, 24. Januar 2016 (ADN). „Feste Grenzen und ein Staatsvolk ist 19. Jahrhundert; wir arbeiten damit nur noch teilweise.“ Das erklärte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, am Sonntag im Sender „Phoenix“. Es war die Antwort auf die Frage, was eigentlich einen Staat verkörpert. Klare Grenzen sind ein fluides Kriterium, ergänzt der Chef der höchsten bundesdeutschen Gerichtsinstanz. Dennoch gebe es die souveräne Bundesrepublik Deutschland noch, „obwohl wir Souveränitätsrechte abgetreten haben.“ Europa sei ja kein idealistisches Konstrukt. Bei Zweifeln dürfe jedermann, auch der Feistaat Bayern, Klage einreichen. Bezüglich der Flüchtlingskrise seien beim Bundesverfassungsgericht bislang 40 Verfahren anhängig. Insofern habe das derzeit meist diskutierte Problem das Bundesverfassungsgericht gerade erst erreicht. Alles müsse zunächst den Instanzenweg durchschreiten. Im Übrigen müssten Asylrecht und Flüchtlingsrecht streng auseinander gehalten werden. ++ (gg/mgn/24.01.16 – 024)

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Renaissance der Bürgerwehren – Joachim Nettelbeck und Helmut Schmidt waren Retter und Idole ihrer Städte

Hamburg/München/Leipzig, 23. Januar 2016 (ADN). Auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland schießen gegenwärtig allerorten Bürgerwehren wie Pilze aus dem Boden. Die Geschwindigkeit ist so rasant, dass die kommunalen Administrationen kaum mit dem Zählen hinterherkommen. Die Statistikbeamten von Bund und Ländern ohnehin nicht, da ihnen vielfach die Kompetenz zum wahrheitsgetreuen und präzisen Erfassen neuer gesellschaftlicher Trends allgemein und in Sachen Flüchtlingen speziell inzwischen weitgehend abhanden gekommen ist. Insofern wird das Phänomen beispielsweise am Wochenende in der „Süddeutschen Zeitung“ unter prononciert historischem Blickwinkel abgehandelt und in der „Leipziger Volkszeitung“ vordergründig als juristische Gratwanderung betrachtet. Ein Paragraph des Strafgesetzbuches ermöglicht es nämlich dem mündigen Bürger, seinem Sicherheitsbedürfnis selbst und aktiv nachzugehen. Nichts liegt näher als in Gruppen unter dem Namen Bürgerwehr oder Bürgergarde auf Streife zu gehen, um Akteure von Wohnungseinbrüchen, Diebstählen und anderen Strafdelikten auf frischer Tat zu erwischen oder solchem kriminellen Treiben vorzubeugen. Das Vertrauen der Einwohner in die „offizielle“ Polizei sinkt dramatisch. Ihr droht das Schicksal, zur Randerscheinung zu werden. Natürlich nimmt sie das nicht einfach hin, sondern sucht verzweifelt nach Gründen ihrer Existenzberechtigung. Ausgerechnet in Sachsen hat ihr oberster Dienstherr, Innenminister Martin Ulbig, das in diesen Tagen sabotiert und zum Imageverlust zusätzlich beigetragen, indem er die Bildung einer Wachpolizei auf den Gesetzesweg gebracht hat. Sie wird in zwölf Wochen notdürftig in Lehrgängen auf eine Tätigkeit getrimmt, die ansonsten eine Qualifikations- und Ausbildungszeit von mindestens zweieinhalb Jahren erfordert. Er leistet somit der Renaissance der Bürgerwehren ungewollt Vorschub.

Die plötzlich immer häufiger auftauchenden Bürgerwehren begründen ihr Tun derzeit noch mit rein praktischen Notwendigkeiten, vor allem um Eigentum und Grundstücke vor Verlusten zu bewahren. Derzeit berufen sie sich nicht einmal auf die geschichtlichen Vorbilder, die letztlich als positive Beispiele der politischen Entwicklungen betrachtet werden. So gehören die ursprünglich aus der Waffenpflicht der Bürger zur Verteidigung ihrer Stadt entstandenen Bürgerwehren zu den Protagonisten der Märzrevolution 1848/49, die dann zum ersten demokratischen Nationalparlament Deutschlands in der Frankfurter Paulskirche geführt hat. Jahrzehnte zuvor bot sogar eine gloriose Persönlichkeit der Jugend ein glänzendes Vorbild, indem es in den Befreiungskriegen als engagierter Bürger dem Diktator Napoleon Bonaparte die Stirn bot. Sein Name ist Joachim Nettelbeck, der als Retter der pommerschen Stadt Kolberg an der Ostsee in die Geschichte einging. Er bewahrte die Festung Kolberg 1806/07 vor dem Fall und der Einnahme durch die französischen Belagerer. Als gewählter Bürgerrepräsentant im Stadtrat von Kolberg und Chef der städtischen Kanalisation organisierte er das Löschen der von den Franzosen in Brand geschossenen Stadt effizient und leidenschaftlich. Persönlich stieg er auf die in Flammen stehenden Türme des Mariendoms und dämmte den Kirchenbrand ein. Dazu entriss er dem preußischen Kommandanten und Zauderer Ludwig Moritz von Lucadou, den er als potentiellen Verräter und Unglück für Kolberg einstufte, kurzerhand die Befehlsgewalt über die Stadt. Fortan war Nettelbeck ein Idol, galt als Muster eines Bürgers und Patrioten. Es drängt sich ein etwas jüngerer Vergleich mit dem späteren Bundeskanzler Helmut Schmidt auf, der als junger Hamburger Innensenator bei der Sturmflut im Jahr 1962 alle denkbaren bürokratischen, regulatorischen und sonstigen Hindernisse ignorierte und die Hansestadt vor noch größeren Folgen der Katastrophe bewahrte. Beide – Nettelbeck und Schmidt – gelten in der Erinnerung der Bürger ihrer Stadt als Retter, Fanale und manchmal sogar als Helden.  ++ (bg/mgn/23.01.16 – 023)

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Polens Finanzminister klärt über Hintergründe des neu ernannten Verfassungsgerichts auf

Warschau/Kamenz, 22. Januar 2016 (ADN). Am heutigen 297. Geburtstag des großen deutschen Aufklärers, Gotthold Ephraim Lessing, kritisiert der Finanzminister Polens, Pawel Szalamacha, das Verhalten des Nachbarlandes Deutschland in der Flüchtlingskrise. In einem am Freitag im „Handelsblatt“ veröffentlichten Interview erläutert der neue Ressortchef des osteuropäischen Landes, warum Polen keinen Anlass zur Aufnahme größerer Flüchtlingskontingente sieht. „Lange schon haben prominente deutsche Wirtschaftsführer einen Mangel an Fachkräften beklagt. Also dachten wir, es ist die Entscheidung der Wirtschaft und der Politiker, diesen Mangel zu beheben, indem Arbeitskräfte nach Deutschland geholt werden. Natürlich hat das dann auch negative Seiten,“ so der 46jährige Jurist. Solche Aussagen seien so zu interpretieren, „dass es der Wille des deutschen Volkes  und seiner Regierung war, diese Politik zu betreiben. Wir wurden nicht gefragt, als das im Sommer passiert ist.“

Der Finanzminister erläutert zudem einige Aspekte der sehr schnellen und grundsätzlichen Entscheidungen seiner Regierung unmittelbar nach ihrer Ernennung. Sie betreffen auch die personelle Neubesetzung des nationalen Verfassungsgerichts. Dazu erklärte der parteilose Finanzminister: „Nur aus Höflichkeit erzähle ich Ihnen jetzt etwas aus der polnischen Innenpolitik. Die frühere Regierung hat kurz vor der Wahl noch schnell fünf neue Verfassungsrichter für erst künftig ausscheidende Richter ernannt, als absehbar war, dass sie die Wahl verlieren würde. Es gehört doch zu jeder Demokratie, dass man nicht vor Wahlen solche Entscheidungen trifft. Wir haben das nicht akzeptiert. Erstmals hat eine Regierung eine absolute Mehrheit bekommen, und wir halten das für eine Quelle der Stabilität, die nicht von Richtern behindert werden sollte.“ 

Mit seinen Ausführungen beschreitet Szalamacha den umgekehrten Weg, den Lessing seinerzeit mit „Emilia Galotti“ beschritten hatte. Mit den im norditalienischen Guastella – also im Ausland – handelnden Drama übte Lessing scharfe Kritik am herrschenden deutschen Adel und den innenpolitischen Zuständen in deutschen Fürstentümern. Hätte der Dichter sein Schauspiel auf deutsches Terrain verlegt, wäre er in größte existenzielle Schwierigkeiten geraten. Deutschlands Spitzenpolitiker bedienen sich erstaunlicherweise der Lessing’schen Methode, obwohl sie selbst an den Hebeln der Macht sitzen. Sie – allen voran Günter Oettinger und Martin Schulz – empören sich über polnische Vorgehensweisen, ohne beispielsweise über die näheren Umstände zu räsonieren, wie der ehemalige CDU-Ministerpräsident des Saarlandes klammheimlich auf einen Sessel im Bundesverfassungsgericht gelangt ist. ++ (au/mgn/22.01.16 – 022)

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